Grundproblem: Der Nichtberechtigte oder widerrechtliche Entnehmer fügt vor der Anmeldung noch etwas Erfinderisches hinzu. Damit fehlt grundsätzlich die für eine widerrechtliche Entnahme geforderte wesentliche Identität zwischen dem Erfindungsbesitz des Klägers und der entnommenen Anmeldung bzw. dem entnommenen Patent.
Im Fall der Teilentnahme kann der Vindikationskläger seinen Anspruch nur auf Einräumung eines Mitrechts am Patent bzw. der Anmeldung richten. Ein Einspruch hätte keinen Erfolg, da er eine Verfügung über das gesamte Patent darstellen würde, die nur allen Teilhabern gemeinsam zusteht (§ 747 BGB). Etwas anderes gilt, wenn die Erfindung teilbar ist; dann wird im Einspruch nur der entnommene Teil widerrufen und der Rest aufrechterhalten, bzw. bei Vindikationsklage nur der entnommene Teil übertragen. Unter Miterfindern gibt es keine widerrechtliche Entnahme.
Zu unterscheiden sind folgende zwei Konstellationen:
Das Entnommene kann nicht von dem durch den Anmelder Hinzugefügten durch Teilung getrennt werden. Dies kann entweder an der Natur der Ansprüche liegen, oder daran, daß die Möglichkeit zur Teilung (§§ 39, 60 PatG) nicht mehr besteht. Der Einspruch ist bei einer unteilbaren Erfindung nach einer Auffassung des BPatG unzulässig (vgl. BPatG, 12.12.2013 - 11 W (pat) 5/13 - Fondue-Einrichtung) (wg. 747 BGB bzw. § 6 Satz 2 PatG; vgl. auch „eines anderen“ in § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG). Die Vindikationsklage ist dann auf Einräumung einer Mitteilhaberschaft an der Anmeldung oder dem Patent zu richten.
Anders sieht es der BGH (vgl. BGH · Beschluss vom 22. Februar 2011 · Az. X ZB 43/08 - Rn 15) jedenfalls in dem Fall, dass es sich nicht um eine Auseinandersetzung unter Mitberechtigten handelt, sondern um einen Einspruch, mit dem der Einsprechende seine alleinige Berechtigung an der Erfindung geltend macht. In einer solchen Konstellation kann auch eine aktuell als Patentmitinhaber eingetragene Person in schutzwürdiger Weise am Widerruf des Patents interessiert sein. Dieses Interesse muss nicht notwendigerweise mit den Möglichkeiten zusammenhängen, Einfluss auf den Inhalt der Patentschrift bzw. die Formulierung der Patentansprüche nehmen zu können, sondern kann, was ebenfalls anerkennenswert ist, auch durch die Aussicht begründet sein, die Erfindung nach dem Widerruf allein zum Patent anmelden zu können (§ 7 Abs. 2 PatG).
Dann sind im Einspruch der widerrechtlich entnommene Teil und der vom Anmelder dazu erfundene Teil so voneinander zu trennen, daß der Anmelder nur noch Schutz für die Kombination der beiden Bestandteile erhält (oder für den von ihm dazu erfundenen Teil), während die widerrechtlich entnommenen Bestandteile widerrufen werden müssen und ein Disclaimer in die Beschreibung aufgenommen wird, der auf den Verzicht dieser Teile gerichtet ist. Der Einsprechende kann hinsichtlich des widerrufenen Teils sein Nachanmelderecht gemäß § 7 II PatG geltend machen. Bei Nichtigkeitsklage: Teilnichtigkeit.
Dazu folgendes Beispiel: Der Anspruch 1 des erteilten Patents habe die Merkmale A + B + C. Widerrechtlich entnommen wurden die Merkmale A + B; A + B ist erfinderisch gegenüber dem St. d. T.; A + B + C ist erfinderisch gegenüber A + B, wobei C vom Anmelder hinzugefügt wurde.
