Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 über den einheitlichen Patentschutz

Die Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 über den einheitlichen Patentschutz schafft einen rechtlichen Rahmen für die verstärkte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Patentschutzes. Sie ermöglicht die Erteilung eines [→ Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten, wobei ein einheitlicher Schutz und identische Rechte für den Patentinhaber in diesen Staaten gelten [→ Einheitlicher Patentschutz]. Die Verordnung legt Begriffsbestimmungen, institutionelle Zuständigkeiten, insbesondere die Rolle der Europäischen Patentorganisation (EPA), und finanzielle Regelungen fest, einschließlich der Erhebung und Verteilung von Jahresgebühren. Zudem regelt sie die Behandlung des Patents als Vermögensgegenstand und die Lizenzierungsmöglichkeiten. Schlussendlich werden Bestimmungen zur Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem EPA sowie zur Berichterstattung und Überwachung der Verordnung festgelegt.

Die für die Umsetzung des einheitlichen Patentschutzes erforderlichen Übersetzungsregelungen enthält die Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 (vgl. BTDrucks 18/8827, S. 11) [→ Übersetzungsregelungen].

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

Dieses Kapitel legt den Gegenstand der Verordnung fest und definiert wichtige Begriffe. Es wird klargestellt, dass die Verordnung die verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes umsetzt. Wichtige Begriffe wie „Europäisches Patent“, „Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ und das „Register für den einheitlichen Patentschutz“ werden definiert, um den rechtlichen Rahmen für die Anwendung der Verordnung zu schaffen.

Artikel 1 → Gegenstand
Mit dieser Verordnung wird die verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes umgesetzt.

Artikel 2 → Begriffsbestimmungen
Dieser Artikel definiert wichtige Begriffe, darunter „Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“ und „Register für den einheitlichen Patentschutz“.

Artikel 3 → Einheitliche Wirkung des europäischen Patents
Ein Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung bietet einheitlichen Schutz in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten.

Artikel 4 → Tag des Eintritts der Wirkung
Die einheitliche Wirkung eines Europäischen Patents tritt mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung im Europäischen Patentblatt ein.

Kapitel II: Wirkungen eines Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung

Dieses Kapitel beschreibt die Wirkungen eines Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten. Der Inhaber des Patents erhält einheitlichen Schutz in allen Staaten, in denen das Patent Wirkung hat. Weiterhin wird festgelegt, dass die Rechte des Patentinhabers nach der Erschöpfung der Rechte nicht weiter durchgesetzt werden können, wenn das geschützte Erzeugnis in der EU in Verkehr gebracht wurde.

Artikel 5 → Einheitlicher Schutz
Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung gewährt dem Inhaber einheitliche Rechte in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten.

Artikel 6 → Erschöpfung der Rechte aus einem Europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung
Die Rechte des Patentinhabers erschöpfen sich, wenn das geschützte Erzeugnis mit Zustimmung des Inhabers in der EU in Verkehr gebracht wird.

Kapitel III: Ein Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens

Dieses Kapitel befasst sich mit der rechtlichen Behandlung des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens. Es wird wie ein nationales Patent behandelt, und der Inhaber hat die Möglichkeit, Lizenzen zu erteilen. Außerdem werden Regeln für die Verwaltung und den rechtlichen Status solcher Patente festgelegt, einschließlich der Möglichkeit, eine Lizenzbereitschaft zu erklären.

Artikel 7 → Behandlung des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung wie ein nationales Patent
Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung wird wie ein nationales Patent des Mitgliedstaats behandelt, in dem der Anmelder seinen Sitz hat.

Artikel 8 → Lizenzbereitschaft
Der Inhaber eines Europäischen Patents kann erklären, bereit zu sein, eine Lizenz gegen angemessene Vergütung zu gewähren.

