Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.
§ 8 (1) MarkenG → Graphische Darstellbarkeit
§ 8 (2) MarkenG → Von der Eintragung ausgeschlossene Marken
§ 8 (4) MarkenG → Absolute Schutzhindernisse
§ 4 Nr. 2 MarkenG → Verkehrsgeltung
→ Feststellung der Verkehrsdurchsetzung
→ Verkehrsdurchsetzungsgrad
→ Zuordnungsgrad
→ Einhellige Verkehrsdurchsetzung
→ Benutzung als Teil einer komplexen Kennzeichnung
→ Zeitrangverschiebung bei Verkehrsdurchsetzung nach Anmeldung der Marke
→ Nachträgliches Entfallen der Verkehrsdurchsetzung
→ Verbraucherbefragung
→ Gutachten zur Verkehrsdurchsetzung
→ Fürsorgliches Vorbringen zur Verkehrsdurchsetzung
→ Verkehrsdurchsetzung einer Farbmarke
→ Verkehrsdurchsetzung im Löschungsverfahren
→ Verkehrsdurchsetzung eines Werktitels
Die Eintragung einer Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung setzt voraus, dass das Zeichen infolge seiner kennzeichenmäßigen Verwendung für die fraglichen Waren und Dienstleistungen von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt wird [→ Herkunftsfunktion].1)
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 3 Abs. 3 Markenrichtlinie2) - der im deutschen Recht, unbeschadet der sprachlich leicht abweichenden Fassung, § 8 Abs. 3 MarkenG entspricht - ist Voraussetzung für eine durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft (d. h. eine Verkehrsdurchsetzung), dass ein wesentlicher Teil des angesprochenen Verkehrs die Marke mit einem konkreten Marktteilnehmer und mit keinem anderen Unternehmen in Verbindung bringt.3)
Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden.4)
Zu berücksichtigen sind weiter der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden.5)
Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, verbietet es das Unionsrecht nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen, die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist, wobei – sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen – die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden darf.6)
Die Verkehrsbefragung ist dabei nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung.7) Die Verkehrsdurchsetzung kann im Einzelfall ohne Verkehrsbefragung festgestellt werden .8)
Der Markenschutz, den die Eintragung kraft Verkehrsdurchsetzung dem Markeninhaber vermittelt, ist nicht schwächer als der einer Marke, die aufgrund originärer Kennzeichnungskraft eingetragen worden ist. Insbesondere droht der wegen Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke nicht die Löschung, wenn nachträglich die Voraussetzungen für eine Eintragung als durchgesetztes Zeichen entfallen sind.9)
Soweit eine Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG geltend gemacht wird, unterliegen die tatsächlichen Umstände dem Beibringungs- und nicht dem Untersuchungsgrundsatz. Die aktuelle Verfahrensweise, wonach Gutachten zur Verkehrsdurchsetzung regelmäßig durch die Anmelder bzw. Markeninhaber erholt werden, ist auch im Rahmen des Beibringungsgrundsatzes nicht vorgesehen. Diese Praxis birgt strukturelle Risiken in Form einer Einflussnahme der Auftraggeber auf die Gutachter. Solche Risiken werden durch eine ZPO-konforme Vorgehensweise nach §§ 404, 404 a ZPO vermieden.10)
Dem Markeninhaber obliegt im Löschungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die von ihm behauptete Verkehrsdurchsetzung zum Anmeldezeitpunkt auch dann, wenn die angegriffene Marke aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden ist11). Dies ergibt sich aus Normstruktur der maßgeblichen Vorschriften § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 und § 8 Abs. 3 MarkenG und dem allgemein anerkannten Beweislastgrundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihm günstigen Norm trägt.12)
Ein Zuordnungsgrad von über 50%, der bei einer abstrakten Farbmarke für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG im Regelfall ausreicht, genügt erst recht für die Annahme einer Verkehrsgeltung innerhalb beteiligter Verkehrskreise gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG [→ Entstehung des Markenschutzes].13)
Der Senat hat seine Rechtsprechung, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Verfalls die Klagepartei und nicht den Inhaber der angegriffenen Marke trifft, im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgegeben.14)
Danach obliegt es grundsätzlich dem Inhaber der streitigen Marke, die Gegenstand eines Antrags auf Erklärung des Verfalls ist, die ernsthafte Benutzung dieser Marke nachzuweisen. Dieser ist am besten in der Lage, den Beweis für die konkreten Handlungen zu erbringen, die das Vorbringen zu stützen vermögen, dass seine Marke ernsthaft benutzt worden sei.15)
Nichts anderes kann für die Frage gelten, wer im Anmeldeverfahren oder im Löschungsverfahren die Feststellungslast dafür trägt, dass sich das in Rede stehende Zeichen im Verkehr infolge Benutzung durchgesetzt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass der Markenanmelder die Tatsache nachzuweisen hat, dass eine Marke Unterscheidungskraft infolge Benutzung erworben hat, weil es sich dabei sowohl im Rahmen eines Anmeldeverfahrens als auch im Rahmen eines Löschungsverfahrens um eine Ausnahme von den Eintragungshindernissen handelt. Der Inhaber der streitigen Marke ist am besten in der Lage, den Beweis für die konkreten Handlungen zu erbringen, die das Vorbringen zu stützen vermögen, dass seine Marke aufgrund ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe. Dies gilt insbesondere für die zum Nachweis einer solchen Benutzung geeigneten Gesichtspunkte wie Intensität, Umfang und Dauer der Benutzung dieser Marke sowie der für sie betriebene Werbeaufwand.16)
§§ 7 - 13 MarkenG → Voraussetzungen für den Schutz von Marken durch Eintragung
§ 4 Nr. 2 MarkenG → Verkehrsgeltung