§ 62 (1) ZPO → Vertretungsfiktion in der Streitgenossenschaft
§ 62 (2) ZPO → Hinzuziehen der säumigen Streitgenossen
→ Patentinhaber als notwendige Streitgenossen
→ Gemeinsame Patentnichtigkeitsklage
Notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO besteht, wenn das Rechtsverhältnis aus prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann.1)
Eine prozessual begründete notwendige Streitgenossenschaft liegt etwa vor, wenn gesetzliche Vorschriften die Rechtskraft des gegenüber dem einen Streitgenossen ergangenen Urteils auf den anderen Streitgenossen erstrecken.2)
Eine Streitgenossenschaft ist materiell-rechtlich eine notwendige, wenn ein Recht aus materiell-rechtlichen Gründen nur von mehreren Berechtigten oder gegen mehrere Verpflichtete gemeinsam ausgeübt werden darf, die Klage also wegen fehlender Prozessführungsbefugnis abgewiesen werden müsste, wenn sie nur von einem einzelnen Mitberechtigten oder gegen einen einzelnen Mitverpflichteten erhoben würde.3)
Eine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 ZPO liegt dann vor, wenn aus prozeßrechtlichen oder materiellrechtlichen Gründen eine Entscheidung gegen die Streitgenossen nur einheitlich ausfallen kann. Der Grundsatz der Selbständigkeit der Streitgenossen ist in diesem Fall eingeschränkt, wenn dadurch die einheitliche Entscheidung gefährdet würde.
Es sind zwei Konstellationen für eine notwendige Streitgenossenschaft zu unterscheiden: die Streitgenossenschaft aus gemeinschaftlich materiell-rechtlicher Sachbefugnis (§ 62 I Alt. 2 ZPO) und die Streitgenossenschaft aus prozessrechtlichen Gründen (§ 62 I Alt. 1 ZPO).
Erheben mehrere Streitgenossen Nichtigkeitsklage gegen ein registergebundenes Schutzrecht, so sind sie notwendige Streitgenossen aus prozessrechtlichen Gründen, weil die durch Gestaltungsurteil ergehende Nichtigerklärung des Schutzrechts gegenüber jedem der Kläger einheitlich ergehen muss und sie zudem Wirkung gegenüber jedermann hat (vgl. zum Patent BGH, Teilurteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13, juris Rn. 6). Dies gilt gemäß Art. 52 Abs. 1, Art. 55 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 21; Unionsmarkenverordnung - UMV) auch für die nach Art. 100 UMV erhobene Nichtigkeitsklage gegen eine Unionsmarke. Im Falle einer solchen Nichtigkeitsklage steht die notwendige Streitgenossenschaft dem Erlass eines Teilurteils für oder gegen einzelne von mehreren Streitgenossen jedoch nicht entgegen. Es liegt nach den §§ 145, 147 ZPO, die als verfahrensrechtliche Vorschriften nach Art. 101 Abs. 2 UMV anwendbar sind, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, mehrere Nichtigkeitsverfahren zu verbinden oder auch zu trennen. Besteht aber die Möglichkeit, durch Verfahrenstrennung hinsichtlich einzelner Streitgenossen separat zu entscheiden, ist es auch zulässig, ohne Abtrennung über die Nichtigkeitsklage des Streitgenossen zu entscheiden, hinsichtlich dessen das Verfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen ist (vgl. BGH, Teilurteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13, juris Rn. 7).4)
Es entstehen jeweils unabhängige Prozessrechtsverhältnisse mit den Wirkungen wie bei der einfachen Streitgenossenschaft:
Aufgrund der notwendigen einheitlichen Sachentscheidung gelten folgende Ausnahmen:
Eine notwendige Streitgenossenschaft wegen prozessrechtlicher Gründe liegt dann vor, wenn die Entscheidung einheitlich ausfallen muss, eine Rechtskrafterstreckung gegenüber allen Streitgenossen eintritt, der Streitgenosse aber alleine prozeßführungsbefugt ist.
Auch wenn nicht alle verklagt werden erstreckt sich die Rechtskraftwirkung dennoch auf die anderen ohne am Prozess teilgenommen zu haben. Jeder Mitinhaber ist auch alleine legitimiert, nach § 744 II BGB die Leistung an alle zu verlangen.5)
Beispiele:
Eine materiell-rechtliche notwendige Streitgenossenschaft iSd § 62 I Alt. 2 ZPO ist dann gegeben, wenn die Streitgenossen nur gemeinsam prozeßführungsbefugt sind.
Aufgrund der nur gemeinsamen Prozeßführungsbefugnis werden, wenn einer der beteiligten Streitgenossen ein Rechtsmittel einlegt, alle Beteiligten in die nächste Instanz gebracht.
Beispiele:
Davon abzugrenzen ist die Gesamtschuldklage. Hier ergibt sich auch bei einheitlicher Sachbefugnis keine notwendige Streitgenossenschaft, wenn jeder der Gesamthänder die Schuld für sich alleine erfüllen kann: Bei einem Anwaltsfehler muss also nicht gegen alle der Sozietät geklagt werden. Der Mandant könnte alle Sozien einzeln in Anspruch nehmen, also kann auch gegen alle geklagt werden. Diese haften aber als Gesamtschuldner. Daher kann er sich das Geld auch von dem finanziell potentesten Sozius alleine holen.
→ Einfache Streitgenossenschaft
→ Beteiligung mehrerer am Prozeß
→ Rechtsgemeinschaft
→ Streitgenossenschaft
§ 62 der Zivilprozessordnung (ZPO) behandelt die notwendige Streitgenossenschaft, bei der das streitige Rechtsverhältnis nur einheitlich festgestellt werden kann oder aus anderen Gründen eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt.
§ 62 (1) ZPO → Vertretung säumiger Streitgenossen durch nicht säumige
Regelt, dass säumige Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird.
§ 62 (2) ZPO → Zuziehung säumiger Streitgenossen im späteren Verfahren
Bestimmt, dass säumige Streitgenossen auch in späteren Verfahren zuzuziehen sind.
ZPO, Buch 1, Abschnitt 2, Titel 2 → Streitgenossenschaft
Regelt die Bedingungen und Auswirkungen der Streitgenossenschaft, bei der mehrere Personen als Kläger oder Beklagte auftreten können, und beschreibt, wie ihre Handlungen im Prozess zu bewerten sind.