Kapitel IV: Institutionelle Bestimmungen

In diesem Kapitel werden die institutionellen Verantwortlichkeiten der Europäischen Patentorganisation (EPA) festgelegt. Das EPA ist verantwortlich für die Verwaltung der Anträge auf einheitliche Wirkung und für das Führen des Registers für den einheitlichen Patentschutz. Außerdem ist die Zusammenarbeit der teilnehmenden Mitgliedstaaten mit dem EPA geregelt, insbesondere im Hinblick auf die Aufsicht über die Verwaltungsentscheidungen des EPA.

Artikel 9 → Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Europäischen Patentorganisation
Das EPA übernimmt die Verwaltung von Anträgen auf einheitliche Wirkung und führt das Register für den einheitlichen Patentschutz.

Kapitel V: Finanzbestimmungen

Kapitel V legt die finanziellen Regelungen fest, insbesondere hinsichtlich der Jahresgebühren für Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung. Es wird bestimmt, dass das EPA die Jahresgebühren erhebt und diese zu 50 % behält. Die restlichen Gebühren werden auf die teilnehmenden Mitgliedstaaten verteilt. Außerdem wird die Höhe der Gebühren so festgelegt, dass sie die Verwaltungskosten decken und gleichzeitig Innovationen fördern.

Artikel 10 → Grundsatz bezüglich Ausgaben
Die Ausgaben des EPA für die zusätzlichen Aufgaben werden durch die Einnahmen aus den Jahresgebühren gedeckt.

Artikel 11 → Jahresgebühren
Die Jahresgebühren für Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung sind jährlich an die Europäische Patentorganisation zu entrichten.

Artikel 12 → Höhe der Jahresgebühren
Die Jahresgebühren sind progressiv und sollen die Verwaltungskosten decken sowie Innovationen fördern.

Artikel 13 → Verteilung
Das EPA behält 50 % der Jahresgebühren ein, der Rest wird auf die teilnehmenden Mitgliedstaaten verteilt.

Kapitel VI: Schlussbestimmungen

Im letzten Kapitel werden die allgemeinen Schlussbestimmungen festgehalten. Die Kommission arbeitet eng mit dem EPA zusammen und erstellt Berichte über die Durchführung der Verordnung. Es wird klargestellt, dass die Verordnung das Wettbewerbsrecht und Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb nicht berührt. Zudem wird das Inkrafttreten der Verordnung und die Notifizierung der Maßnahmen durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten geregelt.

Artikel 14 → Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem EPA
Die Kommission arbeitet eng mit dem EPA zusammen und tauscht sich regelmäßig über die Jahresgebühren und ihre Auswirkungen aus.

Artikel 15 → Anwendung des Wettbewerbsrechts und der Rechtsvorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb
Diese Verordnung beeinflusst nicht die Anwendung von Wettbewerbsrecht oder Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb.

Artikel 16 → Bericht über die Durchführung dieser Verordnung
Die Kommission erstellt regelmäßig Berichte über das Funktionieren der Verordnung und kann gegebenenfalls Änderungsvorschläge unterbreiten.

Artikel 17 → Notifizierung durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten
Die teilnehmenden Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der Verordnung.

Artikel 18 → Inkrafttreten und Anwendung
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft und gilt ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens über das Einheitliche Patentgericht.

Die Verordnung ist am 20. Januar 2013 in Kraft getreten. Anwendung findet sie ab dem 1. Januar 2014 bzw. ab dem Tag des Inkrafttretens des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht, je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist.

Durch das „einheitliche-Patent-Paket“ will der Unionsgesetzgeber dem Europäischen Patent einen einheitlichen Schutz verleihen und ein einheitliches Patentgericht in diesem Bereich schaffen.1)

Im System des EPÜ gewährleisten die Europäischen Patente in jedem der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens einen Schutz, dessen Umfang durch das nationale Recht jedes Staats bestimmt wird. Im System des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung (EPEW) kommt das auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1257/2012 bestimmte nationale Recht dagegen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zur Anwendung, in denen das Patent einheitliche Wirkung hat, was die Einheitlichkeit des durch das Patent gewährten Schutzes garantiert.2)

