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Dr. Martin Meggle-Freund

patentrecht:substanziierung_des_einspruchs

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Substanziierung des Einspruchs

§ 59 (1) S. 4 PatG

Die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, sind im einzelnen anzugeben.

§ 59 (1) S. 1 PatG → Einspruch, Einspruchsfrist, Einspruchsbefugnis
§ 59 (1) S. 2 PatG → Einspruchserkärung, Einspruchsbegründung
§ 59 (1) S. 3 PatG → Einspruchsgründe
§ 59 (1) S. 4 PatG → Substanziierung des Einspruchs
§ 59 (1) S. 5 PatG → Nachreichen der Einspruchsbegründung

§ 59 (2) PatG → Beitritt zum Einspruchsverfahren

§ 59 (3) PatG → Anhörung im Einspruchsverfahren

§ 59 (4) PatG → Ordnung in der Anhörung und Hausrecht

§ 59 (5) PatG → Entsprechende Anwendung von Vorschriften des Anmeldeverfahrens im Einspruchsverfahren

Nach § 59 (1) S. 4 PatG sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen [→ § 59 (1) S. 3 PatG → Einspruchsgründe], sind im einzelnen anzugeben.

Nach § 59 (1) S. 3 PatG [→ Einspruchsgründe] kann der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden, daß einer der in § 21 genannten Widerrufsgründe vorliege.

Die Angaben müssen, soweit sie nicht schon in der Einspruchsschrift enthalten sind, bis zum Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich nachgereicht werden. [§ 59 (1) S. 5 PatG → Nachreichen der Einspruchsbegründung]

Unter diesen Angaben ist die Gesamtheit der Tatsachen zu verstehen, aus denen die von dem Einsprechenden begehrte Rechtsfolge, nämlich der Widerruf des erteilten Patents, hergeleitet wird; dabei haben sich diese Tatsachen an den gesetzlichen Widerrufsgründen zu orientieren, d. h. sie müssen einen sachlichen Bezug haben zu den in § 21 PatG genannten Tatbeständen, die gegebenenfalls den Widerruf des Patents ganz oder teilweise begründen; ob die von dem Einsprechenden insoweit im einzelnen vorgetragenen Tatsachen den begehrten Widerruf des Patents auch tatsächlich rechtfertigen, ist alsdann keine Frage der an die Einspruchsschrift zu stellenden förmlichen Anforderungen mehr, sondern eine solche der Begründetheit des Einspruchsvorbringens.1)

Für die Zulässigkeit des Einspruchs kommt es nicht auf die Begründetheit des Einspruchsvorbringens an.

Besonders strenge Anforderungen gelten, wenn der Einspruch auf eine offenkundige Vorbenutzung gestützt wird.

Die Beweismittel zum Nachweis der behaupteten Tatsachen können auch nach Ablauf der Einspruchsfrist nachgereicht werden. Als Beweismittel sind alle Beweismittel der ZPO zulässig.

Im Einspruch genügt ein Tatsachenvortrag auch in knappster Form, sofern er nur einen bestimmten Tatbestand erkennen lässt.2)

Anforderungen an die Substanziierung des Einspruchs

  • Die Begründung des Einspruchs genügt den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände „im einzelnen“ so vollständig darlegt, daß der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können.3)
  • An die Ausführlichkeit der Begründung werden hohe Anforderungen gestellt, um Zulässigkeitsschwelle zu überwinden. Der Vortrag muß erkennen lassen, daß ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe liege vor (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG), muß die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den geltend gemachten Widerrufsgrund beziehen.4)
  • Ein Einspruch, der lediglich darauf hinweist, dass einige Merkmalen des strittigen Anspruchs an sich bekannt sind, und keinen Zusammenhang zwischen diesen an sich bekannten Merkmalen und den weiteren beanspruchten Merkmalen herstellt, ist unzureichend substantiiert.5)
  • Wendet der Einsprechende gegen ein wesentliches Merkmal des streitpatentgemäßen Verfahrens nur pauschal ein, dass dies dem Fachmann „allgemein bekannt sei“, so hat er damit die aus seiner Sicht einen Widerruf des Patents rechtfertigenden Gründe in ausreichender Weise angegeben. Ob diese Begründung auch trägt, ist keine Frage der Zulässigkeit des Einspruchs, sondern eine Frage der Begründetheit.6)
  • Ein Einspruch, der bezüglich des Oberbegriffs keinen dem Oberbegriff des Streitpatents entsprechenden Stand der Technik nennt und auch nicht einmal pauschal auf den in der Streitpatentschrift genannten Stand der Technik Bezug nimmt, ist nicht ausreichend substantiiert und somit unzulässig.7)

Für die einzelnen Widerufsgründe ist insbesondere anzugeben

  • Fehlende Patentfähigkeit: Der Stand der Technik muß konkret bezeichnet werden. Bloße Nennung der Nummern von Patentdokumenten reicht in der Regel nicht aus. Der technische Zusammenhang zwischen dem angegriffenen Erfindungsgegenstand und dem genannten Stand der Technik muß so ausführlich dargelegt werden, daß eine Überprüfung ohne größere Untersuchungen möglich ist. Bei einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung gestützt, sind die näheren Umstände der Benutzungshandlungen darzulegen. Hierzu sind konkrete Angaben nötig, was - wann - wo - wie - und durch wen geschehen ist.
  • Unzureichende Offenbarung: Konkrete Angaben darüber, warum ein Fachmann unter Zuhilfenahme seines Fachwissens die im Patent unter Schutz gestellte Lehre nicht verwirklichen kann.
  • Widerrechtliche Entnahme: Darlegung des Erfindungsbesitzes und dem Übergang des Erfindungsbesitzes vom Einsprechenden auf den Patentinhaber.
  • Unzulässige Erweiterung: Angabe der Merkmale des Erfindungsgegenstands, die nicht in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sind.

