Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents kann nicht erhoben werden, solange ein Einspruch noch erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist. Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des ergänzenden Schutzzertifikats kann nicht erhoben werden, soweit Anträge nach § 49a Abs. 4 [→ Prüfung eines ergänzenden Schutzzertifikats] gestellt werden können oder Verfahren zur Entscheidung über diese Anträge anhängig sind.
§ 81 (1) PatG → Nichtigkeitsverfahren
§ 81 (3) PatG → Klageberechtigung im Nichtigkeitsverfahren
§ 81 (4) PatG → Form der Nichtigkeitsklage
§ 81 (5) PatG → Inhalt der Nichtigkeitsklageschrift
§ 81 (6) PatG → Sicherheitsleistung
Nach der Vorschrift des § 81 (2) PatG kann die Nichtigkeitsklage nicht erhoben werden, solange ein Einspruch noch erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist.
Für die Beurteilung, ob das Klagehindernis nach § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG vorliegt, ist nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage. Hierbei sind auch Änderungen zu berücksichtigen, die erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind.1)
Die Vorschrift verfolgt das Ziel, das Patentgericht von dem aufwendigen Nichtigkeitsverfahren zu entlasten, solange ein Einspruchsverfahren anhängig ist2). Sie hat ferner den Zweck, einander widersprechende Entscheidungen über den Rechtsbestand eines Patents zu vermeiden.3)
Diese Zwecke erfordern es nicht, eine Nichtigkeitsklage schon dann abzuweisen, wenn bei deren Einreichung ein Einspruch statthaft oder anhängig war. Das Patentgericht ist auch nicht gehalten, eine bei Einreichung unzulässige Klage so schnell wie möglich abzuweisen. Es ist vielmehr befugt, zumindest so lange abzuwarten, bis das Verfahren ohnehin zur Entscheidung ansteht, und gegebenenfalls in der Sache zu entscheiden, wenn das Klagehindernis bis dahin entfallen ist.4)
Das Klagehindernis besteht dabei nicht nur für Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, sondern auch für solche vor dem Europäischen Patentamt.5)
Für das Klagehindernis kommt es nicht darauf an, ob die mit der Nichtigkeitsklage geltend gemachten Gründe auch Gegenstand des Einspruchsverfahrens sind oder sein können und welcher Prüfungsmaßstab an den begehrten Widerruf bzw. die begehrte Nichtigerklärung jeweils anzulegen ist.6)
Für den Wegfall des durch ein Einspruchsverfahren beim Europäischen Patentamt begründeten Klagehindernisses ist nicht allein ausschlaggebend, ob das Verfahren formell beendet und das Patent in seinem Rechtsbestand formell eingeschränkt worden ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Einspruchsverfahren einen Stand erreicht hat, in dem die Gefahr widersprechender Entscheidungen oder einer unnötigen Doppelbefassung nicht mehr besteht.7)
Wie bereits oben dargelegt wurde, dient § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG dem Zweck, das Patentgericht zu entlasten und einander widersprechende Entscheidungen über den Rechtsbestand des Patents zu vermeiden. Letzteres beruht auf der Überlegung, dass ein Patent im Einspruchsverfahren einen Inhalt erhalten kann, dem der in einem parallelen Nichtigkeitsverfahren geltend gemachte Stand der Technik nicht entgegensteht, obwohl dieser zur Nichtigerklärung des Patents in seiner ursprünglich erteilten Fassung führen könnte. Die Durchführung eines Nichtigkeitsverfahrens auf derart unsicherer Grundlage kann zu einem ungerechtfertigten Verlust des Patents in seinem zu Recht erteilten Umfang führen.8)
Diese Zwecksetzung ist auch bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, zu welchem Zeitpunkt das durch ein Einspruchsverfahren begründete Klagehindernis entfällt. Eine Nichtigkeitsklage darf deshalb nur als unzulässig angesehen werden, solange noch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sich die Gefahren, deren Vermeidung § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG dient, im konkreten Fall verwirklichen können.9)
Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Verwirklichung dieser Gefahren mehr, wenn das Europäische Patentamt entschieden hat, dass das Patent mit einer geänderten Fassung seiner Ansprüche aufrechterhalten wird, und diese Entscheidung nicht mehr angefochten werden kann.10)
In einer solchen Verfahrenslage steht fest, dass das Patent in der erteilten Fassung keinen Bestand haben wird und dass weitergehende Angriffe der Einsprechenden gegen die vom Europäischen Patentamt als rechtsbeständig angesehene Fassung keinen Erfolg haben. Damit ist eine ausreichende Grundlage für die nachfolgende Beurteilung des Patents auf der Grundlage der geänderten Fassung der Patentansprüche in einem Nichtigkeitsverfahren geschaffen.11)
Das Klagehindernis fällt weg, wenn das Europäische Patentamt entschieden hat, dass das Patent mit einer geänderten Fassung seiner Ansprüche aufrechterhalten wird, und diese Entscheidung nicht mehr angefochten werden kann.12)
In dieser Konstellation ist eine Nichtigkeitsklage nur noch insoweit zulässig, als sie darauf gerichtet ist, den Rechtsbestand des Patents in weitergehendem Umfang zu beseitigen, als dies nach der bindenden Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist.13)
Wurde zumindest ein Einspruch eingelegt, ist das Einspruchsverfahren so lange anhängig, wie über den Einspruch oder bei mehreren Einsprüchen über diese noch keine abschließende Entscheidung getroffen wurde. Dies setzt zunächst den Erlass einer solchen Entscheidung voraus. Abschließend ist eine erlassene Entscheidung nur, wenn sie mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden kann; dies ist nur zu bejahen, wenn entweder ein ordentliches Rechtsmittel nicht statthaft oder die Frist eines statthaften Rechtsmittels abgelaufen ist, ohne dass ein Rechtsmittel eingelegt wurde, oder über alle eingelegten Rechtsmittel rechtskräftig entschieden wurde.14)
§§ 81 bis 85a PatG → Nichtigkeits- und Zwangslizenzverfahren
§§ 73 bis 99 PatG → Verfahren vor dem Patentgericht
PatG → Patentgesetz