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markenrecht:beteiligtenwechsel_im_widerspruchsverfahren

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Beteiligtenwechsel im Widerspruchsverfahren

Für das Widerspruchsverfahren (Amt und Gericht) ist über § 82 I MarkenG die Regelung des § 265 II ZPO anzuwenden. Daß hier auch im Verfahren vor dem Amt auf die Regelungen der ZPO zurückgegriffen wird rechtfertigt der BGH damit, daß es sich beim Widerspruchsverfahren um ein echtes Streitverfahren handelt, das außer von der Amtsermittlung auch von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit bestimmt wird.1)

Eine Veräußerung der Markenrechte nach Erhebung des Widerspruchs bleibt ohne Auswirkung auf das Verfahren, wenn der Rechtsnachfolger das Verfahren nicht durch Zustimmung übernimmt.2)

Dem steht auch nicht § 28 III MarkenG entgegen.3)

Die infolge eines materiellen Rechtsübergangs fehlende Sachbefugnis der Rechtsvorgängerin berührt nicht ihre Befugnis, das Widerspruchsverfahren weiterzuführen und Beschwerde einzulegen. Auch dann nicht, wenn eine Umschreibung im Register bereits erfolgt ist. Der Rechtsvorgänger führt das Verfahren trotz fehlender materieller Berechtigung in gesetzlicher Prozeß- bzw. Verfahrensstandschaft im eigenen Namen weiter.

Wechsel des Widersprechenden bei Rechtsnachfolge

Auch im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren vor dem DPMA und im entsprechenden Widerspruchs-Beschwerdeverfahren ist ein Beteiligtenwechsel auf Seiten des Widersprechenden möglich.

Es gilt im wesentlichen die Legitimationswirkung der Registereintragung. Nach § 28 I,II MarkenG kann nach erfolgter Umschreibung bzw. Eingang der Umschreibungserklärung der neue Markeninhaber das Verfahren ohne Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten (§ 28 II S.3 MarkenG) übernehmen.

Zustimmung4) des Gegners zur Übernahme des Verfahrens durch den Rechtsnachfolger ist seit der Einführung des § 28 II S.3 MarkenG (der gegenüber § 265 ZPO eine Spezialregelung darstellt) nicht mehr nötig.

Die Übertragung und Umschreibung der Widerspruchsmarke nach Widerspruchserhebung hat, wenn der Rechtsnachfolger das Verfahren nicht übernimmt, auf das Widerspruchs- und nachfolgende Beschwerdeverfahren nach § 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m § 265 II S.1 ZPO keinen Einfluß.5) Übernimmt der Rechtsnachfolger das Verfahren nicht, so kann der Rechtsvorgänger das Verfahren trotz fehlender materieller Berechtigung und trotz abweichender Eintragung im Markenregister in gesetzlicher Prozeßstandschaft im eigenen Namen weiterführen. Der hier ausnahmsweise auch im patentamtlichen Verfahren durchgeführte Rückgriff auf die ZPO wird damit gerechtfertigt, daß sich auch beim patentamtlichen Widerspruchsverfahren um ein echtes Streitverfahren handelt. 6)

Wechsel des Widerspruchsbeklagten bei Rechtsnachfolge

Markenrechtliche Rechtsprechung zum Wechsel des Inhabers der jüngeren Marke im Widerspruchsverfahren existiert noch nicht.

Im Patentnichtigkeitsverfahren wird davon ausgegangen, daß der Rechtsnachfolger des Patentinhabers das Verfahren nicht übernehmen muß.

Gewillkürter Beteiligtenwechsel

Eine Übertragung des Verfahrens im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft ist zumindest durch eine Lizenznehmerin zulässig.7)

Umstritten ist allerdings, ob der gewillkürte Beteiligtenwechsel nach § 263 ZPO erfolgt, also auch bei Sachdienlichkeit zulässig ist, oder ob zusätzlich (entsprechend § 265 II ZPO) die Zustimmung des Gegners erforderlich ist.8)

Gesamtrechtsnachfolge

Auch bei der Gesamtrechtsnachfolge ist § 28 II MarkenG einschlägig. Die Gesamtrechtsnachfolge ist als gesetzlicher Parteiwechsel allerdings kein Fall des § 265 ZPO.

Bei Gesamtrechtsnachfolge wird das Verfahren bis zur Wiederaufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen.

Rechtssprechung

  • BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm,
  • BPatG Beschl. vom 09.11.2004 - 27 W (pat) 172/02 - TAXI MOTO;
  • BPatG MarkenR 2000, 228 - turfa)
  • BPatG GRUR 2001, 774 - Künstliche Atmosphäre

