Die Werbung für Angebote, bei denen mehrere Waren und/oder Dienstleistungen in der Weise angeboten werden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird (sog. Kopplungsangebote), ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Die Möglichkeit, Güter und Dienstleistungen zu Gesamtangeboten (insbesondere Komplettangeboten) zusammenzustellen und dementsprechend zu bewerben, gehört zur Wettbewerbsfreiheit.1)
Das gilt auch dann, wenn ein Teil der auf diese Weise gekoppelten Waren oder Leistungen ohne gesondertes Entgelt abgegeben wird.2)
Die an die Preisinformation bei Kopplungsangeboten zu stellenden Anforderungen ergeben sich nunmehr aus dem lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot (§ 5 Abs. 1 UWG → Irreführende geschäftliche Handlungen), dem Tatbestand der Informationspflichtverletzung (im unternehmerischen Verkehr § 5a Abs. 1 UWG → Irreführung durch Unterlassen, im Verhältnis zu Verbrauchern § 5a Abs. 2 UWG → Verbot des Vorenthalts wesentlicher Informationen für den Verbraucher) sowie aus dem Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen (§ 4a UWG → Aggressive geschäftliche Handlungen) und der lauterkeitsrechtlichen Generalklausel [§ 3 (1) UWG → Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen].3)
In der zu den §§ 1 und 3 UWG aF ergangenen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof bereits anerkannt, dass wegen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung und Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise bei derartigen Kopplungsangeboten bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen. Vor allem muss einer Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über den tatsächlichen Wert des Angebots entgegengewirkt werden.4) Eine solche Täuschung unterfällt nunmehr dem Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG [→ Irreführende geschäftliche Handlungen].5)
Ebenso muss vermieden werden, dass durch mangelnde Transparenz oder eine starke Anlockwirkung die Rationalität der Nachfrageentscheidung auf Seiten der angesprochenen Verkehrskreise über Gebühr zurückgedrängt wird.6) Das daraus folgende Transparenzgebot ist im unternehmerischen Verkehr nunmehr der Vorschrift des § 5a Abs. 1 UWG [→ Irreführung durch Unterlassen] zu entnehmen, während einer starken Anlockwirkung grundsätzlich mit den Regelungen in § 4a [→ Aggressive geschäftliche Handlungen] beziehungsweise § 3 Abs. 1 UWG [→ Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen] begegnet werden kann.7)
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält; hierzu rechnen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 2 UWG auch solche über den Preis oder das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils. Eine Irreführung liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.8)
Kopplungsangebote sind danach irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 2 UWG, wenn sie über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert der angebotenen Zusatzleistung, zu täuschen geeignet sind.9)
Nach der zu den §§ 1 und 3 UWG ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei Kopplungsangeboten im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise eine Transparenz des Angebots zu fordern, um dem gewissen Irreführungs- und Preisverschleierungspotential entgegenzuwirken, das die von Kopplungsangeboten geförderte Heterogenität des Angebots birgt10). Dieses Transparenzgebot, das der Sicherstellung einer angemessenen Information der Marktteilnehmer dient, findet im Verhältnis zu Verbrauchern nunmehr in der Vorschrift des § 5a Abs. 2 UWG Ausdruck. Soweit das Verhältnis zu Unternehmern betroffen ist, ist dieses Transparenzgebot der Vorschrift des § 5a Abs. 1 UWG zu entnehmen.11)
Nach § 5a Abs. 1 UWG sind bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.12)
Die Anwendung des § 5a Abs. 1 UWG auf das im Streitfall maßgebliche Verhältnis zu sonstigen Marktteilnehmern ist mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung unionsrechtlich gerechtfertigt.13) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Irreführung durch Verschweigen von Tatsachen anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen, also seine Entschließung zu beeinflussen. Eine Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 1 UWG setzt die Verletzung einer Aufklärungspflicht voraus. Maßgebend für die Frage, ob eine Aufklärungs- oder Informationspflicht vorliegt, ist, inwieweit der angesprochene Verkehr auf die Mitteilung der Tatsache angewiesen und dem Unternehmer eine Aufklärung zumutbar ist.14)
