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Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
→ Erlass eines unzulässigen Teilurteils
→ Teilschiedsspruch
Nach § 301 ZPO ist der Erlass eines Teilurteils nur zulässig, wenn dieses über einen aussonderbaren, einer selbstständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstands ergeht und die Entscheidung über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Teil des Verfahrensgegenstands getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse nicht besteht. Dabei steht dem Erlass eines Teilurteils schon die bloße Möglichkeit entgegen, dass es in demselben Rechtsstreit, und sei es im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Beurteilungen kommt.1)
Ein Teilurteil darf daher nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Teil- und im Schlussurteil – auch in Folge abweichender Bewertung des Sachverhalts durch das Rechtsmittelgericht – praktisch und theoretisch ausgeschlossen ist.2)
Eine Widersprüchlichkeit ist dabei nicht im Sinne eines Rechtskraftkonflikts zu verstehen. Vielmehr darf es, da § 301 ZPO die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit von Entscheidungen in ein und demselben Rechtsstreit gewährleisten soll, auch nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen3). Deshalb darf die Entscheidung des Reststreits nicht die gleiche Vorfrage wie der (durch Teilurteil erledigte) Streit umfassen.4)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Das gilt ebenfalls bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt.5)
Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden.6)
Ein Teilurteil darf deshalb nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann.7)
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings anerkannt, dass gegen einen einfachen Streitgenossen ein Teilurteil trotz der Gefahr einer widerstreitenden Entscheidung im weiteren Verfahren ergehen kann, wenn das Verfahren durch Insolvenz oder Tod des anderen Streitgenossen unterbrochen ist. Diese Ausnahme findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits führt, weil regelmäßig nicht voraussehbar ist, ob und gegebenenfalls wann das Verfahren aufgenommen werden wird. Da die übrigen Prozessbeteiligten keine prozessuale Möglichkeit haben, die Aufnahme des Verfahrens und damit den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken, wäre es mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht.8)
Zwar hat der Bundesgerichtshof bei einer Klage gegen mehrere einfache Streitgenossen die Entlassung eines Streitgenossen durch Teilurteil für zulässig gehalten, wenn die deutschen Gerichte für die Klage gegen diesen Streitgenossen international nicht zuständig sind. In diesem Fall besteht in aller Regel ein rechtlich anzuerkennendes Interesse, den Streitgenossen, gegen den die Klage unzulässig ist, durch Teilurteil aus dem Rechtsstreit zu entlassen.9)
Die Teilbarkeit im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert eine Mehrheit von prozessualen Ansprüchen beziehungsweise Streitgegenständen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder die Teilbarkeit des einen prozessualen Anspruchs beziehungsweise Streitgegenstands (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO). Ein Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen ist danach nicht zulässig.10)
Wird ein einheitlicher Streitgegenstand geltend gemacht, darf das Gericht nicht durch Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen entscheiden. Dabei ist unerheblich, ob die Anspruchsgrundlagen verschiedenen Rechtsgebieten entstammen, über die grundsätzlich in unterschiedlichen Rechtswegen zu entscheiden ist. Das zuständige Gericht hat auch über solche Normen zu befinden, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden.11)
Auch die notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO) schließt eine Teilbarkeit grundsätzlich aus.12)
Das Erfordernis der Entscheidungsreife setzt voraus, dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist, die Beweise erschöpft sind oder eine Partei mit weiterem Vorbringen nicht zugelassen oder zurückgewiesen wird (vgl. Saenger, ZPO, 8. Aufl., § 300 Rn. 3). Es fehlt mithin, wenn neuer Vortrag noch zulässig ist.13)
Ein Teilurteil darf Vorbringen nicht als verspätet zurückweisen, das ohne Verzögerung des Schlussurteils noch in diesem berücksichtigt werden kann.14)
Ungeschriebene Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist dessen Unabhängigkeit von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand. Bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil deshalb nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine solche Gefahr ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann.15)
Hat das Berufungsgericht bei einem einheitlichen Streitgegenstand eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage ungeprüft gelassen und durch Teilurteil entschieden, kann von einer Zurückverweisung der Sache abgesehen werden, wenn die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung zulassen.16)
Über eine auf Nichtigerklärung eines Patents gerichtete Klage mehrerer Kläger [→ Gemeinsame Nichtigkeitsklage] kann, wenn das Verfahren gegen einen der Kläger gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, gegenüber den anderen Klägern durch Teilurteil entschieden werden.17)
Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
§ 301 der Zivilprozessordnung (ZPO) regelt die Voraussetzungen und Bedingungen für die Erteilung eines Teilurteils im Zivilprozess.
§ 301 (1) ZPO → Voraussetzungen für ein Teilurteil
Beschreibt die Bedingungen, unter denen ein Teilurteil erlassen werden kann, insbesondere bei mehreren Ansprüchen oder bei einer Widerklage.
§ 301 (2) ZPO → Ermessensspielraum beim Erlass eines Teilurteils
Erklärt, dass das Gericht den Erlass eines Teilurteils unterlassen kann, wenn es dies für unangemessen hält.
ZPO, Buch 1, Abschnitt 2, Titel 2 → Urteil
Regelt die verschiedenen Arten von Urteilen, die im Zivilprozess ergehen können, einschließlich der Voraussetzungen und Wirkungen von Endurteilen, Teilurteilen und Vorbehaltsurteilen.
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