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verfahrensrecht:auskunftsrechte_des_gerichtsvollziehers

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Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers

§802l ZPO

(1) Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher

1. bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben;

2. das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 Abgabenordnung);

3. beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, erheben.

Die Erhebung oder das Ersuchen ist nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist und die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 Euro betragen; Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen sind bei der Berechnung nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind.

(2) Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher unverzüglich zu löschen oder zu sperren. Die Löschung ist zu protokollieren.

(3) Über das Ergebnis einer Erhebung oder eines Ersuchens nach Absatz 1 setzt der Gerichtsvollzieher den Gläubiger unter Beachtung des Absatzes 2 unverzüglich und den Schuldner innerhalb von vier Wochen nach Erhalt in Kenntnis. § 802d Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 gilt entsprechend.

Durch die Voraussetzung des § 802l Abs. 1 Satz 2 ZPO soll ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung vermieden werden. Eine Drittauskunft ist so lange erforderlich, wie nicht aus den Angaben des Schuldners oder anderen offensichtlichen Umständen deutlich wird, dass die Drittauskünfte keine Erkenntnisse für die Zwangsvollstreckung des Gläubigers erbringen können.1)

Wurden die Drittauskünfte nach einer Vermögensauskunft eingeholt, so ist es erst erforderlich, sie ein weiteres Mal zu erheben, wenn der Gläubiger konkrete Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners glaubhaft macht oder wenn er eine erneute Vermögensauskunft (§ 802d ZPO) abgegeben hat.

Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, ist der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 1 ZPO dazu verpflichtet, die vom Gläubiger begehrten Drittauskünfte einzuholen.2)

Gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben. Außerdem darf der Gerichtsvollzieher gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, gemäß § 93 Abs. 8 AO bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten abzurufen. Die Erhebung und das Ersuchen sind nach § 802l Abs. 1 Satz 2 ZPO nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist. Die in § 802l Abs. 1 Satz 2 ZPO in der vom 1. Januar 2013 bis zum 25. November 2016 gültigen Fassung vorgesehene Wertgrenze, nach der die Erhebung von Auskünften nach § 802l Abs. 1 ZPO nur zulässig war, soweit die zu vollstreckenden Ansprüche - unter Außerachtlassung der Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen - mindestens 500 € betragen, ist mit der am 26. November 2016 in Kraft getretenen Änderung des § 802l ZPO ohne Übergangsregelung entfallen.3)

Der Gerichtsvollzieher hat dem Gläubiger gemäß § 802l Abs. 3 Satz 1 ZPO die nach § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO beim Bundeszentralamt für Steuern eingeholte Auskunft zu Konten Dritter, über die der Schuldner verfügungsberechtigt ist, in der Weise zu erteilen, dass Name und, soweit in der Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern aufgeführt, Anschrift, Kontonummer und die Bank, bei der das Konto unterhalten wird, sowie der Zeitpunkt der Kontoeröffnung offengelegt werden, soweit diese Daten für die Zwecke der Vollstreckung erforderlich sind.4)

Die in § 802l Abs. 3 Satz 1 ZPO geregelte Pflicht, den Schuldner innerhalb von vier Wochen über das Ergebnis des Ersuchens im Sinne von § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Kenntnis zu setzen, ist verfassungskonform entsprechend zugunsten des Dritten anzuwenden.5)

siehe auch

Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers

§ 802l der Zivilprozessordnung (ZPO) regelt die Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Zwangsvollstreckung.

§ 802l (1) ZPO → Erlaubte Maßnahmen zur Auskunftserhebung durch den Gerichtsvollzieher
Erlaubt dem Gerichtsvollzieher, bestimmte Auskünfte bei verschiedenen Institutionen einzuholen, wenn dies zur Vollstreckung erforderlich ist.

§ 802l (2) ZPO → Löschung nicht erforderlicher Daten
Verpflichtet den Gerichtsvollzieher, Daten, die nicht für die Vollstreckung benötigt werden, zu löschen oder deren Verarbeitung einzuschränken.

§ 802l (3) ZPO → Mitteilungspflichten des Gerichtsvollziehers
Regelt die Mitteilungspflichten des Gerichtsvollziehers gegenüber Gläubiger und Schuldner über die erhobenen Daten.

§ 802l (4) ZPO → Datenübermittlung an weitere Gläubiger
Erlaubt dem Gerichtsvollzieher, erhobene Daten auch an weitere Gläubiger zu übermitteln, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 802l (5) ZPO → Informationspflicht bei Datenübermittlung
Verpflichtet den Gerichtsvollzieher, den Schuldner über die Datenübermittlung an weitere Gläubiger zu informieren.

siehe auch

ZPO, Buch 8, Abschnitt 2, Titel 1 → Allgemeine Vorschriften
Regelt die allgemeinen Vorschriften zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, einschließlich der Befugnisse des Gerichtsvollziehers und der Voraussetzungen für Vollstreckungsmaßnahmen.

1)
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 78/16; m.V.a. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 - I ZB 77/14, NJW 2015, 2509 Rn. 17). Drittauskünfte gemäß § 802l ZPO sind nach Abgabe einer Vermögensauskunft nicht nur einzuholen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat und durch die Drittauskünfte neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Sie sind erst dann nicht erforderlich, wenn aus den Angaben des Schuldners oder anderen offensichtlichen Umständen deutlich wird, dass die Drittauskünfte zu keiner auch nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers führen können.((BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 - I ZB 77/14
2)
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 78/16; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 - I ZB 77/14
3)
BGH, Beschluss vom 16. Mai 2019 - I ZB 79/18 ; m.V.a. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZB 17/14, DGVZ 2017, 174 [juris Rn. 5]
4) , 5)
BGH, Beschluss vom 24. März 2022 - I ZB 55/21
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