Die Übersetzungsregelungen für das EPEW, die sich auf das beim Europäischen Patentamt geltende Verfahren stützen, sollen hinsichtlich der Verfahrenskosten und der Verfügbarkeit technischer Informationen die notwendige Ausgewogenheit zwischen den Interessen der Wirtschaftsakteure und dem öffentlichen Interesse gewährleisten. Die Amtssprachen des Amts sind Deutsch, Englisch und Französisch. Der Unionsgesetzgeber hielt es im Übrigen für äußerst wichtig, eine Gerichtsbarkeit zu schaffen, die für die mit dem EPEW zusammenhängenden Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Patents, eine kohärente Rechtsprechung, Rechtssicherheit und Kosteneffizienz für Patentinhaber zu gewährleisten.3)

Das einheitliche Patentsystem zielt darauf ab, es für Erfinder einfacher und billiger zu machen, ihr Patent europaweit zu schützen. Des Weiteren soll allen Erfindern, innovativen Unternehmen und Patentinhabern gleichberechtigter Zugang zum einheitlichen Patentschutz gewährt werden. Es soll zudem helfen, Verstöße gegen das Patentrecht zu ahnden. So sollen auch die Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen in der gesamten Union verbessert und die derzeitige Fragmentierung zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten beseitigt werden, in denen es „patentrechtliche Grenzen“ zwischen den Mitgliedstaaten gibt.4)

Nach dem geltenden EU-Recht müssen Streitigkeiten über die Rechtsgültigkeit oder eine mutmaßliche Verletzung eines Patents vor die Gerichte des Mitgliedstaats gebracht werden, in dem das Patent angemeldet wurde. Die Verfahren können entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats stattfinden, in dem der Beklagte niedergelassen ist, oder vor den Gerichten des Mitgliedstaates, in dem es zu dem Verstoß kam bzw. kommen könnte. Bei vielen Patentverletzungsverfahren bringt der Beklagte vor, dass das Patent nicht gültig ist. Für solche Fälle ist ausschließlich der Staat zuständig, in dem das Patent erteilt wurde. In der Praxis bedeutet dies, dass der Patentinhaber teure und aufwendige Parallelverfahren führen muss, bei denen die Gerichte möglicherweise voneinander abweichenden Entscheidungen fällen.5)

Durch das Paket für den einheitlichen Patentschutz wird es möglich sein, in den 25 teilnehmenden Mitgliedstaaten durch einen einzigen Antrag Patentschutz zu erlangen, ohne dass in den Mitgliedstaaten weitere Verwaltungsformalitäten, etwa Validierungs- und Übersetzungsanforderungen, erfüllt werden müssen. Erfinder und Unternehmen werden dadurch zu erheblich niedrigeren Kosten und mit wesentlich weniger bürokratischen Hürden Zugang zu den Märkten aller Mitgliedstaaten erhalten, die an der verstärkten Zusammenarbeit und dem Übereinkommen über das Einheitliche Patentgerichts beteiligt sind.6)

Die Europäische Kommission hat am 29. Juli 2013 vorgeschlagen, den Rechtsrahmen für einen EU‑weiten Patentschutz zu vervollständigen und die EU-Vorschriften über die Rechtsprechung der Gerichte sowie die Anerkennung von Urteilen („Brüssel-I-Verordnung“) zu aktualisieren. Diese Änderungen werden den Weg für ein europäisches Patentgericht – das Einheitliche Patentgericht (EPG) – ebnen, das nach Ratifizierung der entsprechenden Vorschriften eingesetzt werden soll.7)

siehe auch

Patentrecht der Europäischen Union
Bezieht sich auf die Regelungen und Bestimmungen, die die Erteilung und Durchsetzung von Patenten innerhalb der EU betreffen.

1) , 2) , 3)
Urteile in den Rechtssachen C-146/13 Spanien / Parlament und Rat und C-147/13 Spanien / Rat
5) , 6) , 7)
Pressemitteilung der Europäischen Kommission Nr. IP/13/750 vom 29.7.2013