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Dr. Martin Meggle-Freund

patentrecht:chirurgische_oder_therapeutische_verfahren

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Chirurgische oder therapeutische Verfahren

§ 2a (1) Nr. 2 S. 1 PatG

Patente werden nicht erteilt für Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden.

§ 2a (1) Nr. 2 3. Alt. PatG → Diagnostizierverfahren

§ 2a (2) Nr. 1 PatG → Pflanzen oder Tiere
§ 2a (2) Nr. 2 PatG → Mikrobiologische Verfahren

§ 2a (3) Nr. 1 PatG → Biologisches Material
§ 2a (3) Nr. 2 PatG → Mikrobiologisches Verfahren
§ 2a (3) Nr. 3 PatG → Im Wesentlichen biologisches Verfahren
§ 2a (3) Nr. 4 PatG → Pflanzensorte

§ 1 (3) PatG → Patentierungsausschluss

Zweck von § 5 Abs 2 Satz 1 PatG ist es, Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers als nicht gewerbliche Tätigkeit vom Patentschutz auszunehmen, um die Entscheidungsfreiheit des Arztes bei der Auswahl von Maßnahmen zur Beseitigung von Krankheiten oder von Untersuchungsmethoden zu deren Erkennung zu erhalten.1)

Therapeutische Verfahren

Therapeutische Verfahren zur Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers sind Verfahren, die dem Schutz oder der Verbesserung des menschlichen oder tierischen Lebens dienen. Sie haben die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit, die Linderung von Leiden, Schmerzen oder Beschwerden, die Beeinflussung von Funktionsstörungen oder Funktionsschwächen oder die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit zum Ziel, wobei der Erfolg in der Gegenwart wie in der Zukunft liegen kann und der Ausschluss der Patentierbarkeit sowohl eine vorbeugende als auch heilende Behandlung umfasst.2)

Verabreichung von Stoffen und Stoffgemischen

Die Verabreichung einer für die Behandlung einer bestimmten Krankheit vorgesehenen Medizin [→ Stoffe und Stoffgemische] als solche ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung des menschlichen Körpers. Sie ist nicht Element der Herrichtung eines Stoffes zur Verwendung bei der Behandlung einer Krankheit.3)

Motivation

Die öffentliche Gesundheit ist ein wesentlicher Bestandteil des Gemeinwohls, das der Staat zu verwirklichen hat. Dem entspricht der längst zur Selbstverständlichkeit gewordene, inzwischen aber auch ausdrücklich gesetzlich festgelegte Grundsatz, dass der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist. Zum Berufsbild des Arztes gehört es, dass er seinen Beruf nicht unter gewerblichen Gesichtspunkten, insbesondere dem des Strebens nach Gewinn, ausübt. Er soll sich vielmehr seines besonderen Standesethos und seiner Verpflichtung gegenüber der menschlichen Gesundheit ohne Rücksicht auf materiellen Gewinn bewusst sein. Hieraus folgt: Der Satz, dass der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist, findet ebenso wie der Satz, dass Heilverfahren nicht patentierbar sind, in gleicher Weise seine sozialethische Begründung in den der ärztlichen Tätigkeit zugewiesenen besonderen Aufgaben, die als Dienst an der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes gekennzeichnet werden (§ 1 Abs. 1 der Bundesärzteordnung). Erfindungen, welche Heilverfahren zum Gegenstand haben, sind danach mangels gewerblicher Verwertbarkeit vom Patentschutz schlechthin ausgeschlossen. Die menschliche Gesundheit und die zu ihrer Erhaltung den Ärzten auferlegten Aufgaben bilden die gemeinsame sozialethische Begründung dafür, daß der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist, und zugleich dafür, dass der Arzt auch in der Anwendung von Heilverfahren grundsätzlich frei sein muss. Aus der Bestimmung des § 1 Abs. 1 PatG folgt dann aber als gesetzliche Regelung, dass medizinische Heilverfahren mangels gewerblicher Verwertbarkeit nicht patentierbar sind.4)

⇒ Die ärztliche Tätigkeit an Mensch und Tier soll von der Monopolwirkung des Patents ausgenommen werden.

Verfahren zur Bildunterstützung

Art. 53 lit. c EPÜ verbietet die Patentierung von chirurgischen Verfahren, nicht aber die Patentierung von Verfahren, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines solchen Verfahrens verwendet werden können. Die Große Beschwerdekammer hat deshalb angenommen, dass etwa ein Bildgebungsverfahren, welches einen Chirurgen in den Stand versetzt, während eines operativen Eingriffs aufgrund der von dem Verfahren gelieferten Bilddaten zu entscheiden, welche Maßnahmen er zur Weiterführung des chirurgischen Eingriffs ergreift, nicht vom Patentierungsaus-schluss umfasst ist. Diese Auffassung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts teilt der Bundesgerichtshof.5)

Ein Verfahren zur Bildunterstützung bei der gezielten Navigation eines in ein Hohlraumorgan des menschlichen oder tierischen Körpers invasiv eingeführten Katheters an einen pathologischen Ort im Hohlraumorgan unterfällt nicht dem Patentierungsausschluss für Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers, weil dieser nicht die Patentierung von Verfahren einschließt, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines chirurgischen Verfahrens verwendet werden können.6)

Vorrichtungen

§ 2a (1) Nr. 2 S. 2 PatG

Dies gilt nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren.

Das Skalpell für die nicht patentierbare Schnittführung (therapeutisches Verfahren) ist gewerblich anwendbar.

siehe auch

siehe auch

§§ 1 bis 25 PatG → Das Patent
PatG → Patentgesetz

1)
BPatG, Beschl. v. 18. Januar 2007 - 21 W (pat) 17/05; m.V.a. BGH GRUR 2001, 321, 323 - „Endoprotheseeinsatz“
2)
BPatG, Beschl. v. 18. Januar 2007 - 21 W (pat) 17/05; m.V.a. Benkard PatG, 10. Aufl., § 5 Rdn. 29 m. w. H. und Schulte PatG, 7. Aufl., § 5 Rdn. 31
3)
BGH, Urt. vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01 - Carvedilol II; Abgrenzung zu BGHZ 88, 209, 217 - Hydropyridin
4)
BGH GRUR 1968, 142 'Glatzenoperation'
5)
BGH, Beschluss vom 31. August 2010 - X ZB 9/09 - Bildunterstützung bei Katheternavigation; m.V.a. Entscheidung vom 15. Februar 2010 - G 1/07, Gliederungspunkt 5
6)
BGH, Beschluss vom 31. August 2010 - X ZB 9/09 - Bildunterstützung bei Katheternavigation; m.V.a. EPA, Große Beschwerdekammer, Entscheidung vom 15. Februar 2010 - G 1/07, Gliederungspunkt 5
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