siehe auch

1)
BGH 2.7.1998 I ZB 24/97 - Sanopharm: „a) Das Widerspruchsverfahren ist ein echtes Streitverfahren, das außer von der Amtsermittlung (§ 73 Abs. 1 MarkenG) von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird (vgl. BGH Beschl. v. 14. 5. 1998 - I ZB 9/96, Umdr. S. 8 - DRAGON 1; GRUR 1967, 294, 295 - Triosorbin). Es weist keine solchen verfahrensrechtlichen Besonderheiten auf, die der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gebotenen entsprechenden Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung entgegenstehen. Die Anwendung der Verfahrensregeln der Zivilprozeßordnung war schon für das Widerspruchsverfahren nach dem überkommenen Warenzeichenrecht geboten (§§ 13 Abs. 3 , 5 WZG ; § 99 Abs. 1 PatG). Hierzu rechnen auch die Vorschriften der §§ 265 , 325 ZPO bei einem Wechsel in der Person eines Verfahrensbeteiligten (vgl. BGHZ 72, 236, 241 f. = GRUR 1979, 145 - Aufwärmvorrichtung ; 117, 144, 146 f. = GRUR 1992, 430 - Tauchcomputer ; Benkard/Schäfers, PatG, 9. Aufl., § 99 Rdn. 6). Daran hat sich mit Inkrafttreten des Markenrechtsreformgesetzes nichts geändert. In der Begründung des Entwurfs zu § 28 MarkenG (BT-Drucks. 12/6581, 85) heißt es folglich ausdrücklich, daß im Fall der Rechtsnachfolge nach Erhebung des Widerspruchs die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Wirkung einer Rechtsnachfolge auf anhängige Verfahren (§§ 265 , 325 , 66 ff. ZPO) entsprechende Anwendung finden (vgl. auch Fezer, Markenrecht, § 28 MarkenG Rdn. 16).“
2)
BGH 2.7.1998 I ZB 24/97 - Sanopharm: „b) Der gegenteilige Standpunkt des BPatG (vgl. auch BPatG Mitt. 1997, 162, 163 ; Ingerl/Rohnke, MarkenG § 28 Rdn. 9 ; Althammer/Ströbele, MarkenG § 28 Rdn. 10), eine Änderung der Inhaberschaft der Marke müsse notwendigerweise auch zu einem Wechsel der Person des Verfahrensbeteiligten im Widerspruchsverfahren führen, beruht auf einer Verkennung wesentlicher verfahrensrechtlicher Grundsätze. Die verfahrensrechtliche Stellung als Partei oder als Beteiligte bleibt von deren materieller Berechtigung unberührt. Die Sachlegitimation hat keinen Einfluß auf die prozessuale Position (vgl. auch BGH GRUR 1967, 294, 295 - Triosorbin). Hieraus erschließt sich der für das markenrechtliche Widerspruchsverfahren gleichermaßen geltende Sinn der Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO, daß kein Verfahrensbeteiligter - weder die klagende noch die beklagte Partei, weder die Widersprechende noch die Markeninhaberin - einen Wechsel der gegnerischen Partei hinzunehmen braucht. Diese Regelung dient dem Schutz des Gegners der Partei, auf deren Seite eine Änderung der sachlichen Legitimation eingetreten sein soll, und der Ökonomie des Verfahrens, unbeeinflußt von einer materiell-rechtlichen Änderung der Inhaberschaft des streitbefangenen Gegenstands das Verfahren fortzusetzen (vgl. BGH LM Nr. 14 zu § 265 ZPO ; NJW 1975, 929 ; BGHZ 72, 236, 241 f. = GRUR 1979, 145 - Aufwärmvorrichtung ; 118, 312, 315 ; MünchKommZPO/Lüke, § 265 Rdn. 1 ff. ; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., § 265 Rdn. 1).\\Mit der Vorschrift über die Rechtskraftwirkung (§ 325 Abs. 1 ZPO) erlangt das mit der bisherigen Partei fortgesetzte Verfahren auch Wirkung für und gegen den Rechtsnachfolger. Zudem besteht für diesen die Möglichkeit, als Nebenintervenient seinen Standpunkt und seine Interessen im Verfahren geltend zu machen (§§ 265 Abs. 2 Satz 2, 66 ff. ZPO). Das sind verfahrensökonomische Regelungen des ordentlichen Streitverfahrens, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren von gleichgewichtiger Bedeutung sind. Dies gilt auch für die weitere der Regelung des § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO zukommende Bedeutung, daß der Gegner seine Zustimmung zum Parteiwechsel von der Erwägung abhängig machen kann, ob er sein Kosteninteresse gegenüber der ausscheidenden Partei im fortlaufenden Verfahren als hinreichend gewahrt ansieht, auch wenn - wie das BPatG ausführt - im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren eine Kostenerstattungspflicht nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt (vgl. aber § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Bei erfolgloser Rechtsbeschwerde der Widersprechenden ist indessen der Ausspruch, daß diese die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen habe, gesetzlich geboten (§ 90 Abs. 2 MarkenG). “
3)
BPatG Beschl. vom 09.11.2004 - 27 W (pat) 172/02 - TAXI MOTO: „Die Übertragung und Umschreibung der Widerspruchsmarke nach Widerspruchserhebung hat, wenn der Rechtsnachfolger das Verfahren nicht übernimmt, auf das Widerspruchs- und nachfolgende Beschwerdeverfahren nach § 82 Abs. 1 MarkenG i.V.m § 265 Abs. 1 ZPO keinen Einfluß (Anschluss an BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm). An der grundsätzlichen Geltung des § 265 ZPO hat auch die durch Art. 9 Nr. 3 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums eingefügte Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG nichts geändert“
4)
noch gefordert in BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm
5)
BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm, BPatG Beschl. vom 09.11.2004 - 27 W (pat) 172/02 - TAXI MOTO; BPatG MarkenR 2000, 228 - turfa
6)
BPatG Beschl. vom 9.11.2004 27 W (pat) 172/02 - Taxi Moto
7)
BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm, BPatG MarkenR 2000, 228 - turfa
8)
BPatG MarkenR 2000, 228 - turfa
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