Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ)

Das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) sieht die Errichtung eines Einheitlichen Patentgerichts als gemeinsames Gericht der Mitgliedstaaten für Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung vor [Art. 1 EPGÜ → Einheitliches Patentgericht]. Es ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der außerhalb des rechtlichen Rahmens der EU steht [→ Patentrecht der Europäischen Union, Verhälnis des EPGÜ zum Unionsrecht], auch wenn er in engem Zusammenhang mit der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten entwickelt wurde.

Das EPGÜ ist Teil eines umfassenderen europäischen Regelungspakets zum Patentrecht [→ Reform des europäischen Patentsystems], dessen Kern die Einführung eines europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung als neues Schutzrecht auf der Ebene der Europäischen Union im Wege einer Verstärkten Zusammenarbeit gemäß Art. 20 EUV, Art. 326 ff. AEUV (vgl. BTDrucks 18/8827, S. 1) ist. Zu dem Regelungspaket gehören auch die Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes1) sowie die Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen 2).3)

Letztlich führt das EPGÜ zu einer erheblichen Modifikation der vom Grundgesetz für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes vorgesehenen Gerichtsorganisation. Art. 96 Abs. 1 GG ermöglicht die – tatsächlich erfolgte – Errichtung eines eigenständigen Bundesgerichts, für das Art. 96 Abs. 3 GG den Bundesgerichtshof zum obersten Gerichtshof bestimmt. Diese verfassungsrechtlich geordnete Struktur der deutschen Gerichtsverfassung wird durch das EPGÜ modifiziert, um ein weiteres Gericht ergänzt und mit einem eigenen internen Rechtsmittelzug versehen.4)

Die Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) definiert die Verfahren und Abläufe des Gerichts.

Teil 1: Allgemeine und Institutionelle Bestimmungen

Artikel 1 - 35 → Allgemeine und Institutionelle Bestimmungen

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

Dieses Kapitel legt die grundlegenden Bestimmungen über das Einheitliche Patentgericht fest, das zur Beilegung von Streitigkeiten über europäische Patente und Patente mit einheitlicher Wirkung eingerichtet wurde. Es enthält Definitionen wichtiger Begriffe wie „Gericht“ und „Patent“ und beschreibt den Geltungsbereich des Übereinkommens, der sich auf europäische Patente, ergänzende Schutzzertifikate sowie europäische Patentanmeldungen bezieht. Die rechtliche Stellung des Gerichts in den Vertragsmitgliedstaaten wird geregelt, ebenso wie die Haftung des Gerichts für vertragliche und außervertragliche Ansprüche.

Artikel 1 → Einheitliches Patentgericht
Das Einheitliche Patentgericht wird für Streitigkeiten über europäische Patente und Patente mit einheitlicher Wirkung errichtet.

Artikel 2 → Begriffsbestimmungen
Definiert relevante Begriffe im Kontext des Übereinkommens, wie „Gericht“, „europäisches Patent“ und „Verfahrensordnung“.

Artikel 3 → Geltungsbereich
Regelt den Anwendungsbereich des Übereinkommens für europäische Patente und ergänzende Schutzzertifikate.

Artikel 4 → Rechtsstellung
Bestimmt die Rechtspersönlichkeit des Gerichts in jedem Vertragsstaat und die Vertretung durch den Präsidenten des Berufungsgerichts.

Artikel 5 → Haftung
Regelt die Haftung des Gerichts für vertragliche und außervertragliche Ansprüche sowie die Zuständigkeit bei Streitigkeiten.

