Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


Seitenleiste

Anzeigen:

www.stilbetten.de



Ein Projekt von:
Dr. Martin Meggle-Freund

patentrecht:frand

finanzcheck24.de

FRAND

FRAND steht für „Fair, Reasonable, and Non-Discriminatory“ (fair, vernünftig und nicht diskriminierend). Es handelt sich um Bedingungen, die Patentinhaber einhalten müssen, wenn sie ihre standardessentiellen Patente (SEPs) lizenzieren.

Soweit der Patentinhaber mehrere unterschiedliche noch annahmefähige Angebote abgegeben hat, zum Beispiel ein Angebot betreffend eine bilaterale Lizenz an dem Portfolio des Patentinhabers und ein Angebot betreffend eine Lizenz an dem Portfolio eines Patentpools, in dem das zu lizenzierende Patent oder Portfolio des Patentinhabers mit enthalten ist, kann die auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung gerichtete Verletzungsklage nicht abgewiesen werden, wenn davon auszugehen ist, dass mindestens eines der beiden Angebote den kartellrechtlichen Anforderungen genügt. Denn der Patentinhaber ist aus kartellrechtlichen Gründen nur gehalten, dem Patentbenutzer einen Lizenzierungsweg aufzuzeigen, der den FRAND-Anforderungen genügt. Der Patentinhaber kann seinen kartellrechtlichen Verpflichtungen insbesondere durch das Angebot einer Pool-Lizenz nachkommen. Dasselbe gilt auch in Bezug auf eine vertragsrechtliche Bewertung, zum Beispiel in Bezug auf einen unter Geltung der IEEE Bylaws 2007 abgegebenen Letter of Assurance (LOA).1)

Im Fall Huawei v. ZTE hat der EuGH Vorgaben dazu gemacht, wie Patentinhaber und -nutzer im Zusammenhang mit standardessentiellen Patenten (SEPs) verfahren müssen, um kartellrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Der EuGH legt hierdurch Standards für die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts (insbesondere Art. 102 AEUV) fest.2)

Ein SEP-Inhaber muss den angeblichen Patentverletzer vor der Klageerhebung auf die behauptete Verletzung hinweisen. Dabei ist das betreffende SEP eindeutig zu benennen, und es muss dargelegt werden, auf welche Weise die Verletzung erfolgt sein soll. Nach diesem Hinweis ist der Patentinhaber verpflichtet, dem Verletzer ein schriftliches Angebot zu fairen, vernünftigen und nicht diskriminierenden Bedingungen (FRAND-Bedingungen) zu unterbreiten. Dieses Angebot muss klar die Lizenzgebühr sowie deren Berechnungsgrundlage enthalten.3)

Der angebliche Patentverletzer ist ebenfalls nicht von Pflichten befreit. Er muss auf das Angebot des SEP-Inhabers rechtzeitig und in gutem Glauben reagieren. Sollte das Angebot nicht angenommen werden, ist der Verletzer verpflichtet, ein Gegenangebot vorzulegen, das den Anforderungen der FRAND-Bedingungen entspricht. Nutzt der Verletzer das SEP weiterhin ohne Lizenzvertrag, hat er eine angemessene Sicherheit zu leisten, etwa in Form einer Bankgarantie oder einer Hinterlegung, die auch eine Abrechnung der bisherigen Benutzungshandlungen einschließt.4)

Darüber hinaus hat der Gerichtshof klargestellt, dass Klagen auf Schadensersatz oder Rechnungslegung wegen vergangener Nutzungshandlungen eines SEPs nicht als missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV anzusehen sind. Solche Klagen haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Produkte auf dem Markt und sind daher zulässig.5)

Der EuGH betonte die Notwendigkeit eines fairen Ausgleichs zwischen den Rechten des geistigen Eigentums und der Wettbewerbsfreiheit. Die Verpflichtung eines SEP-Inhabers, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu gewähren, begründet bei Dritten berechtigte Erwartungen, die das Verhalten des SEP-Inhabers maßgeblich beeinflussen. Gleichzeitig darf die Wahrung der Rechte aus geistigem Eigentum nicht so weit eingeschränkt werden, dass sie die Grundlagen eines effektiven Schutzes und der gerichtlichen Durchsetzung dieser Rechte gefährdet.6)

Die Ausführungen des Unionsgerichtshofs in Randnummern 66-67 des Urteils Huawei v. ZTE bedeuten, dass die Klageerhebung kartellrechtswidrig sein mag, weil das Angebot des Patentinhabers FRAND-Bedingungen widerspricht, der Verletzter dies im Rahmen einer Verteidigung gegen denjenigen Teil der Klage, der auf Unterlassung, Rückruf oder Vernichtung gerichtet ist aber nur dann einwenden darf, wenn er selbst ohne Verzögerungstaktik ein konkretes Gegenangebot unterbreitet hat, das FRAND-Bedingungen entspricht, sowie darüberhinausgehend im Falle von dessen Ablehnung eine angemessene Sicherheit geleistet und Auskunft über den Umfang der Benutzungshandlungen gegeben hat.

