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Regel 263.1 der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) erlaubt einer Partei, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens die Zulassung einer Klageänderung oder -erweiterung zu beantragen und beschreibt die Anforderungen an den Antrag.
Eine Partei kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beim Gericht die Zulassung einer Klageänderung oder Klageerweiterung, einschließlich einer Widerklage, beantragen. In dem Antrag ist zu begründen, weshalb die Änderung oder Ergänzung nicht schon in dem ursprünglichen Schriftsatz enthalten war.
Regel 263 (1) EPGVO erlaubt es den Parteien, ihren Antrag oder ihren Fall in jedem Verfahrensstadium mit Genehmigung des Gerichts zu ändern. Regel 263 (2) und (3) EPGVO spezifizieren, dass die Genehmigung nicht erteilt werden darf, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände die Partei, die die Änderung beantragt, das Gericht nicht davon überzeugen kann, dass die Änderung nicht mit angemessener Sorgfalt zu einem früheren Zeitpunkt hätte vorgenommen werden können und die andere Partei in der Durchführung ihrer Klage nicht unangemessen behindern wird, und dass die Genehmigung zur Begrenzung eines Anspruchs in einer Klage bedingungslos immer erteilt werden muss.1)
Diese Bestimmungen dienen dem Zweck, das Bedürfnis zu befriedigen, das Prinzip der Effizienz im Verfahren zu wahren, ohne jedoch das Verteidigungsrecht der gegnerischen Partei zu beeinträchtigen.2)
Der Begriff „Änderung des Streitgegenstands“ in Regel 263.2 der Verfahrensordnung bezieht sich ausschließlich auf Änderungen der Klageschrift („Änderung der Ansprüche“) und nicht auf Änderungen der Patentansprüche gemäß Regel 30 oder 50.2 der Verfahrensordnung.3)
Nicht jedes neue Argument ist eine Änderung der Sache, für die eine Partei gemäß R. 263 EPGVO einen Antrag auf Erlaubnis einreichen muss. Eine Änderung der Sache liegt vor, wenn sich die Art oder der Umfang des Streits ändert. In einem Verletzungsverfahren ist dies beispielsweise der Fall, wenn der Kläger sich auf ein anderes Patent beruft oder gegen ein anderes Produkt Einspruch erhebt.4)
Auch wenn ein neues Argument keine Änderung der Sache ist, für die gemäß R. 263 EPGVO gerichtliche Erlaubnis erforderlich ist, gelten Beschränkungen für das Vorbringen neuer Argumente. R. 13 EPGVO [→ Erforderliche Angaben in der Klageschrift] schreibt vor, dass die Klagebegründung die Gründe angeben muss, warum die behaupteten Tatsachen eine Verletzung der Patentansprüche darstellen, einschließlich der juristischen Argumente. Diese Bestimmung muss im Lichte des letzten Satzes von Erwägungsgrund 7 der Präambel der Verfahrensordnung [→ Effizienz des Verfahrens] ausgelegt werden, wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Parteien ihre Sache so früh wie möglich im Verfahren darlegen sollten.5)
Die Beschränkung des Vorbringens neuer juristischer Argumente, wie sie aus Regel 13 EPGVO und Erwägungsgrund 7 der Verfahrensordnung abgeleitet wird, wirft erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs auf. Während eine frühzeitige Darlegung der Klagebegründung der Verfahrensökonomie dient, dürfen juristische Argumente, die auf bereits eingeführten Tatsachen basieren, nicht generell ausgeschlossen werden. rechtliche Argumente dürfen in der Regel jederzeit im Verfahren vorgebracht werden, solange sie sich auf bereits eingeführte Tatsachen beziehen und den Streitgegenstand nicht ändern. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des rechtlichen Gehörs, das als fundamentales Prinzip im europäischen Verfahrensrecht verankert ist [Artikel 6 EMRK → Recht auf ein faires Verfahren, Artikel 47 GRCh → Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht]. In der Rechtssache Steck-Risch u. a. gegen Liechtenstein (Beschwerde-Nr. 63151/00) vom 19. Mai 2005 unterstrich der EGMR, dass das Recht auf rechtliches Gehör sicherstellen soll, dass die Parteien die Möglichkeit haben, sich zu allen entscheidungserheblichen Aspekten des Verfahrens zu äußern. Dies umfasst auch die Berücksichtigung neuer Argumente oder Beweismittel, sofern die Gegenseite ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Einschränkungen beim Vorbringen neuer Argumente dürfen daher nur in Ausnahmefällen und unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Ein ausgewogenes Verfahren sollte es ermöglichen, solche Argumente vorzubringen, sofern der Gegenseite ausreichend Gelegenheit zur Erwiderung gegeben wird, um sowohl Verfahrensökonomie als auch Fairness zu gewährleisten. — Dr. Martin Meggle-Freund 2024/12/21 09:50
R. 13 EPGVO [→ Erforderliche Angaben in der Klageschrift] schließt jedoch nicht aus, dass der Kläger nach Einreichung der Klageschrift ein neues Argument vorbringt. Ob ein neues Argument zulässig ist, hängt von den Umständen des Falles ab, einschließlich der Gründe, warum der Kläger das Argument nicht bereits in der Klageschrift erwähnt hat, und den verfahrensrechtlichen Möglichkeiten des Beklagten, auf das neue Argument zu reagieren. Bei dieser Beurteilung hat das Gericht erster Instanz einen gewissen Beurteilungsspielraum. Die Neubewertung durch das Berufungsgericht ist daher begrenzt.6)
Wenn ein neues Argument keine Änderung der Sache im Sinne von R. 263 EPGVO mit sich bringt, muss der Kläger keinen Antrag auf Erlaubnis beim Gericht stellen. Wenn die Gegenpartei der Ansicht ist, dass ein neues Argument des Klägers unzulässig ist, kann sie dagegen Einwendungen erheben. Das Gericht kann die Zulässigkeit eines neuen Arguments auch von Amts wegen aufgreifen. Das Gericht entscheidet nach Anhörung der Parteien. Diese Entscheidung kann das Gericht bis zum Zwischenverfahren oder bis zur Endentscheidung verschieben. Wenn das Argument unzulässig ist und die Gegenpartei in der Sache eine Verteidigung gegen das neue Argument geführt hat, kann das Gericht dies bei der Kostenentscheidung berücksichtigen.7)
Regel 263 EPGVO → Zulassung von Klageänderungen oder -erweiterungen
Erlaubt einer Partei, die Zulassung einer Klageänderung oder -erweiterung zu beantragen, und beschreibt die Bedingungen, unter denen eine Änderung oder Erweiterung zugelassen wird.
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