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Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2 a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren [→ Chirurgische oder therapeutische Verfahren] bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.
§ 3 (1) S. 1 PatG → Neuheit
§ 3 (1) S. 2 PatG → Stand der Technik
§ 3 (2) PatG → Nachveröffentlichte Patentanmeldungen
§ 3 (4) PatG → Zweite medizinische Indikation
§ 3 (5) Satz 1 Nr. 1 PatG → Neuheitsschonfrist bei offensichtlichem Mißbrauch
§ 3 (5) Satz 2 und 3 PatG → Neuheitsschonfrist für Ausstellungen
Für einen neuen Stoff, der die übrigen Patentierungsvoraussetzungen erfüllt, wird absoluter Stoffschutz gewärt. Der absolute Stoffschutz umfaßt alle Herstellungsarten und alle gewerblichen (eventuell auch später erkannten) medizinischen und nicht-medizinischen Verwendungen des Stoffes.
Für medizinische Anwendungen eines bekannten Stoffes wird zweckgebundener Stoffschutz gewährt. Zu unterscheiden sind die erste medizinische Indikation und weitere medizinische Indikationenen, die als zweite medizinische Indikation bezeichnet werden. Der Anspruch auf die erste medizinische Indikation steht demjenigen zu, der als erster eine medizinische Anwendung eines Stoffes gefunden hat. Der Stoff selbst kann dabei schon bekannt sein. Der medizinische Zweitindikationsanspruch steht demjenigen zu, der eine zweite (oder weitere) nicht naheliegende medizinische Indikation eines Stoffes gefunden hat.
Der Zweckgebundene Stoffschutz beschränkt sich allerdings auf die „augenfällige Herrichtung“ des Stoffes und umfaßt nicht die Verwendung des Stoffes zu therapeutischen Zwecken.
Die Verabreichung einer für die Behandlung einer bestimmten Krankheit vorgesehenen Medizin [→ Stoffe und Stoffgemische] als solche ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung des menschlichen Körpers. Sie ist nicht Element der Herrichtung eines Stoffes zur Verwendung bei der Behandlung einer Krankheit [→ augenfällige Herrichtung].1)
Neben den medizinischen Indikationen sind auch neue nichtmedizinische Verwendungen patentfähig. Die Verwendung eines bekannten Stoffs auf einem anderen Gebiet wird als Übertragungserfindung bezeichnet.
Ein Verwendungsanspruch mit 1. oder 2. medizinischer Indikation wird durch jeden Arzt (schwer verklagbar, da viel zu viele Beklagte), aber auch bereits durch das (typischerweise beim Hersteller) erfolgende „augenfällige Herrichten“ des Stoffes (nicht erst die eigentlich geschützte zweckgebundene Verwendung) verletzt.
BGH GRUR 1987, 794 'Antivirusmittel':
1. Dem „zweckgebundenen Stoffschutz“ wohnt ein finales Element, nämlich eine bestimmte Zweckverwirklichung, inne, das einen wesentlichen Bestandteil der durch einen Mittelanspruch unter Schutz gestellten Erfindung bildet. Wird dieser Zweck weder angestrebt noch zielgerichtet erreicht, sondern ein anderer als der im Patentanspruch genannte Zweck verwirklicht, so scheidet eine Benutzung des Patentgegenstandes aus.
2. Zur Frage des Schutzbereichs eines Mittelanspruchs, dessen Lehre auf die Anwendung des Mittels für einen bestimmten Zweck beschränkt ist.
Werden erteilte Ansprüche, die auf „einen Stoff“ und „ein diesen Stoff enthaltendes Stoffgemisch“ gerichtet sind, so geändert, dass die geänderten Ansprüche auf die „Verwendung dieses Stoffes in einem Stoffgemisch“ für einen bestimmten Zweck gerichtet sind, so ist dies nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.2)
Eine die Neuheit eines Stoffes ausschließende Offenbarung ist bereits dann gegeben, wenn ein bestimmtes, dem Fachmann zugängliches Material benannt wird, das alle beanspruchten Merkmale aufweist. Eine wissenschaftliche Begründung dafür, weshalb der Einsatz eines solchen Materials den patentgemä-ßen Erfolg eintreten lässt, ist nicht erforderlich.
Ein zusätzlicher, wenn auch unerwarteter und überraschender Effekt vermag die erfinderische Leistung einer Kombination bekannter Stoffe nicht zu begründen, wenn die Bereitstellung der Kombination dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war und ihm ein Weg zur Verfügung stand, die Kombination tatsächlich in die Hand zu bekommen.3)
§§ 1 bis 25 PatG → Das Patent
PatG → Patentgesetz
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