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markenrecht:sittenwidrige_markenanmeldung

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Sittenwidrige Markenanmeldung

§ 8 (2) Nr. 5 MarkenG

Von der Eintragung ausgeschlossen [→ Schutzhindernisse] sind Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen [→ Sittenwidrige Markenanmeldung],

§ 8 (2) MarkenGVon der Eintragung ausgeschlossene Marken:
§ 8 (2) Nr. 1 MarkenG → Unterscheidungskraft
§ 8 (2) Nr. 2 MarkenG → Freihaltebedürfnis
§ 8 (2) Nr. 4 MarkenG → Täuschungsgefahr
§ 8 (2) Nr. 9 MarkenG → Markenanmeldung entgegen öffentliches Interesse
§ 8 (2) Nr. 10 MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung

§ 8 (1) MarkenG → Graphische Darstellbarkeit
§ 8 (3) MarkenG → Verkehrsdurchsetzung
§ 8 (4) MarkenG → Absolute Schutzhindernisse

Gegen die guten Sitten verstoßen solche Marken, die das Empfinden eines beachtlichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu verletzen geeignet sind, indem sie sittlich, politisch oder religiös anstößig wirken, und nicht mehr nur geschmacklos sind1). Maßgeblich ist insoweit die Auffassung der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der maßgeblichen Waren und Dienstleistungen2) in ihrer Gesamtheit, wobei weder eine übertrieben laxe noch eine besonders feinfühlige Ansicht entscheidend ist.3)

Nach Rechtsprechung des BPatG hat ein Dienstleister, der aufgrund eines gesetzlichen Verbotes nicht befugt ist, seine Dienstleistungen anzubieten, keinen Anspruch auf eine Marke für diese Dienstleistungen.

Anders im Gemeinschaftsmarkenrecht:

Aus einer Gesamtschau der verschiedenen Unterabsätze des Artikels 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt sich, dass diese sich auf Eigenschaften beziehen, die die angemeldete Marke selbst besitzt, und nicht auf Umstände, die das Verhalten des Anmelders betreffen. Dass die Markenanmelderin nicht befugt ist, die streitigen Dienstleistungen anzubieten und zu bewerben, kann nicht als Umstand angesehen werden, der sich im Sinne der genannten Auslegung auf Eigenschaften bezieht, die die Marke selbst besitzt. Dieser Umstand kann folglich nicht dazu führen, dass die Marke selbst gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt. 4)

Das Deutsche Patent- und Markenamt kann nach § 33 (3) S. 2 MarkenG von einer Veröffentlichung [§ 33 (3) S. 2 MarkenG → Veröffentlichung der Anmeldung] absehen, soweit die Anmeldung eine Marke betrifft, die offensichtlich gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt.

Politischen oder gesellschaftliche Anstößigkeit

Wenngleich bei der Annahme einer politischen oder gesellschaftlichen Anstößigkeit zunehmend Zurückhaltung geboten ist, weil der Durchschnittsverbraucher in der modernen Werbung immer häufiger damit konfrontiert wird, dass Waren und Dienstleistungen mit Kennzeichnungen versehen werden, die negative oder anrüchige Bedeutungsgehalte aufweisen5), bleiben auch vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen Entwicklung von einer Eintragung als Marke nach Überzeugung des Senats jedenfalls weiterhin solche Zeichen und Angaben ausgeschlossen, die das politische Empfinden eines rechtserheblichen Teils der Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen in erheblicher und unerträglicher Weise verletzen.6)

Reichweite der Prüfung

Ein Fall eines ersichtlichen Verstoßes gegen die guten Sitten ist nicht nur dann anzunehmen, wenn zur Feststellung eines solchen Verstoßes keinerlei Prüfungs- oder Recherchetätigkeit erforderlich ist, sondern ein ersichtlicher Sittenverstoß auch vorliegt, wenn dieser von der Markenstelle unter Zuhilfe-nahme ihres Allgemein- und Fachwissens, des vorhandenen Prüfungs- und Recherchematerials und etwaiger Auskünfte der üblichen Informationsquellen ohne weiteres erkennbar ist.7)

Beispiele

Die Eintragung des aus dem Staatswappen der ehemaligen DDR und dem dieses Wappen umgebenden Schriftzug „FÜR DEN SCHUTZ DER ARBEITER UND BAUERN MACHT“ be-stehenden, von den Sicherheitskräften der ehemaligen DDR anlässlich von Auszeichnungen als Medaille bzw. Orden benutzten Wort-Bild-Symbols ist gemäß § 50 Abs. 3 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG von Amts wegen zu löschen, weil seine Eintragung von einem beacht-lichen Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher als politisch anstößig empfunden wird und ersichtlich gegen die guten Sitten verstößt.8)

siehe auch

1)
BGH GRUR 1964, 136, 137 – Schweizer; GRUR 1995, 592, 593 f. - Busengrapscher
2)
EuGH GRUR 2004, 943, 944, Nr. 24 – SAT.2; BPatGE 46, 66, 70 – Dalailama
3) , 7)
BPatG, Entsch. v. 17. Juli 2008 - 26 W (pat) 69/05; m.w.N.
4)
EuG Urt. v. 13. September 2005, Rechtssache T‑140/02 - INTERTOPS m.w.N.
5)
BPatG GRUR 1996, 408, 409 – COSA NOSTRA; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 42/92 – KGB
6) , 8)
BPatG, Entsch. v. 17. Juli 2008 - 26 W (pat) 69/05
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