Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
§ 26 (2) MarkenG → Fremdbenutzung
§ 26 (3) MarkenG → Benutzung einer Marke in abweichender Form
§ 26 (4) MarkenG → Rechtserhaltende Benutzung durch Ausfuhr
§ 26 (5) MarkenG → Verlängerung der Benutzungsschonfrist für die Dauer eines Widerspruchsverfahrens
§ 43 (1) S. 1 MarkenG → Nichtbenutzungseinrede
§ 49 (1) MarkenG → Verfall wegen Nichtbenutzung, Benutzungsschonfrist
§ 8 (2) Nr. 10 MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung
→ Benutzungszwang
→ Voraussetzungen der rechtserhaltenden Benutzung
→ Ernsthaftigkeit der Markenbenutzung
→ Berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung einer Marke
→ Benutzungsnachweis bei breiten Oberbegriffen im Warenverzeichnis
→ Erweiterte Minimallösung
→ Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung
→ Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung
→ Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens
→ Nichtbenutzungseinrede
→ Rechtserhaltende Benutzung einer Gemeinschaftsmarke
→ Benutzung nach Erhebung der Nichtbenutzungseinrede
→ Rechtserhaltenden Benutzung einer Marke durch deren Verwendung als Zweitmarke
→ Ausschluss von Ansprüchen bei mangelnder Benutzung
→ Zwischenrechte
→ Benutzung einer Marke in abweichender Form
→ Rechtserhaltende Benutzung einer Dienstleistungsmarke
Durch die in § 26 Abs. 1 MarkenG vorgesehene Regelung über die Nichtbenutzung wird Art. 10 Abs. 1 MarkenRL umgesetzt, der seinerseits Art. 5 C Abs. 1 PVÜ Rechnung trägt. Nach dieser Vorschrift der PVÜ darf eine dem Benutzungszwang unterliegende eingetragene Marke nach Ablauf einer angemessenen Frist nur für ungültig erklärt werden, wenn der Beteiligte seine Untätigkeit nicht rechtfertigt.1)
Der Benutzungszwang findet seine Rechtfertigung in dem Zweck der Marke, der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen nach ihrer Herkunft zu dienen [→Herkunftsfunktion], und in dem Interesse der Allgemeinheit daran, die Zeichenrolle von unbenutzten Zeichen freizumachen, um andere Gewerbetreibende in die Lage zu versetzen, diese oder ähnliche Zeichen selbst zu benutzen oder für sich eintragen zu lassen.2)
Eine ernsthafte Benutzung erfordert, dass die Marke tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist.3)
Zum Nachweis muss von dem Widersprechenden daher konkret angegeben werden, wer die Marke auf welche Weise für welche Waren und Dienstleistungen in welchen Jahren an welchem Ort benutzt hat und wieviel Umsatz damit erwirtschaftet worden ist. Dabei müssen die detaillierten Angaben zu den Umsatzzahlen entweder in Geldbeträgen oder in Stück- bzw. Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Waren und Dienstleistungen bezogen sein. Das Erfordernis eines derartigen, auf einzelne Waren- und Dienstleistungs(-gruppen) bezogenen Nachweises der Benutzung ergibt sich aus § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG, wonach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist.4)
Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG unterliegt abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Untersuchungsgrundsatz dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz.5)
Als Nachweis ist grundsätzlich der Vollbeweis nach Maßgabe des § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 286 ZPO zu führen, wobei eine eidesstattliche Versicherung auch nach der Neuregelung des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nach wie vor zulässig ist und das wichtigste Mittel zur Glaubhaftmachung für Umfang, Zeitraum und Ort der bestrittenen Benutzung darstellt.6)
Sonstige Unterlagen wie z. B. Preislisten, Rechnungskopien, Etiketten, Prospekte oder sonstige Veröffentlichungen können der Erläuterung, Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen.7)
Eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung im Sinne des § 26 Abs. 1 MarkenG liegt vor, wenn die Marke in einer Weise verwendet wird, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, Marktanteile für die betroffenen Waren oder Dienstleistungen gegenüber denjenigen anderer Unternehmer zu gewinnen oder zu behalten.8)
Eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG setzt voraus, dass die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion [→ Funktion der Marke], die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie geschützt ist, verwendet wird, um für diese Produkte einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern.9)
Dabei müssen die Benutzungshandlungen einen Inlandsbezug aufweisen.10)
Für international registrierte Marken gelten keine anderen Maßstäbe.11)
Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Ware verwendet wird, für die sie eingetragen ist.12)
Selbst eine geringfügige Benutzung kann als ernsthaft anzusehen sein, wenn sie mit Blick auf die Gewinnung oder Erhaltung von Marktanteilen wirtschaftlich gerechtfertigt ist; absolute Untergrenzen der ernsthaften Benutzung gibt es nicht.13)
Wird die Nichtbenutzungseinrede [§ 43 (1) S. 1 MarkenG → Nichtbenutzungseinrede] erhoben, so ist der Nachweis der rechtserhaltende Benutzung einer Marke Voraussetzung dafür, daß der Markeninhaber das Recht aus der Marke in einem Widerspruchs-, Löschungsverfahren oder Verletzungsverfahren erfolgreich geltend machen kann.
Der Benutzungswille muss sich nicht auf eine Verwendung der Marke durch den Markeninhaber selbst beziehen. Dabei reicht die Absicht aus, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen.14) [§ 26 (2) MarkenG → Fremdbenutzung]
Fehlt dem Markeninhaber ein genereller Benutzungswille [ → Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens], so kann eine Anmeldung als bösgläubig angesehen werden.15) [§ 8 (2) Nr. 10 MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung]
Das Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens des Anmelders kann die Annahme nahelegen, er wolle die Marke zu dem Zweck verwenden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, in rechtsmissbräuchlicher Weise mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen [→ Bösgläubige Markenanmeldung].16)
Nach § 26 Abs. 3 MarkenG [→ Benutzung einer Marke in abweichender Form] gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern.17)
Auch wenn eine Marke für alle in der Überschrift einer Klasse der amtlichen Klasseneinteilung genannten Waren-begriffe eingetragen ist, stellt ihre Verwendung für Waren, die zwar nach der Klassifikation von Nizza dieser Klasse zuzuordnen sind, aber unter keinen der in der Klassenüberschrift enthaltenen Begriffe zu subsumieren sind, nach der gefestigten deutschen Rechtsprechung, die durch die Entscheidung des EuGH „IP Translator“ vom 19. Juni 2012 (EuGH GRUR 2012, 822 – IP-Translator) in vollem Umfang bestätigt worden ist, keine Benutzung für eingetragene Waren dar.18)
Besteht eine Übung, zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung mehrere Marken zu verwenden - etwa eine auf das Unternehmen hinweisende Hauptmarke und eine der Kennzeichnung der einzelnen Artikel dienende Zweitmarke -, können beide Marken für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden.19)
Nach der Vorschrift des § 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG [→ Verfall wegen Nichtbenutzung] tritt Löschungsreife wegen Verfalls ein, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren [→ Benutzungsschonfrist] nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist.20)
§ 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG → Verfall wegen Nichtbenutzung, Benutzungsschonfrist
§ 49 MarkenG → Verfall wegen Nichtbenutzung