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verfahrensrecht:umfang_der_rechtskraft

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Umfang der Rechtskraft

Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Das bedeutet zum einen, daß eine erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist.1)

Der Umfang der Rechtskraft ist der Entscheidung im Ganzen zu entnehmen. Auszugehen ist von der Urteilsformel. Sofern diese allein nicht ausreicht, um Rechtsfolge und Lebenssachverhalt zu erfassen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen. Da ein Versäumnisurteil regelmäßig weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält, ist bei einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten neben der Urteilsformel ergänzend auf das Klagevorbringen abzustellen.2)

Hat ein Kläger in einem vorangegangenen Prozess nur einen Teilanspruch geltend gemacht, so erfasst die Rechtskraft des Urteils nur diesen Teil des Anspruchs und erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten restlichen Anspruch. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger für das Gericht und den Beklagten erkennbar zum Ausdruck bringt, dass sein bezifferter Antrag nur einen Teil des Anspruchs erfasst, so dass Nachforderungen vorbehalten werden, oder ob es sich um eine „verdeckte“ Teilklage handelt.3)

Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Anspruch ausschließende materielle Rechtskraft eines Urteils nur so weit reicht, wie über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden worden ist.4)

Der Umfang der Rechtskraft eines Urteils ist in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht die Urteilsformel allein nicht aus, den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen, sind zur Auslegung der Urteilsformel der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen.5)

Bei einem Anerkenntnisurteil kommt es für die Auslegung der Urteilsformel in erster Linie darauf an, was die Parteien gewollt und erklärt haben.6)

Bei der Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft eines eine Leistungsklage abweisenden Urteils sind der Tatbestand und die Entscheidungsgründe einschließlich des Parteivorbringens heranzuziehen, da sich allein aus der Urteilsformel der Streitgegenstand und damit Inhalt und Umfang der getroffenen Entscheidung nicht notwendig erkennen lassen.7)

Eine Einschränkung des Umfangs der Rechtskraft eines die Leistungsklage abweisenden Urteils wird danach angenommen, wenn dem Urteil zu entnehmen ist, dass das Gericht einen rechtlichen Gesichtspunkt bewusst ausgespart hat. Sie ist danach dann geboten, wenn der Entscheidung unmissverständlich der Wille des Prozessgerichts zu entnehmen ist, über den zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht abschließend zu erkennen und dem Kläger so eine Klage zu diesem Anspruch auf der gleichen tatsächlichen Grundlage und aufgrund von bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegenden Umständen vorzubehalten.8)

Hat ein Kläger im vorangegangenen Prozess nur einen Teilanspruch geltend gemacht, so erfasst die Rechtskraft des Urteils nur diesen Teil des Anspruchs und erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten restlichen Anspruch.9)

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Kläger für das Gericht und den Beklagten erkennbar zum Ausdruck bringt, dass sein bezifferter Antrag nur einen Teil des Anspruchs erfasst, so dass Nachforderungen vorbehalten bleiben oder ob es sich um eine „verdeckte“ Teilklage handelt.10) Nach dieser Entscheidung steht etwa die rechtskräftige Zuerkennung von Versicherungsleistungen zur Wiederherstellung eines durch Diebstahl von Fahrzeugteilen beschädigten wertvollen Pkw einer neuerlichen Klage, mit der Ersatz für zusätzliche, nach Abschluss des ersten Rechtsstreits fortgesetzte Restaurierungsarbeiten verlangt wurde, nicht entgegen.11)

Macht der Kläger ferner mit beziffertem Zahlungsantrag einen Schadensersatzanspruch aus bestimmten Schadensposten geltend, so steht die Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils der Nachforderung weiterer Beträge aus denselben Positionen in einem späteren Prozess nicht entgegen.12)

siehe auch

1)
st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - 1 ZR 269/00; m.V.a. BGHZ 93, 287, 288 f.; 123, 137, 139ff.; BGH, Urt. v. 17.3.1995 -VZR178/93, NJW 1995, 1757; Urt. v. 14.7.1995 -V ZR 171/94, NJW 1995, 2993 m.w.N.
2)
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 57/21; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164, 166 [juris Rn. 13]
3)
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 57/21; m.V.a. BGH, Urteil vom 25. September 2007 - X ZR 60/06, BGHZ 173, 374 Rn. 15
4)
BGH, Urt. v. 25. September 2007 - X ZR 60/06; m.V.a. vgl. BGHZ 93, 330 ff.; 135, 178 ff.
5)
BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 27/13 - K-Theory; Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Mai 1997 - VI ZR 181/96, NJW 1997, 3447; Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 135/05, GRUR 2008, 933 = WRP 2008, 1227 - Schmiermittel). Bei einem Anerkenntnisurteil kommt es für die Auslegung der Urteilsformel in erster Linie darauf an, was die Parteien gewollt und erklärt haben (Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Februar 1952 - I ZR 117/51, BGHZ 5, 189 - Zwilling
6)
BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 27/13 - K-Theory; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. Februar 1952 - I ZR 117/51, BGHZ 5, 189, 192 - Zwilling
7)
OLG Düsseldorf, I-2 U 60/05
8)
OLG Düsseldorf, I-2 U 60/05; m.V.a. BGH, NJW 1990, 1795; GRUR 2002, 787, 788f. m.w.N. – Abstreiferleiste
9) , 11)
BGH, Urt. v. 25. September 2007 - X ZR 60/06
10)
BGH, Urt. v. 25. September 2007 - X ZR 60/06; m.V.a. BGHZ 135, 178, 181
12)
BGH, Urt. v. 25. September 2007 - X ZR 60/06; m.V.a. BGH, Urt. v. 15.7.1997 - VI ZR 142/95, NJW 1997, 3019 f.
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