Ziel der Einspruchsentscheidung (und einer späteren Nachanmeldung) müßte in diesem Fall sein, daß der Anmelder ein Patent mit den Merkmale A, B und C erhält, das abhängig ist von einem Patent mit den Merkmale A und B des durch die widerrechtliche Entnahme Verletzten. (warum eigentlich abhängig, Carsten ? )
Siehe dazu auch GRUR 1977, S. 594 „Geneigte Nadeln„: „Dem Verletzten muß aber bei nur teilweiser Entnahme auch im Erteilungsverfahren (früher Einspruchsverfahren der Erteilung vorgeschaltet) in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 PatG gestattet sein, den Einspruch mit dem Ziel einer Beschränkung auf den nicht entnommenen Teil des Anmeldungsgegenstands durchzuführen, vorausgesetzt, daß der entnommene Teil selbständig schutzfähig ist und einen trennbaren Bestandteil der Anmeldung bildet. Dies gilt auch dann, wenn das entnommene Gedankengut - wie hier - nur ein Element der angemeldeten Gesamtkombination ist, das aber auch für sich alleine schutzfähig wäre. Das hat das BPatG hinsichtlich des Merkmals der „nach vorn geneigten Nadeln“ zugunsten des Einsprechenden unterstellt. In einem solchen Fall liegen zwei selbständige Erfindungen vor, von denen die eine das Kombinationselement und die andere die unter Einbeziehung dieses Elements gebildete Kombination betrifft. Allerdings kann eine Trennung dieser beiden Erfindungen nicht in der Weise geschehen, daß das entsprechende Merkmal aus dem Kombinationsanspruch gestrichen wird; denn dies würde, worauf das BPatG zu Recht hingewiesen hat, zu einer unzulässigen Erweiterung der bekannt gemachten Anmeldung führen. Eine Aufteilung ist aber - jedenfalls im Erteilungsverfahren - in der Weise möglich und geboten, daß der Anmelder von sich aus auf einen selbständigen Schutz des entnommenen Elements verzichtet oder, wenn der Anmelder hierzu nicht bereit ist, in den Gründen des Erteilungsbeschlusses ein selbständiger Schutz insoweit versagt wird, und daß der Verletzte das entnommene Element zum Gegenstand einer eigenen Anmeldung macht.“
Dieses Ziel ist meines Erachtens mit den Mitteln des heutigen Rechts nicht mehr erreichbar, da sowohl ein übriggebliebenes Patent A + B + C als auch ein nachangemeldetes Patent A + B immer die gleiche Priorität haben werden und deshalb das positive Benutzungsrecht (das ja in so einem Fall zur Anwendung kommen kann) dazu führt, dass der Anmelder A + B + C ohne Verletzung des priogleichen Patents A + B des Verletzten benutzen kann. (zu diesem Problem siehe auch Busse vgl. § 21 Rdnr. 60; Stimmt das, Carsten ??? Ich glaube schon, siehe Word-Kommentar oben. Ohne die geforderte Abhängigkeit geht es jedoch, wenn Anmelder Klausel aufnimmt, in der die - an sich überflüssige - Formulierung steht, daß er keine separaten Schutz für A + B haben will ??) Andreas, was meinst Du dazu?
Problem: Wann beginnt bei Einspruch wegen vollständiger widerrechtlicher Entnahme die Monatsfrist des § 7 II PatG, wenn Patentinhaber während des Verfahrens auf den entnommenen Teil verzichtet ? Erst mit rechtskräftigem Abschluss des Einspruchs, da erst dann feststeht, welche Teile der ursprünglichen Offenbarung von der Nachanmeldung ausgeschöpft werden können, d.h. der Umfang des Nachanmelderechts steht noch nicht fest. Zwar wird auch in diesem Fall as Amt eine Mitteilung gem. § 7 II über den Teilverzicht zustellen, diese Mitteilung wird die Monatsfrist jedoch nicht in Lauf setzen.
Siehe dazu auch noch ein Zitat aus GRUR 1977, S. 594 „Geneigte Nadeln“:
„Wenn der Einsprechende berechtigt war, in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 PatG ( entspricht dem heutigen Einspruchsgrund des § 21 I Nr. 3) den Einspruch mit dem Ziel zu erheben, daß in der Anmeldung die Möglichkeit eines selbständigen Schutzes für das entnommene Element ausgeschlossen wird, so gibt ihm der entsprechende Verzicht der Anmelderin auch die Möglichkeit, insoweit eine Nachanmeldung unter Inanspruchnahme des Anmeldetags der streitigen Anmeldung vorzunehmen. Zwar besteht nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 PatG ein Nachanmelderecht nur, wenn die Anmeldung aufgrund des Einspruchs zurückgenommen oder zurückgewiesen wird; die entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 3 PatG auf Fälle der vorliegenden Art erfordert es aber, auch den Ausschluß des Schutzes für einzelne Kombinationselemente der Anmeldung für die Inanspruchnahme der Entnahmepriorität ausreichen zu lassen. Dabei dürfte die Frist für die Nachanmeldung entgegen der Auffassung von V. Tetzner (GRUR 1963, 551 ) jedenfalls dann nicht von der amtlichen Mitteilung über einen entsprechenden Verzicht der Anmelderin abhängen, wenn wie hier der Einspruch auch und in erster Linie darauf gestützt war, daß das gesamte Patent wegen widerrechtlicher Entnahme zu versagen sei; denn bevor nicht endgültig über den Einspruch entschieden ist, steht der Umfang des Nachanmelderechts nicht fest.„
Das Problem der Teilbarkeit stellt sich auch im Nichtigkeitsverfahren, das analog behandelt wird (aber kein Nachanmelderecht, § 7 II PatG erwähnt nur Einspruch);
Die Klageformulierung bei einer Teilvindikation enthält bei Teilbarkeit der Anmeldung / des Patents die folgenden drei Bestandteile: