Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung [→ Wesentliche Elemente der Erfindung] beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt [→ Bestimmung und Eignung für die Benutzung der Erfindung ] sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
§ 10 (2) PatG → Allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse
§ 10 (3) PatG → Zur Benutzung berechtigte Personen
→ Wesentliche Elemente der Erfindung
→ Bestimmung und Eignung für die Benutzung der Erfindung
→ Haftung bei mittelbarer Patentverletzung
→ Mittäterschaft, Nebentäterschaft, Störerhaftung
Der in § 10 PatG normierte Gefährdungstatbestand der mittelbaren Patentverletzung bezweckt, die unberechtigte Benutzung der geschützten Erfindung bereits im Vorfeld zu verhindern.1).
Mittäterschaft setzt ebenso wie Anstiftung und Beihilfe ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der Herbeiführung der Verletzung voraus.2)
In Patentstreitfällen kommt hingegen häufig nur eine fahrlässige Verletzung des Klagepatents in Betracht.3)
Bei der Verwirklichung einzelner Verfahrensschritte kommt nicht nur Mittäterschaft, sondern auch Nebentäterschaft in Betracht.4)
Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung nach § 10 PatG ist von einer unmittelbaren Patentverletzung seitens der Belieferten unabhängig; er hat nicht zur Voraussetzung, daß eine unmittelbare Patentverletzung bereits erfolgt ist, sondern schützt den Patentinhaber bereits im Vorfeld möglicher unmittelbarer Verletzungshandlungen, indem er nur an einen Willen der Abnehmer, die Mittel patentverletzend zu gebrauchen, anknüpft.5)
Die mittelbare Verletzung ist damit ein „Gefährdungstatbestand“.6)
Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung nach § 10 PatG knüpft ebenso wie der Tatbestand der unmittelbaren Patentverletzung nach § 9 PatG daran an, dass ein bestimmter Gegenstand ins Inland geliefert worden ist. Die Tatbestände unterscheiden sich nur dadurch, dass der gelieferte Gegenstand im Falle des § 9 PatG schon für sich gesehen in den Schutzbereich des Patents fällt, während er im Falle des § 10 PatG nur ein Mittel darstellt, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht.7)
§ 10 PatG gewährt dem Patentinhaber kein ausschließliches Recht zum Anbieten oder Liefern von Mitteln zur Erfindungsbenutzung und damit keine Erweiterung des durch den Patentanspruch definierten Schutzgegenstandes oder seines Schutzbereichs8).
Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG enthält kein absolutes Verbot der Lieferung von Mitteln, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, sondern greift nur dann ein, wenn die Mittel nicht nur zur Benutzung der Erfindung in objektiver Hinsicht geeignet, sondern durch die Angebotsempfänger und/oder Abnehmer der Mittel hierzu auch bestimmt sind [→ Bestimmung und Eignung für die Benutzung der Erfindung \\].9)
Bei den Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung ist die Frage, was zu den wesentlichen Elementen der Erfindung gehört, vom Gegenstand der Erfindung her zu beantworten.10)
Ob dem Patentinhaber auch ein Anspruch gegen den Zulieferer des Herstellers als mittelbarem Verletzer zusteht, hängt von einer Reihe von Umständen ab, insbesondere davon, ob sich das zugelieferte Produkt auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und ob der Zulieferer wusste oder es nach den Umständen offensichtlich war, dass das zugelieferte Produkt zur Benutzung der Erfindung bestimmt war.11)
Auch kann der Anspruch davon abhängen, ob der Zulieferer bei einem sowohl patentfrei wie patentgemäß verwendbaren Mittel die erforderlichen Vorkehrungen gegen eine patentgemäße Verwendung getroffen hat.12)
Ferner kann entscheidend sein, ob der Zulieferer, obwohl der Hersteller im Ausland ansässig ist, sein Produkt zur Benutzung der Erfindung im Inland geliefert hat.13)
