Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 123 (1) PatG

Wer ohne Verschulden verhindert war, dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ist auf Antrag wieder in den vorigen Stand einzusetzen.

Dies gilt nicht für die Frist

  1. zur Erhebung des Einspruchs (§ 59 Abs. 1) und zur Zahlung der Einspruchsgebühr (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Patentkostengesetzes),
  2. für den Einsprechenden zur Einlegung der Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung des Patents (§ 73 Abs. 2 [→ Beschwerdefrist]) und zur Zahlung der Beschwerdegebühr (§ 6 Abs. 1 Satz 1 des Patentkostengesetzes) und
  3. zur Einreichung von Anmeldungen, für die eine Priorität nach § 7 Abs. 2 und § 40 in Anspruch genommen werden kann.

§ 123 (2) PatG → Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung
§ 123 (3) PatG → Entscheidung über die Wiedereinsetzung
§ 124 (4) PatG → Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Wiedereinsetzung
§ 124 (5),(6),(7) PatG → Zwischenrechte nach erfolgreicher Wiedereinsetzung

Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund
Fristüberwachung
Recht auf die Wiedereinsetzung
Beteiligung am Wiedereinsetzungsverfahren

Ohne Verschulden ist eine Frist dann versäumt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war.1)

Der Schuldner hat nach Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten [§ 276 BGB → Verantwortlichkeit des Schuldners]. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt [§ 276 (2) BGB → Fahrlässigkeit].

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs dürfen einer Partei Verzögerungen der Briefbeförderung oder - zustellung nicht als Verschulden angerechnet werden2). Danach darf die Partei grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden.3)

Steht danach eine ausreichende Postlaufzeit zur Verfügung, kann es einer Partei weder als Verschulden angelastet werden, dass der Schriftsatz nicht auch per Telefax übermittelt wird, noch dass eine telefonische Nachfrage unter bleibt, ob der Schriftsatz fristgerecht eingegangen ist.4)

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Falle der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter der nachzuholenden Handlung bei Versäumung etwa der Rechtsmittelbegründungsfrist gerade nicht ein Fristgesuch, sondern ausschließlich die Rechtsmittelbegründung selbst zu verstehen.5)

Die Entscheidung über die Zurückweisung der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr bedarf keiner mündlichen Verhandlung.6)

siehe auch

§§ 123 bis 128a PatG → Gemeinsame Vorschriften
PatG → Patentgesetz
§ 123a PatG → Weiterbehandlung
Wiedereinsetzung in die Prioritätsfrist

1)
st. Rspr.; z.B. BPatG, Beschl. v. 11. März 2014 - 27 W (pat) 570/13; m.V.a. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 91 Rn. 10 m.w.N.
2)
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15, NJW 2016, 3789 Rn. 23 mwN
3)
BGH, Beschluss vom 20. August 2019 - X ZB 13/18
4)
BGH, Beschluss vom 20. August 2019 - X ZB 13/18; m.V.a. BGH, Beschluss vom 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; Beschluss vom 28. März 2001 - XII ZB 100/00, VersR 2002, 1045 Rn. 18; Beschluss vom 13. Dezember 2005 - VI ZB 52/05, VersR 2006, 568 Rn. 7; Beschluss vom 5. Juni 2012 - VI ZB 16/12, NJW 2012, 2522 Rn. 9 mwN
5)
BPatG, Leitsatzentscheidung vom 17.1.2008 - 10 W (pat) 42/06; m.w.N.
6)
BPatG, Beschl. v. 13. Mai 2022 - 35 W (pat) 415/22; m.V.a. Schulte, PatG mit EPÜ, 11. Aufl., § 123, Rn. 170 m.w.N.