Einfache Streitgenossenschaft

Von einer einfachen Streitgenossenschaft spricht man, wenn die Entscheidung gegenüber den Streitgenossen nicht einheitlich ergehen muss.

Bei einer einfachen Streitgenossenschaft führt jeder Streitgenosse - trotz äußerer Verbindung der Verfahren - seinen eigenen Prozeß formell und inhaltlich unabhängig von dem anderen, ohne daß die jeweiligen Handlungen Vorteile oder Nachteile für andere Streitgenossen bewirken. Dementsprechend kann jeder Streitgenosse Angriffs- und Verteidigungsmittel selbständig geltend machen und sich damit auch in Widerspruch zu anderen Streitgenossen setzen. Insbesondere können bestrittene und unbestrittene Tatsachen voneinander abweichen.1)

Die Haftung auf Unterlassen besteht gemäß der einfachen Streitgenossenschaft für jeden von mehreren Schuldnern selbständig und unabhängig voneinander.2) Gleiches gilt für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Auskunft, Vernichtung und Abmahnkostenersatz.3)

Eine einfache Streitgenossenschaft entsteht beispielsweise bei objektiver Klagehäufung. Es handelt sich bei der einfachen Streitgenossenschaft um eine Zusammenfassung mehrerer an sich selbstständiger Prozesse (§ 61 ZPO), bei der im Sinne der Prozessökonomie Verhandlung, Beweisaufnahme gemeinsam durchgeführt werden und in der Regel auch gemeinsam entschieden wird. Zulässigkeit und Begründetheit der selbstständigen Rechtsgesuche sind getrennt zu prüfen. Das Verfahren kann sich demnach für jeden der Streitgenossen unterschiedlich entwickeln und es kann zu unterschiedlichen Entscheidungen führen.

Mit der einfachen Streitgenossenschaft wird daher nicht wie bei der notwendigen Streitgenossenschaft ein zusammengefasstes Prozessrechtsverhältnis geschaffen, sondern es werden vielmehr mehrere uabhängige Prozessrechtsverhältnisse in ein Verfahren zusammengeführt.

Voraussetzungen der Streitgenossenschaft (§§ 59 – 60 ZPO)

Mehrere Personen können als Streitgenossen klagen und verklagt werden, wenn

Aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt (§ 59 Alt. 2 ZPO) sind:

Gleichartigkeit der prozessualen Ansprüche (§ 60 ZPO) liegt vor:

Prozessuale Wirkungen der einfachen Streitgenossenschaft

§§ 59 und 60 ZPO bilden keine Sachurteilsvoraussetzung. Sie sind eine an den Richter gerichtete Maxime, das Verfahren in möglichst ökonomischer Weise durchzuführen. Sind die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt, kommt es zur Abtrennung ohne weitere Folgen.

Prozesstrennung bei unzulässiger Streitgenossenschaft (§ 145 ZPO)

Die einzelnen Prozessrechtsverhältnisse können jederzeit voneinander getrennt werden.

Beispiel: Es wird gegen die Firmen A und B geklagt. Die Klage nimmt eine unterschiedliche Entwicklung in beiden Fällen. A ist entscheidungsreif, B nicht. Die Klagen werden getrennt. Gegen A wird sofort entschieden, gegen B Beweis geführt.

siehe auch

Streitgenossenschaft
Beteiligung mehrerer am Prozeß
Notwendige Streitgenossenschaft

1)
BGH, Urt. v. 27. Februar 2003 - I ZR 145/00
2)
BGH, Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 101/15 - MICRO COTTON; m.V.a. BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - X ZB 12/06, GRUR-RR 2008, 460 Rn. 8 = WRP 2008, 952
3)
BGH, Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 101/15 - MICRO COTTON