Schließlich kann die Verantwortlichkeit des Zulieferers davon abhängen, ob das gelieferte Produkt als allgemein im Handel erhältliches Erzeugnis zu qualifizieren ist und in diesem Fall die besonderen Haftungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 2 PatG gegeben sind.14)
Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung müssen im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung vorliegen, so dass für die Offensichtlichkeit maßgeblich ist, ob zu diesem Zeitpunkt nach den gesamten Umständen des Falles die drohende Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts aus der objektivierten Sicht des Dritten so deutlich erkennbar ist, dass ein Angebot oder eine Lieferung unter diesen objektiven Umständen der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist.15)
Ob ein Mittel geeignet ist, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, ist nach der objektiven Beschaffenheit des angebotenen oder gelieferten Gegenstands zu beurteilen. Das Mittel muss grundsätzlich so ausgebildet sein, dass eine unmittelbare Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Abnehmer möglich ist.16)
Bei Patenten, die ein mehrstufiges Verfahren betreffen, kann ein Mittel auch dann zur Benutzung der Erfindung geeignet sein, wenn die Abnehmer dieses Mittels nicht alle Verfahrensschritte selbst ausführen. Jedenfalls in einem solchen Fall kann eine unmittelbare Patentverletzung nicht nur in Alleintäterschaft unter Verwirklichung aller Verfahrensschritte begangen werden, sondern auch in Mit- und Nebentäterschaft.17)
Als Täter einer fahrlässigen Patentverletzung hat auch derjenige einzustehen, der die Rechtsverletzung durch eigenes vorwerfbares Verhalten verursacht hat. Ein vorwerfbares Verhalten in diesem Sinne kann zum Beispiel darin liegen, dass auf die Benutzung des Patents gerichtete Handlungen eines Dritten pflichtwidrig nicht unterbunden werden.18)
Ein vorwerfbares Verhalten in diesem Sinne kann auch dann vorliegen, wenn sich eine Person bei der Anwendung eines Verfahrens den Umstand zunutze macht, dass bestimmte Schritte des geschützten Verfahrens von einem Dritten ausgeführt werden und in die eigene Handlung einbezogen werden können.19)
Die mittelbare Patentverletzung erfaßt nur die Lieferung und das Anbieten, nicht die Herstellung der Vorrichtung, da Dritte andernfalls daran gehindert würden, solche Mittel zur Benutzung außerhalb des Geltungsbereiches des Patentgesetzes zu liefern, was dem Zweck des § 10 PatG widerspräche, lediglich nach § 9 PatG verbotenen Handlungen im Vorfeld entgegenzuwirken.
Im Einzelfall kann bereits die Herstellung einer zur Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneten Vorrichtung als Teilnahme an einer verbotenen Anwendung des Verfahrens gewertet werden. Hierfür ist jedenfalls eine entsprechende Haupttat, d.h. eine Benutzung des Verfahrens im Inland Voraussetzung.20)
Eine Zustimmung muß nicht ausdrücklich erteilt werden, sondern kann auch stillschweigend erfolgen.21)
Wer im Ausland ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, an einen Dritten liefert, der es mit seinem Wissen und Wollen zur Benutzung der Erfindung in Deutschland weiterliefert, veranlasst eine Lieferung des Mittels im Geltungsbereich des Patentgesetzes.22)
Eine mittelbare Patentverletzung kann auch darin liegen, dass Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, ins Ausland geliefert werden, wenn sie dort zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Erzeugnisses beitragen sollen, welches zur Lieferung nach Deutschland bestimmt ist.23))
PatG, 1. Abschnitt → Das Patent
Definiert die Anforderungen für die Patentierbarkeit von Erfindungen, legt Einschränkungen fest, regelt die Rechte der Erfinder und Patentanmelder, und beschreibt die Verwaltung von Patenten, einschließlich ihrer Laufzeit, Übertragung, und Bedingungen unter denen Patente widerrufen oder für nichtig erklärt werden können.