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wettbewerbsrecht:verbot_des_vorenthalts_wesentlicher_informationen_fuer_den_verbraucher

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Verbot des Vorenthalts wesentlicher Informationen für den Verbraucher

§ 5a (1) UWG

Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Streitgegenstand beim lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot

Gemäß Art. 7 Abs. 1 und Erwägungsgrund 14 Satz 3 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die für die unionsrechtskonforme Auslegung des § 5a UWG maßgebend sind, geht es bei dieser Bestimmung darum sicherzustellen, dass der Verbraucher diejenigen Basisinformationen erhält, die er benötigt, um eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung zu treffen.1)

Gemäß § 5a Abs. 1 UWG kann auch das Verschweigen einer Tatsache irreführend sein. Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, sind deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.2)

Die Anwendung des § 5a Abs. 1 UWG auf das Verhältnis zu sonstigen Marktteilnehmern ist unionsrechtlich gerechtfertigt.3)

Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 5 Abs. 2 UWG 2004 ist eine Irreführung durch Verschweigen von Tatsachen anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen, also seine Entschließung zu beeinflussen.4) Diese zu § 5 Abs. 2 UWG 2004 entwickelte Rechtsprechung ist auf den nunmehr geltenden § 5a Abs. 1 UWG übertragbar.5)

Eine Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 1 UWG setzt die Verletzung einer Aufklärungspflicht voraus.6)

Eine Information ist nicht schon allein deshalb wesentlich im Sinne des § 5a UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt.7)

Eine Information ist nicht schon allein deshalb wesentlich im Sinne des § 5a UWG, weil sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt.8)

Maßgebend für die Frage einer Informationspflicht ist, inwieweit der angesprochene Verkehr auf die Mitteilung der Tatsache angewiesen und dem Unternehmer eine Aufklärung zumutbar ist.9)

Die Beurteilung, ob das Unterlassen einer Information geeignet ist, geschäftliche Entscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen, liegt auf tatrichterlichem Gebiet.10) Dabei sind die in dieser Hinsicht vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zur Verkehrsauffassung in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat.11)

Die Voraussetzungen des in § 5a Abs. 2 UWG geregelten Unlauterkeitstatbestands, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information „je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen“ und „deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, stellen nach § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UWG zusätzliche Tatbestandsmerkmale dar, die selbständig zu prüfen sind. Jedoch trifft den Unternehmer, der geltend macht, dass - abweichend vom Regelfall - der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, insoweit eine sekundäre Darlegungslast.12)

Zur Werbung mit Testsiegeln oder Prüfzeichen hat der Senat entschieden, dass regelmäßig ein erhebliches Interesse des Verbrauchers besteht zu erfahren, wie sich die Bewertung des Erzeugnisses in das Umfeld der anderen bei dem Test geprüften Produkte einfügt.13)

Um das mit einem Siegel oder Prüfzeichen verbundene Qualitätsurteil bewerten zu können, müssen die Rahmenbedingungen und der Inhalt des zugrundeliegenden Produkttests für den Verkehr überprüfbar sein.14)

Wer eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, handelt unlauter nach § 5a Abs. 1 UWG nF.15)

Die Werbung mit dem Fehlen von suchtverstärkenden Zusatzstoffen kann als irreführend angesehen werden, wenn sie gegen § 18 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TabakerzG verstößt, da dies eine wesentliche Information ist, die nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG aF nicht vorenthalten werden darf.16)

siehe auch

§ 5a UWG → Irreführung durch Unterlassen
Eine Irreführung liegt auch vor, wenn wesentliche Informationen zurückgehalten oder unklar dargestellt werden.

1)
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - I ZR 24/12 - Alpenpanorama im Heißluftballon
2)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II
3)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/114/EG, vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 36. Auflage, § 5a Rn. 2.3
4)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 28/09, GRUR 2011, 846 Rn. 21 = NJW 2011, 2972 = WRP 2011, 1149 - Kein Telekom-Anschluss nötig; Urteil vom 10. Januar 2013 - I ZR 190/11, GRUR 2013, 945 Rn. 34 = WRP 2013, 1183 - Standardisierte Mandatsbearbeitung
5)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. BGH, GRUR 2011, 846 Rn. 21 - Kein TelekomAnschluss nötig
6)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 34 - Standardisierte Mandatsbearbeitung; Dreyer in Harte/Henning, UWG, 4. Aufl., § 5a Rn. 51
7) , 8)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2024 - I ZR 143/23 - durchschnittliche Sternebewertung; m.V.a. BGH, Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 55/16, BGHZ 215, 12 [juris Rn. 19] - Preisportal; Urteil vom 15. April 2021 - I ZR 134/20, GRUR 2021, 979 [juris Rn. 13] = WRP 2021, 895 - Testsiegel auf Produktabbildung, jeweils mwN
9)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 36. Auflage,§ 5a Rn. 2.10). Macht sich der Marktteilnehmer über den fraglichen Umstand gar keine Gedanken, weil er für seine geschäftliche Entscheidung nicht von Bedeutung ist, liegt eine Irreführung durch Unterlassen nicht vor.((BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. Dreyer in Harte/Henning, UWG, § 5a Rn. 51
10)
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 29 - Standardisierte Mandatsbearbeitung
11)
st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 160/16 - Knochenzement II; m.V.a. BGH, GRUR 2016, 1193 Rn. 20 - Ansprechpartner; BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 = WRP 2016, 1221 - LGA tested; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität
12)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. BGH, Urteil vom 15. April 2021 - I ZR 134/20, GRUR 2021, 979 Rn. 26 = WRP 2021, 895 - Testsiegel auf Produktabbildung, mwN; zu § 3a UWG vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2020 - I ZR 169/17, GRUR 2021, 84 Rn. 35 = WRP 2021, 192 - Verfügbare Telefonnummer
13)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2024 - I ZR 143/23 - durchschnittliche Sternebewertung; m.V.a. BGH, Urteil vom 11. März 1982 - I ZR 71/80, GRUR 1982, 437 [juris Rn. 15] = WRP 1982, 413 - Test Gut; BGH, GRUR 2016, 1076 [juris Rn. 40] - LGA tested; GRUR 2021, 979 [juris Rn. 14] - Testsiegel auf Produktabbildung, mwN
14)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2024 - I ZR 143/23 - durchschnittliche Sternebewertung; m.V.a. BGH, GRUR 2021, 979 [juris Rn. 15] - Testsiegel auf Produktabbildung; vgl. auch BGH, GRUR 2016, 1076 [juris Rn. 40] - LGA tested
15) , 16)
BGH, Urteil vom 11. Juli 2024 – I ZR 164/23 - Nikotinhaltige Liquids
wettbewerbsrecht/verbot_des_vorenthalts_wesentlicher_informationen_fuer_den_verbraucher.txt · Zuletzt geändert: 2024/09/12 08:53 von 127.0.0.1