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Artikel 58 des Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht regelt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen, personenbezogenen Daten oder sonstigen vertraulichen Informationen im Verfahren.
Das Gericht kann zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen [→ Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren], personenbezogenen Daten oder sonstigen vertraulichen Informationen einer Verfahrenspartei oder eines Dritten oder zur Verhinderung eines Missbrauchs von Beweismitteln anordnen, dass die Erhebung und Verwendung von Beweisen in den vor ihm geführten Verfahren eingeschränkt oder für unzulässig erklärt werden oder der Zugang zu solchen Beweismitteln auf bestimmte Personen beschränkt wird.
Artikel 9(1) und (2)(a) der Richtlinie (EU) 2016/943 [→ Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren] sehen vor, dass in Gerichtsverfahren der Zugang zu von den Parteien oder Dritten vorgelegten Unterlagen, die Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse enthalten, auf Antrag ganz oder teilweise auf eine begrenzte Anzahl von Personen beschränkt werden kann. Der Schutz vertraulicher Informationen ist im EPGÜ in Art. 58 vorgesehen und wird durch R. 262A EPGVO umgesetzt.1)
Regel 262A der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) regelt den Schutz vertraulicher Informationen im Verfahren und die Bedingungen, unter denen der Zugang zu diesen Informationen eingeschränkt werden kann.
Regel 262A.1 EPGVO → Antrag auf Einschränkung des Zugangs
Erlaubt einer Partei, einen Antrag zu stellen, um den Zugriff auf bestimmte Informationen oder Beweismittel einzuschränken oder für unzulässig zu erklären.
Regel 262A.2 EPGVO → Begründung des Antrags auf Zugangseinschränkung
Erfordert, dass der Antrag begründet wird, warum die Einschränkung des Zugangs gemäß Artikel 58 des Übereinkommens erforderlich ist.
Regel 262A.3 EPGVO → Einreichung des Antrags auf Zugangseinschränkung
Beschreibt die Anforderungen für die Einreichung des Antrags, einschließlich der Beifügung von Kopien des unbearbeiteten und gegebenenfalls bearbeiteten Dokuments.
Regel 262A.4 EPGVO → Stellungnahme der anderen Parteien zur auf Zugangseinschränkung
Das Gericht fordert die Vertreter der anderen Parteien zu einer schriftlichen Stellungnahme auf, bevor es eine Anordnung erlässt.
Regel 262A.5 EPGVO → Entscheidung des Gerichts über die Zugangseinschränkung
Das Gericht kann dem Antrag stattgeben, wenn die Gründe des Antragstellers das Interesse der anderen Partei an uneingeschränktem Zugang überwiegen.
Regel 262A.6 EPGVO → Beschränkung der Personenanzahl
Die Zahl der Personen, die Zugang zu den Informationen haben, darf nicht größer sein als erforderlich und muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei sowie deren Anwälte oder Vertreter umfassen.
Regel 262A.7 EPGVO → Maßnahmen des Kanzlers
Der Kanzler unternimmt alle erforderlichen Schritte, um die Anordnung des Gerichts in Bezug auf den Zugang zu Beweismitteln durchzuführen.
Nach Art. 9 Abs. 1 und 2, UAbs. 2 lit a) der Richtlinie (EU) 2016/943 [→ Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen] ist vorgesehen, dass in einem gerichtlichen Verfahren auf Antrag der Zugang zu von den Parteien oder Dritten vorgelegten Dokumenten, die Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse enthalten, ganz oder teilweise auf eine begrenzte Anzahl von Personen beschränkt werden kann. Der Schutz vertraulicher Informationen ist im EPGÜ in Art. 58 vorgesehen und in der VerfO des EPG in R. 262A implementiert.2)
Ausgangspunkt ist, dass ein Beklagter grundsätzlich Zugang zu allen vor dem Gericht vorgelegten Informationen benötigt, um sich verteidigen zu können. Doch was Anzahl und Identität der Personen betrifft, denen Zugang gewährt wird, sollte die Anzahl in der Regel nicht größer sein als notwendig, um das Recht der Parteien auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren zu gewährleisten, und muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei sowie die jeweiligen Anwälte oder (anderen) Vertreter dieser Parteien in dem Verfahren einschließen.3)
Soweit die Zugangsberechtigung einer bestimmten Person in Frage steht, hängt es insbesondere von der Zuverlässigkeit dieser Person und der Garantie ab, dass die Person das Wissen über die erhaltenen vertraulichen Informationen nicht missbrauchen wird. Darüber hinaus hängt es insbesondere vom spezifischen Interesse der betroffenen Partei ab, dieser Person Zugang zu gewähren.4)
Die EPGVO sieht nicht vor, natürliche Personen der Parteien vollständig vom Zugang zu allen Schriftsätzen und Dokumenten auszuschließen, selbst wenn sie vertrauliche Informationen enthalten. Die Gruppe der Personen, die Zugang zu vertraulichen Informationen erhält, muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei zusätzlich zu den jeweiligen Vertretern der Parteien umfassen, um das Recht der Partei auf Gehör zu wahren und ein faires Verfahren sicherzustellen. Während die LD Hamburg daher als allgemeine Regel Zugang gemäß R. 262A EPGVO mindestens einer natürlichen Person der anderen Partei gewährt, wurde bereits eine Ausnahme gemacht, wenn die Parteien anderes vereinbarten, nämlich einen Zugang „nur für externe Anwälte“.5)
EPGÜ, Teil 3, Kapitel IV → Kapitel IV: Befugnisse des Gerichts
Beschreibt die Befugnisse des Einheitlichen Patentgerichts, darunter die Anordnung von Beweissicherungsmaßnahmen, einstweiligen Verfügungen und Vermögensarresten, die Überprüfung der Gültigkeit von Patenten, die Zuerkennung von Schadenersatz sowie die Verpflichtung von Rechtsverletzern zur Auskunftserteilung über Vertriebswege, während es zugleich den Schutz vertraulicher Informationen und die Erhebung von Gerichtsgebühren regelt.
EPGVO, Teil 5, Kapitel 1 → Allgemeine Verfahrensvorschriften
Beschreibt allgemeine Verfahrensvorschriften, einschließlich der Prüfung durch die Kanzlei, des Datums der Schriftsätze und des öffentlichen Zugangs zum Register.
Richtlinie (EU) 2016/943 → Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Zielt darauf ab, den Schutz von vertraulichem Know-how und vertraulichen Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung zu gewährleisten
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