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Von der Eintragung ausgeschlossen [→ absolute Schutzhindernisse] sind Marken, die bösgläubig angemeldet worden sind.
§ 8 MarkenG → Absolute Schutzhindernisse
§ 37 (1) MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung als Eintragungshindernis
§ 50 (1) MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung als Nichtigkeitsgrund
→ Bösgläubigkeit des Anmelders
→ Einwand der Sittenwidrigkeit
→ Wettbewerbswidrige Markenanmeldung (Wettbewerbsrecht)
→ Agentenmarke
→ Benutzungswille
→ Böswillige Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes
Gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag gelöscht, wenn sie bösgläubig angemeldet [→ Bösgläubigkeit des Anmelders] worden ist.1)
In erster Linie sollen Fälle erfasst werden, bei denen die Anmeldung der Marke nur dem Ziel dient, Unterlassungs- oder Geldersatzansprüche gegen Dritte durchzusetzen.2)
Mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG soll den Fällen begegnet werden, in denen Privat- oder Geschäftsleute bestimmte Bezeichnungen als „Hinterhaltsmarken“ schützen lassen, um ihre formelle Rechtsposition zur Geltendmachung ungerechtfertigter Lizenz- oder Abmahnkostenerstattungsansprüche auszunutzen.3)
Den aus einer Marke hergeleiteten Ansprüchen kann im Wege der Einrede entgegengehalten werden, dass auf Seiten des Markeninhabers Umstände vorliegen, die die Geltendmachung des markenrechtlichen Schutzes als eine wettbewerbswidrige Behinderung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 10 UWG [→ Gezielte Behinderung, →Wettbewerbswidrige Markenanmeldung] erscheinen lassen.4)
Das ist der Fall, wenn die Klagemarke bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angemeldet worden ist.5)
Soweit der Löschungsgrund der Bösgläubigkeit geltend gemacht wird, ist ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen und nicht daneben auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag.6)
Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus. So wird sich ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Markeninhabers häufig erst aus einer späteren Rechtsausübung ergeben, die zwar als solche den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG nicht erfüllt, aber im Einzelfall erst den erforderlichen Schluss auf eine bereits zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht mit der gebotenen Sicherheit erlaubt.7)
Ist die Feststellung des Schutzhindernisses auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben.8)
Eine Markenanmeldung ist bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, das heißt als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will.9)
Der Schutzversagungsgrund soll Anmeldungen von Marken erfassen, die von vornherein nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren Wettbewerbs Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern.10)
Es müssen somit besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Die rechtliche Beurteilung, ob eine Marke bösgläubig angemeldet worden ist, hat umfassend und unter Berücksichtigung aller im Einzelfall erheblichen Faktoren zu erfolgen.11)
Ein solch besonderer Umstand kann bei der Anmeldung sogenannter „Spekulationsmarken“ vorliegen, d. h. Marken, welche der Anmelder lediglich mit dem Ziel schützen lassen möchte, gutgläubige Dritte unter Druck zu setzen, ohne dass ein eigener ernsthafter Benutzungswille vorliegt.12)
Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof Bösgläubigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in den Fällen bejaht, in denen Marken mit dem Ziel angemeldet werden, den erkannten schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren.13)
Schließlich ist eine Bösgläubigkeit anzunehmen, wenn der Anmelder die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbs einsetzen will.14). Abzustellen ist insoweit ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung und nicht daneben auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag15). Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus. Aus diesem Verhalten können sich vielmehr Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben16).17)
Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit des Markeninhabers kann dessen Interesse zu berücksichtigen sein, einen weiterreichenden rechtlichen Schutz seines Zeichens sicherzustellen, wenn es sich dabei im Zeitpunkt der Anmeldung um ein bekanntes Zeichen handelt.18)
Die Anmeldung einer Marke, die in Kenntnis eines bestehenden Besitzstands erfolgt, kann als bösgläubig angesehen werden, wenn der Markenanmelder gezielt versucht, diesen Besitzstand zu stören.19)
Ein schutzwürdiger Besitzstand setzt nicht voraus, dass das vorbenutzte Zeichen Verkehrsgeltung im Sinn von § 4 Nr. 2 MarkenG erlangt hat und damit als nicht eingetragene Marke Schutz genießt.20)
§ 8 MarkenG → Absolute Schutzhindernisse
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