Rechtsprechung

  • Die Nennung einer falschen Patentnummer im Einspruchsschriftsatz ist unschädlich, wenn aufgrund sonstiger Angaben des Einspruchsschriftsatzes eine Zuordnung zum tatsächlich angegriffenen Patent möglich ist.8)
  • Ein auf den vollständigen Widerruf des Patents gerichteter Einspruch ist nicht deswegen unzulässig, weil in der Begründung nicht auf die Unteransprüche im Einzelnen eingegangen wird. Nach ständiger Rechtsprechung teilen Unteransprüche das Rechtsschicksal des Hauptanspruchs, da sie Teil desselben Antrags sind, über den nur als Ganzes entschieden werden kann. Schon deshalb ist ein Eingehen auf Unteransprüche in der Einspruchsbegründung für dessen Zulässigkeit nicht erforderlich, sofern die Ausführungen zum Hauptanspruch die formalen Erfordernisse für die Zulässigkeit des Einspruchs erfüllen.9)
  • Im Einzelfall kann hinsichtlich eines Merkmals des angegriffenen Patents auch eine pauschale Verweisung auf die gesamte Figurenbeschreibung einer Druckschrift die Zulässigkeitserfordernisse erfüllen.10)
  • Mit einem Merkmal, das dem Durchschnittsfachmann geläufig ist, muß sich der Einspruch nicht zwingend auseinandersetzen.11)
  • Ein Einspruch ist schon dann nicht ausreichend substantiiert, wenn bei den zitierten patentamtlichen Druckschriften die Schriftenartenkennungen (A1, B2, C3, U1 usw.) fehlen, da bspw. für das Dokument DE 17 63 659 sieben unterschiedliche Schriftenarten einschließlich (gelöschter) Gebrauchsmuster existieren. Die Nachnennung der Schriftenartenkennungen nach Ablauf der Einspruchsfrist ist nicht zulässig.12)
  • Ein Einspruch, der sich ausschließlich mit den kennzeichnenden Merkmalen des Hauptanspruchs auseinandersetzt, ist zumindest dann zulässig, wenn die im Einspruchsschriftsatz nicht erörterten Merkmale des Oberbegriffs dieses Anspruchs derart allgemein üblich sind, dass der Fachmann diese Merkmale als selbstverständlich in Gedanken gleich mitliest.13)
  • Ein Einspruch, der sich bei den Ausführungen zum Hauptanspruch mit einem bestimmten Teilmerkmal nicht auseinandersetzt, ist zumindest dann zulässig, wenn dieses Teilmerkmal im Zusammenhang mit Unteransprüchen abhandelt wird. Da die Unteransprüche auf den Hauptanspruch zurückbezogen sind, schließen sie somit dessen Merkmale ein.14)
  • Betrifft der Stand der Technik von der Bezeichnung her eine bestimmte Vorrichtung, so bedarf es dann keiner zusätzlichen Darlegung einer bestimmten Eigenschaft dieser Vorrichtung, wenn diese Eigenschaft bereits begrifflich vorliegen muss.15)

siehe auch

§§ 59 bis 64 PatG → Einspruchsverfahren
§§ 34 bis 64 PatG → Verfahren vor dem Patentamt
PatG → Patentgesetz
Patentrecht → Zulässigkeitsvoraussetzung des Einspruchsverfahrens

1)
BGH GRUR 1988, 113 - Alkyldiarylphosphin
2)
BGH GRUR 1988, 364 – Epoxidation
3)
vgl. BGH Beschl. vom 10.1.1995 - X ZB 11/92 - Aluminium-Trihydroxid
4)
BGH Beschl. GRUR 1993, 651, 653 - Tetraploide Kamille - mit weiteren Nachw.
5)
BPatG, Beschl. v. 21.07.2005 – 19 W (pat) 333/03
6)
BPatG, Beschl. v. 29.06.2005 – 7 W (pat) 323/03
7)
BPatG, Beschl. v. 22.09.2005 – 21 W (pat) 343/04
8)
BPatG Beschl. v. 30.09.2003 – 10 W (pat) 9/02
9)
BPatG, Beschl. v. 27.01.2003, 11 W (pat) 701/02.
10)
BPatG Beschl. v. 11.12.2003 – 23 W (pat) 702/02
11)
BPatG Beschl. v. 21.09.2004 – 20 W (pat) 313/04
12)
BGH, Beschl. v. 14.10.2004 – 11 W (pat) 318/02
13)
BPatG, Beschl. v. 07.04.2005 – 23 W (pat) 333/03
14)
BPatG, Beschl. v. 23.02.2005 – 19 W (pat) 343/02
15)
BPatG, Beschl. v. 09.09.2005 – 10 W (pat) 60/03
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