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markenrecht:erweiterte_minimalloesung

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Erweiterte Minimallösung

Benutzungsnachweis bei breiten Oberbegriffen im Warenverzeichnis

Wird eine Marke nur für einen Teil der Waren eines breiten Oberbegriffs im Warenverzeichnis rechtserhaltend benutzt, so ist der Schutzbereich der Marke nicht zwingend auf die tatsächlich benutzten konkreten Waren zu beschränken.

Eine Beschränkung des Schutzbereichs einer Marke auf genau die Waren/Dienstleistungen, für die eine rechtserhaltende Benutzung nachgewiesen werden kann (sog. Minimallösung), wird allgemein als zu eng betrachtet. Andererseits würde es zu einer unangemessenen Ausweitung des Schutzbereichs der älteren Marke führen, wenn das Warenverzeichnis einen weiten Oberbegriff enthält und im Kollisionsfall für die Bemessung des Schutzbereichs von einer fiktiven rechtserhaltenden Benutzung im gesamten weiten Warenbereich ausgegangen wird, obwohl die Marke tatsächlich nur für eine spezielle Ware verwendet wird.

Um die Interessen der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen, findet im Widerspruchsverfahren die so genannte „erweiterte Minimallösung“ Anwendung.

Ob auch bei der Löschung wegen Verfall die erweiterte Minimallösung Anwendung finden soll ist umstritten, denn eine Gleichbehandlung des Markeninhabers im Kollissionsverfahren und Löschungsverfahren ist nicht zwingend.

Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeengt zu werden, rechtfertigt es, im Warenverzeichnis über die benutzte konkrete Ware hinaus auch die Waren zu belassen, die nach Auffassung des Verkehrs gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend angesehen werden. Andererseits ist es nicht gerechtfertigt, einen Oberbegriff uneingeschränkt nur deshalb im Warenverzeichnis zu belassen, weil die tatsächlich benutzte Ware unter diesen (weiten) Oberbegriff fällt. In diesem Fall kann eine Beibehaltung des Oberbegriffs unter Beschränkung auf die allein noch zulässigen, durch die Benutzung gedeckten Waren in Betracht kommen.1)

Bei weiten Oberbegriffen des Verzeichnisses ist demnach ausgehend von der konkret benutzten Ware bzw. Dienstleistung die Bildung von Untergruppen gefordert, für welche sodann eine rechtserhaltende Benutzung festgestellt werden kann. Dieser Schritt wird auch als „Integrationsfrage“ bezeichnet. Die Integrationsfrage ist zu beantworten, sobald festgestellt wurde, daß eine konkret benutzte Ware unter einen weiten Oberbegriff fällt (sog. „Subsumptionsfrage“).

Im Löschungsverfahren wegen Verfalls nach §§ 49, 55 MarkenG ist die Markeneintragung nicht auf die Waren oder Dienstleistungen zu beschränken, für die die Marke tatsächlich benutzt worden ist. Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht über Gebühr eingeengt zu werden, rechtfertigen es vielmehr, darüber hinaus auch die Waren im Warenverzeichnis zu belassen, die nach der Verkehrsauffassung gemeinhin zum gleichen Warenbereich gehören. Dadurch wird ein sachgerechter Ausgleich erzielt zwischen dem Interesse des Markeninhabers,in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht über Gebühr eingeengt zu werden, und dem Interesse an der Freihaltung des Registers von Marken, die für einen Teil der Waren und Dienstleistungen nicht benutzt werden.2)

Zum gleichen Warenbereich in diesem Sinne gehören gemeinhin Waren, die in ihren Eigenschaften und ihrer Zweckbestimmung weitgehend übereinstimmen.3)

Wird eine Marke nur für einen Teil der Waren unter einem weiten Oberbegriff des Verzeichnisses rechtserhaltend benutzt, so findet im Widerspruchsverfahren die erweiterte Minimallösung Anwendung. Bei der Löschung wegen Verfall ist deren Anwendung aber umstritten. Eine Gleichbehandlung des Markeninhabers im Kollisionsverfahren und im Löschungsverfahren ist nicht zwingend.

In der Benutzung einer Marke für Waren, die unter einen Oberbegriff des Warenverzeichnisses fallen, kann zwar zugleich eine rechtserhaltende Benutzung dieser Marke für andere Waren liegen, die unter denselben Oberbegriff des Warenverzeichnisses fallen. In einer solchen Benutzung liegt jedoch regelmäßig keine rechtserhaltende Benutzung dieser Marke für Waren, die unter einen anderen Oberbegriff des Warenverzeichnisses fallen. Da die Oberbegriffe eines Warenverzeichnisses dem Zweck dienen, Waren mit unterschiedlichen Eigenschaften und Zweckbestimmungen zu erfassen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die von verschiedenen Oberbegriffen eines Warenverzeichnisses erfassten Waren in ihren Eigenschaften und ihrer Zweckbestimmung nicht weitgehend übereinstimmen.4)

Wird die Ware, für die die Marke rechtserhaltend benutzt wird, von mehreren Oberbegriffen des Warenverzeichnisses erfasst, so ist im Löschungsklageverfahren wegen Verfalls nach §§ 49, 55 MarkenG einer der Oberbegriffe ersatzlos zu löschen.5)

siehe auch

§ 26 MarkenG → Rechtserhaltende Benutzung

1)
BGH, Urteil vom 17. 5. 2001 - I ZR 187/98 - ISCO
2)
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 38/13 - Probiotik; m.V.a. BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 62 = WRP 2001, 1211 ISCO; Urteil vom 10. April 2008 I ZR 167/05, GRUR 2009, 60 Rn. 32 f. = WRP 2008, 1544 LOTTOCARD; Urteil vom 5. Dezember 2012 I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 61 = WRP 2013, 1038 Culinaria/Villa Culinaria
3)
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 38/13 - Probiotik; m.V.a. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 I ZR 157/87, GRUR 1990, 39, 40 f. Taurus; Urteil vom 21. April 1994 I ZR 291/91, GRUR 1994, 512, 515 = WRP 1994, 621 Simmenthal; BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 61 Culinaria/Villa Culinaria
4)
BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 91/13 - STAYER; m.V.a. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 64 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria
5)
BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 91/13 - STAYER; m.V.a. BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 66 - Culinaria/Villa Culinaria
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