Grundrecht

Das Grundrecht ist ein verfassungsmäßig garantiertes Recht, das dem Einzelnen gegenüber dem Staat grundlegende Freiheiten und Schutzansprüche sichert. Die Grundrechte bilden zusammen mit dem übrigen Verfassungsrecht die Spitze der Rechtsordnung. Eine Einteilung der Grundrechte ist nach der Art des gewährleisteten Rechts vorzunehmen. So lassen sich die Grundrechte in drei Gruppen einteilen: die Freiheitsrechte, die Gleichheitsrechte und die Justiz-Grundrechte.

Die Grundrechte sollen in erster Linie die Freiheitssphäre der Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt schützen und ihnen insoweit zugleich die Voraussetzungen für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen sichern. Von diesem Ausgangspunkt her ist auch Art. 19 Abs. 3 GG auszulegen und anzuwenden.1) [→ Einbeziehung von juristischen Personen in den persönlichen Schutzbereich der Grundrechte ]

Die Grundrechte sind nicht nur Abwehrrechte gegen den Staat, sondern enthalten zugleich objektive Wertentscheidungen, aus denen sich zugleich eine Pflicht des Staates und seiner Organe ergibt, sich dort schützend und fördernd vor die Integrität der grundrechtlich geschützten Interessen zu stellen, wo der Einzelne nicht selbst für deren Integrität sorgen kann.2)

Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Ausländische juristische Personen mit Sitz in Drittstaaten können sich dagegen grundsätzlich nicht auf die Grundrechte des Grundgesetzes berufen.3)

Wichtige Grundrechte

Art. 1 (1) GG → Schutz der Menschenwürde
Die Menschenwürde ist unantastbar und bildet die Grundlage für alle anderen Grundrechte.

Art. 2 (1) GG → Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Schützt das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung.

Art. 2 (2) GG → Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
Schützt das Leben, die Gesundheit und die körperliche Integrität vor staatlichen Eingriffen.

Art. 3 (1) GG → Willkürverbot
Verbietet staatliche Diskriminierung und schützt die Gleichbehandlung aller Bürger.

Art. 3 (2) GG → Gleichstellung von Mann und Frau
Dieses Grundrecht garantiert die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in allen Lebensbereichen.

Art. 3 (2) GG → Diskriminierungsverbot
Es schützt vor Benachteiligung aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Religion oder anderen Merkmalen.

Art. 5 (1) GG → Meinungsäußerungsfreiheit, Presse- und Rundfunkfreiheit
Schützt die Freiheit, Meinungen zu äußern und zu verbreiten sowie die Unabhängigkeit der Presse.

Art 5 (2) GG → Schranken der Meinungsäußerungsfreiheit
Setzt der Meinungsfreiheit Grenzen, insbesondere durch Gesetze zum Schutz der persönlichen Ehre und der öffentlichen Ordnung.

Art. 5 (3) GG → Kunstfreiheit, Wissenschaftsfreiheit, Forschungsfreiheit, Lehrfreiheit
Schützt die Freiheit künstlerischen Schaffens sowie die Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschung.

Art. 9 GG → Vereinigungsfreiheit, Koalitionsfreiheit
Gewährleistet das Recht, Vereine und Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten.

Art. 10 GG → Brief, Post- und Fernmeldegeheimnis
Schützt die Vertraulichkeit von Kommunikation wie Briefen, Telefonaten und digitalen Nachrichten.

Art. 12 (1) GG → Berufsfreiheit
Gewährleistet das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

Art. 14 GG → Eigentum
Sichert das Recht auf privates Eigentum und dessen Nutzung, jedoch mit sozialer Verpflichtung.

Art. 19 GG → Regelung der Reichweite und Schranken der Grundrechte
Bestimmt, dass Einschränkungen von Grundrechten nur auf gesetzlicher Grundlage und in begrenztem Umfang zulässig sind.

Art. 19 (1) GG → Gesetzliche Regelung und Transparenz bei Einschränkungen von Grundrechten
Einschränkungen von Grundrechten müssen durch Gesetze klar definiert und transparent gemacht werden.

Art. 19 (2) GG → Wesensgehaltsgarantie
Der Kerngehalt eines Grundrechts darf auch durch gesetzliche Einschränkungen nicht verletzt werden.

Art. 19 Abs. 3 GG → Anwendbarkeit der Grundrechte auf inländische juristische Personen
Grundrechte gelten auch für juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach anwendbar sind.

Art. 19 Abs. 4 GG → Rechtsweggarantie
Sicherstellt, dass bei Rechtsverletzungen der gerichtliche Weg offensteht.

Art. 20 (1) GG → Staatsstrukturprinzipien
Definiert die Grundprinzipien des Staates wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Föderalismus.

Art. 20 (2) S. 1 GG → Grundsatz der Volkssouveränität
Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus.

Art. 20 (2) S. 2 GG → Grundsatz der Gewaltenteilung
Trennung der Staatsgewalten in Legislative, Exekutive und Judikative.