Während der in Artikel 83 EPGÜ vorgesehenen Übergangsfrist können nationale Gerichte in bestimmten Fällen parallel zum Einheitlichen Patentgericht zuständig sein. Diese Parallelzuständigkeit umfasst auch Feststellungsklagen zur Nichtverletzung, da diese als Spiegelbild von Verletzungsklagen anzusehen sind.5)

Kapitel II: Institutionelle Bestimmungen

Dieses Kapitel beschreibt die institutionelle Struktur des Einheitlichen Patentgerichts. Es legt die Zusammensetzung des Gerichts fest, das aus einem Gericht erster Instanz, einem Berufungsgericht und einer Kanzlei besteht. Das Gericht erster Instanz umfasst eine Zentralkammer sowie Lokalkammern und Regionalkammern. Die Zusammensetzung der Spruchkörper ist multinational, und die Verfahren sind so organisiert, dass die Effizienz und Qualität der Entscheidungen gewährleistet werden. Außerdem werden die Aufgaben von Verwaltungsausschuss, Haushaltsausschuss und Beratendem Ausschuss beschrieben, die für die ordnungsgemäße Verwaltung und den reibungslosen Betrieb des Gerichts verantwortlich sind.

Artikel 6 → Gericht
Das Gericht besteht aus einem Gericht erster Instanz, einem Berufungsgericht und einer Kanzlei.

Artikel 7 → Das Gericht erster Instanz
Das Gericht erster Instanz umfasst eine Zentralkammer, Lokalkammern und Regionalkammern.

Artikel 8 → Zusammensetzung der Spruchkörper des Gerichts erster Instanz
Beschreibt die multinationalen Zusammensetzungen der Spruchkörper des Gerichts erster Instanz.

Artikel 9 → Das Berufungsgericht
Das Berufungsgericht tagt in multinationaler Zusammensetzung und hat seinen Sitz in Luxemburg.

Artikel 10 → Die Kanzlei
Die Kanzlei wird am Sitz des Berufungsgerichts eingerichtet und führt Aufzeichnungen über alle Verfahren.

Artikel 11 → Ausschüsse
Es werden ein Verwaltungsausschuss, ein Haushaltsausschuss und ein Beratender Ausschuss eingesetzt.

Artikel 12 → Verwaltungsausschuss
Der Verwaltungsausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten zusammen und trifft Entscheidungen mit Dreiviertelmehrheit.

Artikel 13 → Haushaltsausschuss
Der Haushaltsausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Vertragsmitgliedstaaten zusammen und ist für den Haushalt des Gerichts verantwortlich.

Artikel 14 → Der Beratende Ausschuss
Der Beratende Ausschuss unterstützt die Ernennung der Richter und gibt Stellungnahmen zu deren Qualifikationen ab.

Kapitel III: Richter des Gerichts

In diesem Kapitel werden die Anforderungen an die Richter des Gerichts festgelegt. Die rechtlich und technisch qualifizierten Richter müssen eine hohe fachliche Qualifikation auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten nachweisen. Das Ernennungsverfahren für die Richter erfolgt durch den Verwaltungsausschuss auf Grundlage einer vom Beratenden Ausschuss erstellten Liste geeigneter Kandidaten. Die Unabhängigkeit der Richter ist zentral und es wird sichergestellt, dass keine Interessenkonflikte auftreten. Ein Richterpool wird eingerichtet, um für jeden Fall Richter mit der entsprechenden Expertise bereitzustellen, und ein Schulungsrahmen wird zur kontinuierlichen Weiterbildung der Richter entwickelt.

Artikel 15 → Qualifikationskriterien für die Ernennung der Richter
Die Richter des Gerichts müssen eine hohe fachliche Qualifikation und Erfahrung in Patentstreitigkeiten aufweisen.

Artikel 16 → Ernennungsverfahren
Das Ernennungsverfahren der Richter erfolgt auf Grundlage einer vom Beratenden Ausschuss erstellten Liste.

Artikel 17 → Richterliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
Die Richter genießen richterliche Unabhängigkeit und dürfen keine anderen Tätigkeiten ausüben, die zu Interessenkonflikten führen könnten.

Artikel 18 → Richterpool
Der Richterpool besteht aus rechtlich und technisch qualifizierten Richtern, die für bestimmte Fälle zugewiesen werden.

Artikel 19 → Schulungsrahmen
Es wird ein Schulungsrahmen zur Verbesserung des Sachverstands der Richter auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten eingerichtet.