Als FRAND-Erklärung (FRAND = Fair, Reasonable and Non Discriminatory terms) bezeichnet man die Erklärung des Patentinhabers gegenüber einer Standardisierungsorganisation, jedem Interessenten zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen eine Lizenz zu erteilen.

Standard-essentielle Schutzrechte
Anti-Suit Injunction (ASI)

Der aus einem Patent in Anspruch genommene Beklagte kann gegenüber dem Unterlassungsbegehren des klagenden Patentinhabers einwenden, dieser missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit dem Beklagten einen Patentlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen [→ FRAND] abzuschließen.7)

Die Erklärung des Patentinhabers gegenüber einer Standardisierungsorganisation, jedem Interessenten zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen eine Lizenz zu erteilen, ist keine „dingliche“ Verfügung über das Patent, sondern bewirkt allenfalls schuldrechtliche Verpflichtungen im Sinne eines pactum de non petendo , die nicht dem Sukzessionsschutz nach § 15 Abs. 3 PatG unterfallen.8)

Kartellrechtliche Aspekte

Der Inhaber von standard-essentiellen Schutzrechten ist grundsätzlich nicht aus kartellrechtlichen Gründen gehindert, diese zu veräußern.9)

Die Übertragung eines Patents, für das eine FRAND-Erklärung gegenüber der Standardisierungsorganisation abgegeben worden ist, auf einen Dritten, ohne diesem dieselben (hier unterstellten) Verpflichtungen aufzuerlegen, bezweckt grundsätzlich weder eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG noch wird eine solche bewirkt.10)

Weder § 20 GWB noch Art. 102 AEUV kann eine allgemeine Verpflichtung zur Meistbegünstigung entnommen werden. Ein Schutzrechtsinhaber, der in einem Einzelfall eine Lizenz gegen eine Einmalzahlung erteilt hat, ist nicht verpflichtet, einem anderen Lizenzsucher einen Lizenzvertrag zu den gleichen Bedingungen zu gewähren, sofern die für die Bemessung von Lizenzgebühren maßgeblichen Umstände nicht gleich liegen.

Schutzlandprinzip

Die Wirkungen einer gegenüber einer Standardisierungsorganisation abgegebenen FRAND-Erklärung beurteilen sich aufgrund des Schutzlandprinzips nach dem Recht desjenigen Staates, für den das Schutzrecht erteilt ist.11)

vorvertragliche Einigung

Eine vorvertragliche Einigung erfordert, dass der Inhalt des Hauptvertrags, zu dessen Abschluss die Parteien sich verpflichten, bestimmbar ist. Die Einigung darauf, die Lizenzgebühr solle nach FRAND-Grundsätzen (fair, reasonable and non-discriminatory) bemessen sein, entspricht diesen Anforderungen jedenfalls dann nicht, wenn es um die Lizenz an einer Vielzahl von Patenten geht und im Tatsächlichen erheblicher Streit über die für die Lizenzbemessung maßgeblichen Umstände besteht.12)

siehe auch

Standardessentielle Patente
Patente, die Technologien schützen, die für die Umsetzung eines technischen Standards unerlässlich sind.

Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
Standard-essentielle Schutzrechte

1) , 2)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 18. Dezember 2024 – UPC_CFI_9/2023
3)
EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, Rs. C-170/13, Rn. 60–64
4)
EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, Rs. C-170/13, Rn. 65–67
5)
EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, Rs. C-170/13, Rn. 73–75
6)
EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, Rs. C-170/13, Rn. 42, 55, 58
7)
Leitsatz, BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06 - Orange-Book-Standard
8) , 10)
LG Mannheim Urteil vom 27.2.2009, 7 O 94/08
9) , 12)
OLG Karlsruhe Urteil vom 23.3.2011, 6 U 66/09
11)
LG Mannheim Urteil vom 18.2.2011, 7 O 100/10
patentrecht/frand.txt · Zuletzt geändert: 2024/12/20 08:22 von mfreund