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internetrecht:pruefungspflichten_einer_online-handelsplattform

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Prüfungspflichten einer Online-Handelsplattform

Haftung einer Online-Handelsplattform

Nach den Maßstäben der Prüfungspflichten ist es der Beklagten als Betreiberin einer Internethandelsplattform grundsätzlich nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen 1).

Wird sie allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss sie nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.2)

Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren einzustellen, ist nicht verpflichtet, sämtliche Verkaufsangebote, die die Marken eines Markeninhabers anführen, einer manuellen Bildkontrolle darauf zu unterziehen, ob unter den Marken von den Originalerzeugnissen abweichende Produkte angeboten werden.3)

Einem Unternehmen, das im Internet eine Online-Handelsplattform für Verkäufe Dritter betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen.4)

Eine solche Obliegenheit würde das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen und mit dem sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG ergebenden Verbot proaktiver Überwachungspflichten kollidieren.5)

Andererseits ist zu bedenken, dass der Betreiberin der Online-Handelsplattform durch ihr geschuldete Entgelte und Provisionen an dem Verkauf urheberrechtsverletzender Waren beteiligt ist. Unter diesen Umständen kommt dem Interesse der Beklagten an einem möglichst kostengünstigen und reibungslosen Ablauf ihres Geschäftsbetriebs ein geringeres Gewicht zu als beispielsweise dem Interesse der Registrierungsstelle für Domainnamen an einer möglichst schnellen und preiswerten Domainvergabe.6)

Die Beklagte müsse daher – wenn sie Kenntnis von einem konkreten jugendgefährdenden Angebot erlangt habe – nicht nur dieses konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen komme. Sie müsse deshalb verhindern, dass die ihr konkret benannten jugendgefährdenden Medien von anderen Verkäufern erneut auf ihrer Plattform angeboten würden. Als gleichartig (und damit von der Prüfungspflicht der Beklagten erfasst) kämen darüber hinaus auch solche Angebote in Betracht, bei denen derselbe Versteigerer nach Kategorie und Medium entsprechende indizierte Werke anbiete. In Übereinstimmung mit seiner markenrechtlichen Rechtsprechung hat der BGH jedoch betont, dass die Beklagte keine unzumutbaren Prüfungspflichten treffen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Eine Verpflichtung zur Sperrung von Auktionsangeboten besteht zudem nur insoweit, als nicht durch ein wirksames Altersverifikationssystem sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.7)

Wird der Betreiber einer Internet-Auktionsplattform wegen Verletzung eines Kennzeichen- oder Namensrecht nach den Grundsätzen der Entscheidung „Internet-Versteigerung I“ (BGHZ 158, 236) als Störer in Anspruch genommen, trifft den Gläubiger grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es dem Betreiber technisch möglich und zumutbar war, nach dem ersten Hinweis auf eine Verletzung des Schutzrechts weitere von Nutzern der Plattform begangene Verletzungen zu verhindern. Da der Gläubiger regelmäßig über entsprechende Kenntnisse nicht verfügt, trifft den Betreiber die sekundäre Darlegungslast; ihm obliegt es daher, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind.8)

Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt eine aktive Rolle, die ihm Kenntnis von bestimmten Daten oder Kontrolle über sie verschaffen konnte, wird er hinsichtlich dieser Daten nicht vom Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr erfasst9). Insoweit kann er sich auch nicht auf das Haftungsprivileg der Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 und des § 7 Abs. 2 TMG berufen10).11)

Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren einzustellen, kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er Anzeigen im Internet geschaltet hat, die über einen elektronischen Verweis zu Angebotslisten führen, in denen auch die Marken der Klägerin verletzende Angebote enthalten sind.12)

Beschränkt der Markeninhaber den gegen den Marktplatzbetreiber wegen markenrechtsverletzender Verkaufsangebote Dritter gerichteten Unterlassungsanspruch nicht auf die konkrete Verletzungsform, hat er auch vorzutragen, dass die von ihm im Klageantrag genannten abstrakten Kriterien es dem Marktplatzbetreiber ermöglichen, problemlos und zweifelsfrei festzustellen, ob ein Handeln des Anbieters im geschäftlichen Verkehr vorliegt.13)

Stellt der Betreiber eines Internetmarktplatzes dem Nutzer eine Funktion zur automatischen Unterrichtung über neue Angebote durch E-Mails zur Verfügung, löst dies keine gesteigerten Überwachungspflichten aus.14)

siehe auch

Prüfungspflichten (Privatrecht)
Störerhaftung (Privatrecht)

1)
BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11 - Kinderhochstühle im Internet II; m.V.a. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff. und 139 - L'Oréal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; für einen Internetserviceprovider EuGH, Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, GRUR 2012, 265 Rn. 47 bis 54 - Scarlet/SABAM; für den Betreiber eines sozialen Netzwerks EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 33 = WRP 2012, 429 - Netlog/SABAM
2)
BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11 - Kinderhochstühle im Internet II; m.V.a BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 51 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III; BGHZ 191, 19 Rn. 21 f. - Stiftparfüm; vgl. auch EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 119 und Rn. 141 bis 143 - L'Oréal/eBay
3)
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - Kinderhochstühle im Internet
4)
OLG München, Urteil vom 21.09.2006 - 29 U 2119/06; m.V.a. BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung
5)
OLG München, Urteil vom 21.09.2006 - 29 U 2119/06; m.V.a. BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung und Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 8 TDG, Rdn. 11
6)
OLG München, Urteil vom 21.09.2006 - 29 U 2119/06; m.V.a. BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung
7)
BGH, Urteil vom 12.7.2007 - I ZR 18/04
8)
BGH, I ZR 227/05, Entscheidung vom 10.04.2008 - Namensklau im Internet
9)
vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 113 und 116 - L'Oréal/eBay
10)
BGHZ 191, 19 Rn. 23 - Stiftparfüm
11)
BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11 - Kinderhochstühle im Internet II
12) , 13) , 14)
BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12 - Kinderhochstühle im Internet III
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