Kapitel IV: Vorrang des Unionrechts sowie Haftung und Verantwortung der Vertragsmitgliedstaaten

Dieses Kapitel betont die Pflicht des Gerichts, das Unionsrecht vollständig anzuwenden und dessen Vorrang zu respektieren. Das Gericht kann Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs einholen, um die korrekte Auslegung des Unionsrechts sicherzustellen. Die Vertragsmitgliedstaaten haften gesamtschuldnerisch für Schäden, die durch Verstöße des Gerichts gegen das Unionsrecht entstehen, und Handlungen des Gerichts werden den Vertragsmitgliedstaaten sowohl einzeln als auch gemeinsam zugerechnet.

Artikel 20 → Vorrang und Achtung des Unionsrechts
Das Gericht wendet das Unionsrecht in vollem Umfang an und achtet seinen Vorrang.

Artikel 21 → Vorabentscheidungsersuchen
Das Gericht arbeitet mit dem Gerichtshof der Europäischen Union zusammen und richtet Vorabentscheidungsersuchen an diesen.

Artikel 22 → Haftung für durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstandene Schäden
Die Vertragsmitgliedstaaten haften gesamtschuldnerisch für Schäden, die durch Verstöße des Gerichts gegen das Unionsrecht entstanden sind.

Artikel 23 → Verantwortung der Vertragsmitgliedstaaten
Handlungen des Gerichts werden jedem Vertragsmitgliedstaat einzeln und allen gemeinsam zugerechnet.

Kapitel V: Rechtsquellen und materielles Recht

Das Gericht stützt seine Entscheidungen auf das Unionsrecht, das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ), nationale Gesetze und andere internationale Übereinkommen, die für Patente relevant sind. Es werden die Rechte eines Patentinhabers beschrieben, wie das Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Benutzung der patentierten Erfindung. Außerdem werden bestimmte Beschränkungen der Wirkungen des Patents sowie das Vorbenutzungsrecht definiert. Schließlich wird die Erschöpfung der Patentrechte und die Wirkung ergänzender Schutzzertifikate geregelt.

Artikel 24 → Rechtsquellen
Das Gericht stützt seine Entscheidungen auf Unionsrecht, das EPÜ und andere für Patente relevante internationale Übereinkommen.

Artikel 25 → Recht auf Verbot der unmittelbaren Benutzung der Erfindung
Ein Patent gewährt seinem Inhaber das Recht, Dritten die Nutzung der Erfindung ohne Zustimmung zu verbieten.

Artikel 26 → Recht auf Verbot der mittelbaren Benutzung der Erfindung
Ein Patentinhaber kann Dritten untersagen, Mittel zur Nutzung der Erfindung bereitzustellen, wenn diese für die Nutzung der Erfindung bestimmt sind.

Artikel 27 → Beschränkungen der Wirkungen des Patents
Die Rechte aus einem Patent erstrecken sich nicht auf private oder nichtgewerbliche Handlungen und andere gesetzliche Ausnahmen.

Artikel 28 → Recht des Vorbenutzers der Erfindung
Ein Vorbenutzungsrecht gewährt dem Nutzer einer Erfindung bestimmte Rechte auch in Bezug auf ein erteiltes Patent.

Artikel 29 → Erschöpfung der Rechte aus einem europäischen Patent
Die Rechte aus einem europäischen Patent erschöpfen sich, wenn das patentierte Erzeugnis vom Inhaber oder mit dessen Zustimmung in Verkehr gebracht wurde.

Artikel 30 → Wirkung von ergänzenden Schutzzertifikaten
Ein ergänzendes Schutzzertifikat gewährt dieselben Rechte wie ein Patent und unterliegt den gleichen Beschränkungen.