Art. 20 (3) GG → Gewaltenteilung und Gesetzesbindung
Bindet staatliches Handeln an Recht und Gesetz.

Art. 20 (4) GG → Widerstandsrecht
Das Volk hat das Recht, gegen Maßnahmen Widerstand zu leisten, die die Verfassungsordnung bedrohen.

Art. 23 (1) GG → Übertragung von Hoheitsrechten
Erlaubt die Übertragung von Hoheitsrechten auf supranationale Organisationen wie die EU.

Art. 24 (1) GG → Zwischenstaatliche Einrichtungen
Erlaubt die Beteiligung an zwischenstaatlichen Institutionen und die Übertragung von Hoheitsrechten auf diese.

Art. 28 (2) GG → Selbstverwaltungsgarantie
Gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung durch Städte und Gemeinden.

Art. 38 GG → Wahlrecht zum Deutschen Bundestag, Recht auf Demokratie
Sichert das Recht, frei und gleich an Wahlen zum Bundestag teilzunehmen.

Art. 76 (1) GG → Gesetzesvorlagen
Bestimmt das Verfahren zur Einbringung von Gesetzesentwürfen in den Bundestag.

Art. 79 Abs. 3 GG → Schutz der Identität der Verfassung
Verhindert Änderungen der Grundprinzipien der Verfassung.

Art. 80 GG → Rechtsverordnungen
Erlaubt der Bundesregierung, auf gesetzlicher Grundlage detaillierte Regelungen zu erlassen.

Art. 97 GG → Unabhängigkeit der Richter
Sichert die richterliche Unabhängigkeit vor politischer Einflussnahme.

Art. 100 (1) GG → Richtervorlage
Verpflichtet Gerichte, im Zweifel die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes prüfen zu lassen.

Art. 101 GG → Anspruch auf den gesetzlichen Richter
Garantiert das Recht auf einen gesetzlich bestimmten Richter.

Art. 103 (1) GG → Anspruch auf rechtliches Gehör
Sichert das Recht, in einem Gerichtsverfahren gehört zu werden.

Aspekte des Grundrechts

Verfassungsgestaltende Strukturprinzipien
Umfassen die Grundsätze der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung und des Rechtsstaatsprinzips, die als grundlegende Elemente der Verfassungsordnung dienen und die Organisation und Machtverteilung im Staat prägen.

Allgemeine Handlungsfreiheit
Erlaubt jede Handlung, solange sie nicht die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verletzt, wobei bei konkurrierenden Grundrechten eine Abwägung nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz erfolgt

Prinzip der praktischen Konkordanz
Erfordert bei der Kollision von Grundrechten eine Abwägung, sodass beide Rechte so weit wie möglich in ihrer Wirkung erhalten bleiben.

Grundsatz praktischer Konkordanz

Grundrechtsfähigkeit
Bezeichnet die Fähigkeit natürlicher und juristischer Personen, Träger von Grundrechten zu sein.

Grundrechtsmündigkeit
Betrifft das Alter, ab dem eine Person ihre Grundrechte eigenständig geltend machen kann.

Bundesverfassungsgericht
Das höchste deutsche Gericht zur Wahrung der Verfassung und zur Entscheidung über Grundrechtsfragen.

Wesentlichkeitstheorie
Besagt, dass wesentliche Entscheidungen in Bezug auf Grundrechte vom Gesetzgeber getroffen werden müssen.

Grundsatz der Europarechtsfreundlichkeit
Stellt sicher, dass deutsches Recht im Einklang mit europäischem Recht ausgelegt wird.

Einbeziehung von juristischen Personen in den persönlichen Schutzbereich der Grundrechte
Juristische Personen können Grundrechtsträger sein, wenn das Grundrecht seinem Wesen nach auch auf sie anwendbar ist.

EU-Grundrechtecharta
Enthält grundlegende Rechte und Freiheiten, die in der EU verbindlich gelten.

AGG → Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Dient dem Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben und im Zivilrecht aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft, Religion oder Behinderung.

DSVGO → Datenschutz-Grundverordnung
Harmonisiert den Schutz personenbezogener Daten und die Rechte der betroffenen Personen in der Europäischen Union und stellt sicher, dass Unternehmen und Organisationen hohe Standards beim Umgang mit persönlichen Daten einhalten.

1)
BGH, Urteil vom 1. März 2018 - I ZR 264/16
2)
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 08. November 2022 - 2 BvR 2480/10; m.V.a. BVerfGE 92, 26 <46>; 115, 118 <152 f.>; 125, 39 <78>; 142, 123 <209 Rn. 166>; 151, 202 <297 Rn. 142> - Europäische Bankenunion; 154, 17 <89 f. Rn. 108 f.> - PSPP-Programm der EZB
3)
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 08. November 2022 - 2 BvR 2480/10 ; m.V.a. BVerfGE 21, 207 <209>; 100, 313 <364>