Regel 370.9 EPGVO erläutert die Bedingungen für die Rückerstattung von Festgebühren und streitwertabhängigen Gebühren.
Festgebühren und streitwertabhängige Gebühren können wie folgt erstattet werden:
(a) Wird die Klage von einem Einzelrichter entschieden (Regel 345.6], sind der zur Zahlung der Gerichtsgebühren verpflichteten Partei 25 % der Gebühr zu erstatten.
(b) Im Falle der Rücknahme der Klage [Regel 265] erhält die zur Zahlung der Gerichtsgebühren verpflichtete Partei eine Rückerstattung in folgender Höhe:
(i) 60 %, wenn die Klage vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens zurückgenommen wird;
(ii) 40 %, wenn die Klage vor Abschluss des Zwischenverfahrens zurückgenommen wird;
(iii) 20 %, wenn die Klage vor Abschluss des mündlichen Verfahrens zurückgenommen wird.
(c) Haben die Parteien ihr Verfahren durch Vergleich beendet, erhält die zur Zahlung der Gerichtsgebühren verpflichtete Partei eine Rückerstattung in folgender Höhe:
(i) 60 %, wenn das Verfahren vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens vergleichsweise erledigt wird;
(ii) 40 %, wenn das Verfahren vor Abschluss des Zwischenverfahrens vergleichsweise erledigt wird;
(iii) 20 %, wenn das Verfahren vor Abschluss des mündlichen Verfahrens vergleichsweise erledigt wird.
(d) Je Klage und Partei kommt nur eine der in Absatz 9 (a), (b) und (c) vorgesehenen Rückerstattungen zur Anwendung. Im Falle der Anwendbarkeit mehr als einer Rückerstattung, kommt für jede Partei die höhere Rückerstattung zur Anwendung.
(e) In außergewöhnlichen Fällen kann das Gericht unter Berücksichtigung insbesondere des Verfahrensstadiums und des Verhaltens der Partei im Verfahren, die nach den Buchstaben (b) und (c) zahlbare Rückerstattung verweigern oder kürzen.
Regel 370 Abs. 9 (b) VerfO bestimmt, dass im Falle der Rücknahme einer Klage [Regel 265], die zur Zahlung der Gerichtsgebühren verpflichtete Partei eine Rückerstattung erhalten kann. Maßgeblich für die Höhe der Rückerstattung ist entsprechend den Buchstaben (i) – (iii) der Zeitpunkt der Rücknahme. Wird die Klage vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens zurückgenommen, kann gemäß Buchstabe (i) eine Rückerstattung in Höhe von 60 % der Gerichtsgebühren erfolgen. Für die Rückerstattung bedarf es nach Regel 370 Abs. 11 VerfO eines Antrags.1)
Dem Wortlaut zufolge betrifft Regel 370 Abs. 9 (b) VerfO lediglich die Gebührenerstattung bei Rücknahme einer Klage, wie die gewählte Begrifflichkeit – in der deutschen Fassung ‚Klage‘, in der englischen und in der französischen Fassung jeweils ‚action‘ – und der im Klammerzusatz enthaltene Verweis auf die Regel 265 VerfO zeigen. Gestützt wird dies durch die Regelung, dass die Höhe der Gebührenrückerstattung an die für ein Klageverfahren von der Verfahrensordnung vorgesehenen Verfahrensschritte (Regel 10 VerfO) geknüpft ist. Eine direkte Anwendung von Regel 370 Abs. 9 (b) VerfO scheidet folglich im Falle der Rücknahme eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen aus.2)
Regel 370 Abs. 9 (b) VerfO findet in diesem Fall indes analog Anwendung. Es besteht eine Regelungslücke, da die Gebührenrückerstattung bei Rücknahme eines Antrags auf Erlass einstweiliger Maßnahmen auch in keiner anderen Vorschrift geregelt ist. Die Regelungslücke ist planwidrig. Die Gebührenerstattung kann mithin einen Anreiz bieten, eine Klage oder einen Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen zurückzunehmen. Angesichts der Staffelung der Erstattungshöhe je nach Zeitpunkt der Rücknahme bietet dies zudem eine Motivation für eine möglichst frühzeitige Rücknahme verbunden mit der frühzeitigen Beendigung des Prozesses. Diese Zielsetzung und Motivation gelten für eine Klage und einen Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen in gleichem Maße.3)
Regel 370 → Gerichtsgebühren
Beschreibt die verschiedenen Arten von Gerichtsgebühren, einschließlich der Festgebühren, der streitwertabhängigen Gebühren und der Gebühren für andere Verfahren und Verfahrenshandlungen, und legt die Anforderungen an die Zahlung der Gebühren fest.