Kapitel VI: Internationale und sonstige Zuständigkeit des Gerichts

Dieses Kapitel regelt die internationale Zuständigkeit des Gerichts und bestimmt, dass die Zuständigkeit im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder dem Lugano-Übereinkommen festgelegt wird. Das Gericht besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für Patentverletzungs- und Nichtigerklärungsklagen sowie für weitere patentbezogene Rechtsstreitigkeiten. Die Zuständigkeit der einzelnen Kammern des Gerichts erster Instanz wird detailliert beschrieben, ebenso wie der territoriale Geltungsbereich der Entscheidungen.

Artikel 31 → Internationale Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts wird im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder dem Lugano-Übereinkommen bestimmt.

Artikel 32 → Zuständigkeit des Gerichts
Das Gericht hat die ausschließliche Zuständigkeit für Verletzungsklagen, Nichtigerklärungsklagen und weitere patentbezogene Streitigkeiten.

Artikel 33 → Zuständigkeit der Kammern des Gerichts erster Instanz
Bestimmt die örtliche Zuständigkeit der Lokalkammern, Regionalkammern und der Zentralkammer für verschiedene Arten von Klagen.

Artikel 34 → Territorialer Geltungsbereich von Entscheidungen
Die Entscheidungen des Gerichts gelten im Hoheitsgebiet derjenigen Vertragsmitgliedstaaten, für die das europäische Patent Wirkung hat.

Kapitel VII: Mediation und Schiedsverfahren in Patentsachen

Das Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen wird in diesem Kapitel eingeführt. Es bietet alternative Streitbeilegungsmethoden wie Mediation und Schiedsverfahren für Patentstreitigkeiten an, wobei jedoch ein Patent weder für nichtig erklärt noch beschränkt werden kann. Das Zentrum erstellt eine Mediations- und Schiedsordnung und führt ein Verzeichnis von Mediatoren und Schiedsrichtern, die zur Streitbeilegung beitragen.

Artikel 35 → Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen
Ein Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen wird eingerichtet, um Patentstreitigkeiten auf alternativen Wegen beizulegen.

Teil 2: Finanzvorschriften

Dieser Teil regelt die Finanzierung des Einheitlichen Patentgerichts. Der Haushalt wird durch Gerichtsgebühren und gegebenenfalls durch Beiträge der Vertragsmitgliedstaaten finanziert. Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen fairen Verfahrenskosten und der Eigenfinanzierung des Gerichts, wobei kleine und mittlere Unternehmen besondere Unterstützung erhalten können. Die Finanzierung umfasst auch den Schulungsrahmen für Richter sowie das Mediations- und Schiedszentrum. Vertragsmitgliedstaaten leisten anfänglich finanzielle Beiträge und stellen die notwendigen Einrichtungen und Verwaltungspersonal zur Verfügung, insbesondere in der Übergangszeit nach der Errichtung des Gerichts.

Artikel 36 → Haushalt des Gerichts
Der Haushalt des Gerichts wird aus den Gerichtsgebühren und sonstigen Einnahmen sowie erforderlichenfalls aus Beiträgen der Vertragsmitgliedstaaten finanziert.

Artikel 37 → Finanzierung des Gerichts
Die Vertragsmitgliedstaaten stellen Einrichtungen und Verwaltungspersonal zur Verfügung und leisten erste finanzielle Beiträge zur Errichtung des Gerichts.

Artikel 38 → Finanzierung des Schulungsrahmens für Richter
Der Schulungsrahmen für Richter wird aus dem Haushalt des Gerichts finanziert.

Artikel 39 → Finanzierung des Zentrums
Die Betriebskosten des Mediations- und Schiedszentrums werden aus dem Haushalt des Gerichts finanziert.

Teil 3: Organisation und Verfahrensvorschriften

Artikel 40 - 82 → Organisation und Verfahrensvorschriften

Kapitel 1: Organisation und Verfahrensvorschriften

Dieses Kapitel beschreibt die organisatorischen und verfahrensrechtlichen Grundlagen des Gerichts. Die Satzung und Verfahrensordnung regeln die Arbeitsweise und stellen sicher, dass Verfahren effizient, fair und verhältnismäßig durchgeführt werden. Elektronische Verfahren und öffentliche Verhandlungen sind vorgesehen, außer besondere Umstände erfordern den Ausschluss der Öffentlichkeit.

