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internetrecht:haftung_einer_online-handelsplattform

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Haftung einer Online-Handelsplattform

Die Haftung einer Online-Handelsplattform bezieht sich auf die rechtliche Verantwortung, die ein Plattformbetreiber für die Aktivitäten und Inhalte trägt, die von Nutzern auf seiner Plattform veröffentlicht werden. Dazu gehören etwa Produktangebote, Kundenbewertungen oder hochgeladene Inhalte, die Rechte Dritter, wie Marken- oder Urheberrechte, verletzen könnten. Grundsätzlich haften Plattformen nicht direkt für rechtswidrige Inhalte, die ohne ihre Kenntnis von Nutzern eingestellt werden. Sie sind in der Regel nicht verpflichtet, alle Inhalte aktiv zu überwachen. Allerdings kann die Plattform dazu verpflichtet werden, Maßnahmen wie Filtersoftware einzusetzen, wenn es konkrete Hinweise auf rechtswidrige Inhalte gibt.

Die Wettbewerbsrechtliche Haftung einer Online-Handelsplattform für Kundenbewertungen bezieht sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang der Plattformbetreiber für irreführende oder falsche Bewertungen verantwortlich gemacht werden kann.

Die urheberrechtliche Haftung von Online-Marktplätzen betrifft die Verantwortung des Plattformbetreibers für Inhalte, die Nutzer hochladen und die möglicherweise Urheberrechte verletzen. Die unionsrechtlichen Grundsätze der Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke1) sind auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar.2) In der Regel haftet der Betreiber nicht unmittelbar für solche Inhalte, solange er keine Kenntnis von Verstößen hat und keine eigene Kontrolle darüber ausübt. Er kann jedoch verpflichtet sein, rechtswidrige Inhalte nach Hinweis umgehend zu entfernen und technische Maßnahmen einzusetzen, um weitere Urheberrechtsverletzungen zu verhindern.

Der Betreiber eines Internetmarktplatzes haftet regelmäßig nicht nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 1 UWG als Täter oder Teilnehmer, wenn in Angeboten mit Formulierungen „ähnlich“ oder „wie“ auf Marken eines Markeninhabers Bezug genommen wird.3)

Mittäterhaftung

Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr erlegen die Mitgliedstaaten Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.4)

Ausge-schlossen sind danach Überwachungspflichten allgemeiner Art (vgl. auch Er-wägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG). Dagegen kann von Diensteanbietern, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, verlangt werden, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um be-stimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie).5)

Dementsprechend sieht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, der Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG umsetzt, vor, dass Diensteanbieter i.S. der §§ 8 bis 10 TMG nicht zu Überwachungs- und Nachforschungsmaßnahmen nach Umständen verpflichtet sind, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach der Senatsrechtsprechung dürfen der Beklagten, die zu den Diensteanbietern in diesem Sinn zählt (vgl. BGHZ 158, 236, 246 f. - Internet-Versteigerung I), danach keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren.6)

Rechtlich nicht erforderlich ist eine Überprüfung, bei der Markenverletzungen nicht durch zumutbare Filterverfahren und eine eventuell anschließende manuelle Kontrolle der dadurch ermittelten Treffer erkennbar sind.7)

Dazu muss der Beklagten im Hinblick auf die große Zahl von Angebo-ten auf ihrer Internetplattform eine Filtersoftware zur Verfügung stehen, die Verdachtsfälle aufspüren kann.8)

Nach diesen Maßstäben nicht mehr zumutbar sind Kontrollmaßnah-men, bei denen durch die Filtersoftware Verdachtsfälle von Markenverletzungen nicht aufgespürt werden können, sondern jedes Angebot, das die Klagemarken enthält, einer manuellen Kontrolle unterzogen werden muss. Von einer solchen Notwendigkeit ist vorliegend jedoch auszugehen.9)

Prüfungspflichten im Rahmen der Störerhaftung

Soweit die Dritten nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, scheidet eine Prüfungspflicht von vornherein aus, weil die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sein kann, private Angebote, bei denen eine Verletzung der Klagemarken von vornherein ausscheidet, von ihrer Internetplattform zu entfernen. Eine solche Verpflichtung lässt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht mit der Dogmatik der Unterlassungsdelikte begründen. Eine Rechtspflicht zum Handeln, gegen die hier verstoßen sein könnte, kann nicht darauf gerichtet sein, ein markenrechtlich unbedenkliches Verhalten zu unterbinden. 10)

Aber auch soweit die Dritten im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, besteht keine Prüfungspflicht der Beklagten in dem durch den Verbotsantrag zu a vorgegebenen Umfang. Der Beklagten ist eine manuelle Prüfung sämtlicher Angebote, die die Klagemarken enthalten, durch Bildvergleich nicht zumutbar (hierzu II 1 c bb (8)). Eine Haftung in dem von der Klägerin mit dem Unterlassungsantrag zu a verfolgten Umfang scheidet daher auch nach den Grundsätzen der Störerhaftung aus.

Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomati-schen Verfahren einzustellen, ist nicht verpflichtet, sämtliche Verkaufsange-bote, die die Marken eines Markeninhabers anführen, einer manuellen Bild-kontrolle darauf zu unterziehen, ob unter den Marken von den Originaler-zeugnissen abweichende Produkte angeboten werden.11)

Prüfungspflichten einer Online-Handelsplattform

siehe auch

1)
vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 = WRP 2021, 1019 - YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] - uploaded II; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] - Youtube II
2)
BGH, Entscheidung vom 23.10.2024 - I ZR 112/23- Manhattan Bridge
3) , 4) , 5) , 8) , 9) , 10) , 11)
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet
6)
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet; m.V.a. vgl. BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; 172, 119 Tz. 47 - Internet-Versteigerung II; 173, 188 Tz. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay
7)
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet; m.V.a. BGH GRUR 2008, 702 Tz. 53 - Internet-Versteigerung III
internetrecht/haftung_einer_online-handelsplattform.txt · Zuletzt geändert: 2024/11/04 10:18 von mfreund