Nimmt der Einsprechende den Einspruch zurück, so wird das Verfahren [→ Einspruchsverfahren] von Amts wegen ohne den Einsprechenden fortgesetzt. Abweichend von Satz 3 ist das Verfahren beendet, wenn sich der zurückgenommene Einspruch ausschließlich auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Ent- nahme nach § 21 Absatz 1 Nummer 3 gestützt hat. In diesem Fall oder wenn das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist, wird die Beendigung des Verfahrens durch Beschluss festgestellt.
§ 61 (1) S. 1 PatG → Entscheidung über den Einspruch
Die Rücknahme des Einspruchs beendet das Verfahren nicht. Das Verfahren wird von Amts wegen ohne den Einsprechenden vortgesetzt (§ 61 I S.2 PatG). Unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung ist jedoch die Zulässigkeit des zurückgenommenen Einspruchs.
Diese Vorschrift ist eine Ausprägung des allgemein geltenden Untersuchungsgrundsatzes1) und entspricht der Eigenschaft des Einspruchsverfahrens als Popularrechtsbehelf, der der Allgemeinheit die Möglichkeit geben soll, alsbald nach Veröffentlichung der Patenterteilung Gründe geltend zu machen, die dem Rechtsbestand des erteilten Patents entgegenstehen und so in einem besonders kostengünstigen Verfahren das erteilte Patent einer vertieften Prüfung zu unterwerfen, jedenfalls aber zur Klärung der unter Schutz gestellten technischen Lehre und deren inhaltlicher Festlegung beitragen soll.2)
Der Gesetzgeber hat die Fortführung des Einspruchsverfahrens im Falle der Rücknahme des Einspruchs vorgesehen, da sich die Verfahrensweise, das vom Einsprechenden mitgeteilte Material im Falle seines Ausscheidens im allgemeinen Interesse von Amts wegen zu berücksichtigen, bewährt habe. Dadurch werde zugleich eine weitgehende Anpassung an die im europäischen Patentrecht geregelte - fakultative - Fortsetzung des Verfahrens vorgenommen.3)
Die Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG, wonach das Einspruchsverfahren nach Einspruchsrücknahme von Amts wegen fortgesetzt wird, ist auch in den gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG für eine Übergangsfrist von drei Jahren vom Bundespatentgericht zu entscheidenden Verfahren anwendbar. Unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung ist jedoch auch in diesen Fällen die Zulässigkeit des zurückgenommenen Einspruchs.4)
Der in § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG normierte Grundsatz, dass das Einspruchsverfahren nach Rücknahme des Einspruchs von Amts wegen fortzusetzen ist, beansprucht auch für ein nachfolgendes, vom Patentinhaber eingeleitetes Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren Geltung.5)
Hat das Patentgericht ein Patent auf Beschwerde des Einsprechenden widerrufen, kann der Einsprechende dem Verfahren über eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde auch nicht dadurch die Grundlage entziehen, dass er die Beschwerde zurücknimmt.6)
Die erforderliche Klärung der Frage, ob das Einspruchsverfahren gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG fortzusetzen oder aber beendet ist, kann im Falle der Verfahrensbeendigung durch Beschluss mit einer entsprechenden Feststellung erreicht werden.
Eine Fortsetzung des Einspruchsverfahrens von Amts wegen ist nur zulässig, solange das Patent noch besteht.7)
Ein Einspruchsverfahren ist für erledigt zu erklären, wenn der Patentinhaber auf das Patent verzichtet und gegenüber dem Einsprechenden verbindlich erklärt, gegen diesen aus dem Patent auch für die Vergangenheit keine Ansprüche geltend zu machen.8)
Zwar dient das Einspruchsverfahren auch dem Interesse der Allgemeinheit an einem Widerruf zu Unrecht erteilter Patente, was sich unter anderem darin äußert, dass ein Einspruch grundsätzlich unabhängig von einem Rechtsschutzbedürfnis des Einsprechenden zulässig ist und das Einspruchsverfahren gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG nach Rücknahme des Einspruchs von Amts wegen fortzusetzen ist. Diese Grundsätze gelten jedoch nur, solange das Patent in Kraft ist. Auch wenn das Patent nur mit Wirkung für die Zukunft erloschen ist, wird ein Einspruch unzulässig, wenn der Einsprechende kein Rechtsschutzbedürfnis an einem Widerruf hat.9)
Das Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahren ist in der Hauptsache erledigt, wenn der Einspruch allein auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG) gestützt wurde und der Einsprechende seinen Einspruch zurückgenommen hat.10)
Die Regelung der Verfahrensfortsetzung ohne den Einsprechenden ist im Bereich der widerrechtlichen Entnahme nicht anwendbar.11)
Da der Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme nach seiner Bedeutung und Funktion lediglich im Individualinteresse des allein einspruchsberechtigten Verletzten liegt und sonst damit keine öffentlichen Interessen wahrgenommen werden, reicht die (erstinstanzliche) Prüfungsbefugnis nicht soweit, ein Einspruchsverfahren mit dem Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme außerhalb einer zulässigen Geltendmachung des Verletzten nach dem Untersuchungsgrundsatz von Amts wegen zu betreiben und damit den Widerrruf des Patents zu begründen (Einschränkung von BGH GRUR 1995, 333, 335-337 - Aluminium-Trihydroxid). Vielmehr muss das Einspruchsverfahren hinsichtlich widerrechtlicher Entnahme dem Verhandlungsgrundsatz und der Dispositionsmaxime überlassen bleiben.12)
§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG das Einspruchsverfahren, wenn dieser Einspruch ausschließlich auf den Einspruchsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt war und das Streitpatent auf den Einsprechenden übertragen worden ist.13)
Die Beendigung des Einspruchsverfahrens ist aus Gründen der Rechtssicherheit durch Beschluss festzustellen.14)
§§ 59 bis 64 PatG → Einspruchsverfahren
§§ 34 bis 64 PatG → Verfahren vor dem Patentamt
PatG → Patentgesetz
Patentrecht → Rücknahme des Einspruchs