Artikel 40 → Satzung
Die Satzung regelt die Organisation und Arbeitsweise des Gerichts und kann nach Konsultation durch den Verwaltungsausschuss geändert werden.

Artikel 41 → Verfahrensordnung
Die Verfahrensordnung regelt die Einzelheiten der Verfahren vor dem Gericht und gewährleistet faire und effiziente Prozesse.

Artikel 42 → Verhältnismäßigkeit und Fairness
Das Gericht führt die Verfahren entsprechend der Bedeutung und Komplexität des Falls auf faire und ausgewogene Weise durch.

Artikel 43 → Fallbearbeitung
Das Gericht leitet Verfahren aktiv und berücksichtigt dabei das Recht der Parteien, den Gegenstand des Rechtsstreits zu bestimmen.

Artikel 44 → Elektronische Verfahren
Das Gericht macht den bestmöglichen Gebrauch von elektronischen Verfahren, wie der elektronischen Einreichung und Videokonferenzen.

Artikel 45 → Öffentlichkeit der Verhandlungen
Die Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, können jedoch unter bestimmten Umständen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden.

Artikel 46 → Parteifähigkeit
Natürliche und juristische Personen sowie Vereinigungen sind berechtigt, Verfahren vor dem Gericht anzustrengen.

Artikel 47 → Parteien
Der Patentinhaber sowie Inhaber einer ausschließlichen Lizenz haben das Recht, das Gericht anzurufen.

Artikel 48 → Vertretung
Parteien müssen von einem zugelassenen Anwalt oder einem qualifizierten europäischen Patentanwalt vertreten werden.

Kapitel II: Verfahrenssprachen

In diesem Kapitel wird die Regelung der Verfahrenssprachen vor dem Einheitlichen Patentgericht festgelegt. Die Verfahrenssprache vor einer Lokal- oder Regionalkammer ist in der Regel die Amtssprache des Vertragsmitgliedstaats, in dem die Kammer ansässig ist. Alternativ können die Parteien vereinbaren, die Sprache zu verwenden, in der das Patent erteilt wurde. Vor dem Berufungsgericht wird die gleiche Verfahrenssprache wie vor dem Gericht erster Instanz verwendet, es sei denn, die Parteien einigen sich auf eine andere Sprache. Übersetzungen oder Dolmetschdienste können bereitgestellt werden, um den Parteien ein faires Verfahren zu gewährleisten.

Artikel 49 → Verfahrenssprache vor dem Gericht erster Instanz
Die Verfahrenssprache vor einer Lokal- oder Regionalkammer ist eine Amtssprache der Europäischen Union, die in dem Vertragsmitgliedstaat verwendet wird.

Artikel 50 → Verfahrenssprache vor dem Berufungsgericht
Die Verfahrenssprache vor dem Berufungsgericht ist dieselbe wie vor dem Gericht erster Instanz.

Artikel 51 → Weitere Sprachenregelungen
Das Gericht kann auf eine Übersetzung verzichten, oder eine Verdolmetschung vorsehen, wenn dies angemessen erscheint.

Kapitel III: Verfahren vor dem Gericht

Dieses Kapitel beschreibt den Ablauf des Verfahrens vor dem Einheitlichen Patentgericht. Das Verfahren gliedert sich in drei Phasen: schriftliches Verfahren, Zwischenverfahren und mündliches Verfahren. In der schriftlichen Phase legen die Parteien ihre Argumente und Beweise dar, während das Zwischenverfahren die Möglichkeit bietet, eine gütliche Einigung zu finden. In der mündlichen Phase präsentieren die Parteien ihre Argumente vor dem Gericht. Das Gericht akzeptiert verschiedene Beweismittel, wie Zeugenaussagen, Urkunden und Gutachten. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Partei, die sich auf eine Tatsache beruft, wobei in bestimmten Fällen, wie bei der Herstellung eines neuen Produkts, die Beweislast umgekehrt werden kann.

Artikel 52 → Schriftliches Verfahren, Zwischenverfahren und mündliches Verfahren
Das Verfahren vor dem Gericht umfasst ein schriftliches Verfahren, ein Zwischenverfahren und ein mündliches Verfahren.

Artikel 53 → Beweismittel
Das Gericht akzeptiert verschiedene Beweismittel, darunter Anhörungen, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten und Urkunden.

Artikel 54 → Beweislast
Die Partei, die sich auf eine Tatsache beruft, trägt die Beweislast.

Artikel 55 → Umkehr der Beweislast
Bei Patenten, die ein Herstellungsverfahren für ein neues Produkt betreffen, liegt die Beweislast beim mutmaßlichen Verletzer, das Gegenteil zu beweisen.

Kapitel IV: Befugnisse des Gerichts

Dieses Kapitel behandelt die Befugnisse des Einheitlichen Patentgerichts. Das Gericht hat weitreichende Vollmachten, um Beweisvorlagen und Beweissicherungsmaßnahmen anzuordnen, einschließlich der Inspektion von Räumlichkeiten und der Beschlagnahme von Beweismitteln. Es kann Vermögensarreste verhängen und einstweilige Verfügungen erlassen, um Patentverletzungen zu verhindern oder zu stoppen. Bei Feststellung einer Patentverletzung kann das Gericht endgültige Verfügungen aussprechen, die den Rückruf oder die Vernichtung von verletzenden Produkten umfassen. Darüber hinaus kann das Gericht die Gültigkeit von Patenten überprüfen und Nichtigkeitsklagen behandeln. Zudem ist es befugt, Schadenersatz zuzusprechen und Rechtsverletzer zu zwingen, Auskunft über Vertriebswege und beteiligte Dritte zu erteilen.

Artikel 56 → Allgemeine Befugnisse des Gerichts
Das Gericht kann Maßnahmen und Abhilfemaßnahmen anordnen und seine Anordnungen von Bedingungen abhängig machen.

Artikel 57 → Gerichtssachverständige
Das Gericht kann jederzeit Sachverständige bestellen, die Gutachten zu bestimmten Aspekten des Verfahrens abgeben.

Artikel 58 → Schutz vertraulicher Informationen
Das Gericht kann zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen bestimmte Beweismittel einschränken.

Artikel 59 → Anordnung der Beweisvorlage
Das Gericht kann die Vorlage von Beweismitteln durch die gegnerische Partei oder eine dritte Partei anordnen.

Artikel 60 → Anordnung der Beweissicherung und der Inspektion von Räumlichkeiten
Das Gericht kann Maßnahmen zur Beweissicherung und Inspektion von Räumlichkeiten anordnen, um Beweise für eine behauptete Verletzung zu sichern.

Artikel 61 → Arrest
Das Gericht kann einem Beklagten untersagen, Vermögensgegenstände zu veräußern oder aus seinem Zuständigkeitsbereich zu verbringen.

Artikel 62 → Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen
Das Gericht kann einstweilige Maßnahmen anordnen, um drohende Patentverletzungen zu verhindern oder fortgesetzte Verletzungen zu unterbinden.

Artikel 63 → Endgültige Verfügungen
Das Gericht kann endgültige Verfügungen erlassen, um Patentverletzungen zu untersagen und Rechtsverletzer zur Zahlung von Zwangsgeldern zu verurteilen.

Artikel 64 → Abhilfemaßnahmen im Rahmen von Verletzungsverfahren
Das Gericht kann Maßnahmen anordnen, um verletzende Produkte aus dem Markt zu nehmen oder deren Herstellungsmittel zu vernichten.

Artikel 65 → Entscheidung über die Gültigkeit eines Patents
Das Gericht kann ein Patent auf Antrag für ganz oder teilweise nichtig erklären.

Artikel 66 → Befugnisse des Gerichts in Bezug auf Entscheidungen des Europäischen Patentamts
Das Gericht kann Entscheidungen des Europäischen Patentamts überprüfen und korrigieren.

Artikel 67 → Befugnis, die Erteilung einer Auskunft anzuordnen
Das Gericht kann den Verletzer anordnen, über Ursprung und Vertriebswege der verletzenden Produkte Auskunft zu erteilen.

Artikel 68 → Zuerkennung von Schadenersatz
Das Gericht kann Schadenersatz anordnen, um die geschädigte Partei für erlittene Verluste zu entschädigen.

Artikel 69 → Kosten des Rechtsstreits
Die Kosten des Rechtsstreits werden von der unterlegenen Partei getragen, es sei denn, Billigkeitsgründe sprechen dagegen.

Artikel 70 → Gerichtsgebühren
Die Parteien müssen Gerichtsgebühren zahlen, die nach den Regeln der Verfahrensordnung zu entrichten sind.

Artikel 71 → Prozesskostenhilfe
Natürliche Personen, die die Verfahrenskosten nicht tragen können, können Prozesskostenhilfe beantragen.

Artikel 72 → Verjährungsfrist
Klagen auf finanzielle Entschädigung müssen innerhalb von fünf Jahren nach Kenntnis des letzten relevanten Ereignisses erhoben werden.

Kapitel V: Rechtsmittel

Dieses Kapitel regelt die Möglichkeit, gegen Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts Berufung einzulegen. Parteien, die mit einer Entscheidung des Gerichts erster Instanz nicht einverstanden sind, können innerhalb von zwei Monaten Berufung beim Berufungsgericht einlegen. Die Berufung kann sowohl auf rechtliche als auch auf tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden. In der Regel hat die Berufung keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Berufungsgericht entscheidet anders. Wenn die Berufung erfolgreich ist, kann das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichts erster Instanz aufheben oder die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverweisen.

Artikel 73 → Berufung
Parteien können gegen Entscheidungen des Gerichts erster Instanz innerhalb von zwei Monaten Berufung einlegen.

Artikel 74 → Wirkung der Berufung
Eine Berufung hat keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Berufungsgericht beschließt etwas anderes.

Artikel 75 → Entscheidung über die Berufung und Zurückverweisung
Ist die Berufung erfolgreich, kann das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichts erster Instanz aufheben oder die Sache zurückverweisen.

Kapitel VI: Entscheidungen

Dieses Kapitel beschreibt die Anforderungen an Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts. Das Gericht trifft seine Entscheidungen auf Grundlage der von den Parteien vorgebrachten Tatsachen und Beweise. Diese Entscheidungen müssen schriftlich begründet und im Einklang mit der Verfahrensordnung abgefasst sein. Entscheidungen werden in der Regel durch Mehrheitsbeschluss getroffen, wobei Richter auch abweichende Meinungen äußern können. Die Parteien können jederzeit ihren Rechtsstreit durch einen Vergleich beenden, der vom Gericht bestätigt wird. In bestimmten Fällen kann das Gericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens anordnen, beispielsweise bei neu entdeckten entscheidenden Tatsachen. Entscheidungen des Gerichts sind in allen Vertragsmitgliedstaaten vollstreckbar.

Artikel 76 → Entscheidungsgrundlage und rechtliches Gehör
Das Gericht entscheidet nur auf Grundlage der von den Parteien vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel.

Artikel 77 → Formerfordernisse
Die Entscheidungen des Gerichts müssen schriftlich abgefasst und im Einklang mit der Verfahrensordnung begründet sein.

Artikel 78 → Entscheidungen des Gerichts und abweichende Meinungen
Entscheidungen werden mit Mehrheit getroffen, wobei Richter abweichende Meinungen getrennt äußern können.

Artikel 79 → Vergleich
Die Parteien können den Rechtsstreit jederzeit durch einen Vergleich beenden, der vom Gericht bestätigt wird.

Artikel 80 → Veröffentlichung von Entscheidungen
Das Gericht kann die Veröffentlichung seiner Entscheidungen in den Medien anordnen.