Den Unternehmer trifft nach § 5a Abs. 1 UWG keine allgemeine Aufklärungspflicht über Tatsachen, die für die geschäftliche Entscheidung des angesprochenen Verkehrs möglicherweise von Bedeutung sind. Er ist nicht generell verpflichtet, auch auf weniger vorteilhafte oder gar negative Eigenschaften des eigenen Angebots hinzuweise.15) Eine solche umfassende Aufklärung wird weder von verständigen Verbraucherinnen und Verbrauchern noch von sonstigen Marktteilnehmern erwartet.16). Unternehmer sind danach insbesondere nicht gehalten, in der Werbung die Elemente ihrer Preisbemessung nachvollziehbar darzustellen, um Preisvergleiche zu erleichtern.17) Es ist vielmehr Sache der Verbraucher und der sonstigen Marktteilnehmer selbst, Preisvergleiche anzustellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit des Angebots zu machen. Zumindest anhand des letztlich maßgebenden Gesamtpreises sind Preisvergleiche immer möglich.18)
Der Gefahr einer übermäßigen Anlockwirkung eines Kopplungsangebots wirkt das Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen gemäß § 4a UWG sowie - im Verhältnis zu Verbrauchern - das Verbot von gegen die unternehmerische Sorgfalt verstoßenden geschäftlichen Handlungen gemäß § 3 Abs. 2 UWG entgegen. Im Verhältnis zu sonstigen Marktteilnehmern kommt die Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG in Betracht, sofern die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den in den §§ 3a bis 7 UWG angeführten Beispielsfällen unlauteren Verhaltens entspricht (vgl. BGH, GRUR 2018, 541 Rn. 24 - Knochenzement II, mwN).
Eine aus dem Verbot, die Entscheidungsfreiheit des Kunden durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen (§ 4 Nr. 1 UWG, § 1 UWG a.F.) [→ Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit], abzuleitende Verpflichtung zur Angabe des Wertes der einzelnen Leistungen besteht bei Kopplungsangeboten und ebenso bei Zugaben nur ausnahmsweise dann, wenn ohne die Wertangabe die Gefahr besteht, dass der Verbraucher entweder durch unzureichende Information19) oder durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots und insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung 20) in unlauterer Weise beeinflusst wird. Davon aber kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.21)
Eine Irreführung durch ein missbräuchliches Kopplungsangebot kann anzunehmen sein, wenn über den Inhalt der zusätzlichen Leistung nur unzureichend informiert wird22). Diese zu § 1 UWG a.F. entwickelte Rechtsprechung ist auf das nunmehr geltende UWG übertragbar, wobei die Frage der Unlauterkeit einer unzureichenden Information am Maßstab des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG zu messen ist.23)
Hieraus folgt aber keine Pflicht zu einer umfassenden Aufklärung; eine solche wird von einem verständigen Verbraucher auch nicht erwartet. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben besteht nur dann, wenn anderenfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung des Verbrauchers durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung, gegeben ist.24)
Kopplungsangebote unterliegen hinsichtlich der Preisangaben einer besonderen Missbrauchskontrolle. Denn von solchen Angeboten geht häufig die Gefahr aus, dass über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht oder unzureichend informiert wird. Eine solche Gefahr besteht namentlich dann, wenn ein Teil des gekoppelten Angebots in der Werbung blickfangmäßig als besonders günstig herausgestellt wird.25). Insbesondere ist es wettbewerbswidrig, wenn in einem derartigen Fall Hinweise auf Belastungen, die den herausgestellten günstigen Preis unmittelbar relativieren, weder am Blickfang teilnehmen noch sonst hervorgehoben dargestellt sind.26)
FWerbung kann – neben einem potentiellen Verstoß gegen § 1 Abs. 6 PAngV – irreführend sei, wenn für einen Bestandteil des Koppelungsangebotes mit einem besonders günstigen Preis geworben wird, ohne dass der Preis für den anderen Bestandteil des Angebots in der Werbung „deutlich kenntlich“ gemacht werde. Diese Anforderungen ist nicht erfüllt, wenn der Preis für jenen Angebotsbestandteil „sich in einer Fußnote versteckt findet“.27)
§ 5 (1) S. 2 Nr. 2 UWG → Besondere Preisvorteile