Artikel 81 → Wiederaufnahme des Verfahrens
Das Berufungsgericht kann auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten das Verfahren wieder aufnehmen, wenn neue wesentliche Tatsachen bekannt werden.

Artikel 82 → Vollstreckung der Entscheidungen und Anordnungen
Die Entscheidungen des Gerichts sind in allen Vertragsstaaten vollstreckbar und können mit Zwangsgeldern belegt werden.

Teil 4: Übergangsbestimmungen

Dieser Teil regelt die Übergangsphase nach Inkrafttreten des Übereinkommens über das Einheitliche Patentgericht. Während einer Übergangszeit von sieben Jahren können Klagen wegen Patentverletzungen oder Nichtigerklärungen weiterhin bei nationalen Gerichten erhoben werden. Patentanmelder oder Inhaber europäischer Patente können zudem die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ausschließen. Diese Regelung bietet den Vertragsmitgliedstaaten und den Nutzern des Patentsystems Zeit, sich an das neue System anzupassen. Am Ende der Übergangszeit bleibt die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für laufende Verfahren bestehen.

Artikel 83 → Übergangsregelung
Beschreibt die Übergangsregelungen, die nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens gelten, insbesondere das sogenannte „Opt-out“ und „Opt-back-in“.

Teil 5: Schlussbestimmungen

Teil 5 enthält die Schlussbestimmungen des Übereinkommens über das Einheitliche Patentgericht. Hier wird geregelt, dass das Übereinkommen den Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung und Ratifikation vorliegt und nach der Hinterlegung der erforderlichen Anzahl von Ratifikationsurkunden in Kraft tritt. Die Geltungsdauer des Übereinkommens ist unbegrenzt, und es kann regelmäßig überprüft und an internationale Verträge sowie an das Unionsrecht angepasst werden. Der Verwahrer des Übereinkommens ist verantwortlich für die Verwaltung der Ratifikationen und Beitritte sowie die Bekanntgabe relevanter Informationen. Das Übereinkommen ist in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefasst.

Artikel 84 → Unterzeichnung, Ratifikation und Beitritt
Das Übereinkommen liegt den Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung und Ratifikation vor.

Artikel 85 → Aufgaben des Verwahrers
Der Verwahrer erstellt beglaubigte Kopien des Übereinkommens und notifiziert Ratifikationen und Beitritte.

Artikel 86 → Geltungsdauer des Übereinkommens
Das Übereinkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen.

Artikel 87 → Revision des Übereinkommens
Das Übereinkommen wird regelmäßig überprüft, um die Arbeitsweise des Gerichts zu verbessern und es an internationale Verträge anzupassen.

Artikel 88 → Sprachen des Übereinkommens
Das Übereinkommen ist in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefasst.

Artikel 89 → Inkrafttreten
Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der dreizehnten Ratifikationsurkunde in Kraft.

Anhang I → Satzung des einheitlichen Patentgerichts
Anhang II → Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Zentralkammer

siehe auch

Einheitspatentsystem
Patentsystem in der Europäischen Union, das es ermöglicht, durch eine einzige Anmeldung ein Patent zu erhalten, das in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten einheitlichen Schutz bietet.

EPGVO → Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts
Regelwerk, das die Verfahren und Abläufe des Gerichts definiert, das für die Durchsetzung und das Verfahren von Patentstreitigkeiten innerhalb des Europäischen Patentgerichts-Systems zuständig ist.

PVA → Protokoll betreffend die vorläufige Anwendung

1)
ABl EU Nr. L 361 vom 31. Dezember 2012], S. 1; Nr. L 307 vom 28. Oktober 2014, S. 83
2)
ABl EU Nr. L 361 vom 31. Dezember 2012, S. 89
3) , 4)
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17
5)
EPG, Lokalkammer Düsseldorf, Beschl. v. 23. Dezember 2024 – UPC_CFI_336/2024 und UPC_CFI_605/2024