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upc:rechtsgueltige_zustellung_durch_alternative_schritte

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Rechtsgültige Zustellung durch alternative Schritte

Regel 275.2 EPGVO erlaubt dem Gericht, bereits unternommene Schritte als rechtsgültige Zustellung anzuerkennen.

Regel 275.2 EPGVO

Auf einen mit einer Begründung versehenen Antrag des Klägers kann das Gericht anordnen, dass die Schritte, die bereits unternommen wurden, um dem Beklagten die Klageschrift nach einem alternativen Verfahren oder an einem anderen Ort zur Kenntnis zu bringen, eine rechtsgültige Zustellung darstellen.

Eine rechtswirksame alternative Zustellung ist nach dem Wortlaut der Regel 275 Nr. 2 EPGVO nicht davon abhängig, dass eine Zustellung nach den Regeln 270 bis 274 EPGVO nicht vorgenommen werden konnte. Eine alternative Zustellung nach Regel 275 Nr. 2 EPGVO ist also auch dann möglich, wenn ein Zustellversuch nach Regeln 270 – 274 EPGVO noch nicht abgeschlossen ist.1)

Gemäß Regel 275.2 EPGVO ist ein erfolgloser Versuch, Dokumente nach Regel 274.1 a) (ii) EPGVO [→ Verfahren zur Zustellung außerhalb der Vertragsmitgliedstaaten] zuzustellen, in der Regel nicht als ordnungsgemäße Zustellung akzeptabel. Nur wenn ein Zustellungsversuch unter Regel 274 EPGVO gescheitert ist und eine Zustellung durch eine alternative Methode oder an einem alternativen Ort weder möglich noch zumutbar ist, kann das Gericht anordnen, dass ein erfolgloser Zustellungsversuch unter Regel 274 EPGVO als ordnungsgemäße Zustellung gilt.2)

Unter Regel 275.2 kann angeordnet werden, dass Schritte, die bereits unternommen wurden, um die Klageschrift dem Antragsgegner auf alternative Weise oder an einem alternativen Ort zur Kenntnis zu bringen, als ordnungsgemäße Zustellung gelten. Gemäß dem klaren Wortlaut von Regel 275.2 EPGVO („… Schritte, die bereits unternommen wurden, um die Klageschrift dem Antragsgegner auf alternative Weise oder an einem alternativen Ort zur Kenntnis zu bringen …“), kann nur ein (nicht erfolgloser) Versuch, das Dokument auf alternative Weise oder an einem alternativen Ort zuzustellen, als ordnungsgemäße Zustellung genehmigt werden. Demgegenüber ist ein erfolgloser Versuch, Dokumente gemäß Regel 274.1 a) (ii) EPGVO zuzustellen, in der Regel keine ordnungsgemäße Zustellung gemäß Regel 275.2 EPGVO.

Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ECJ C-222/84) ist die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der in den gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten verankert ist und sich in den Artikeln 6 und 13 der EMRK widerspiegelt. Effektiver Rechtsschutz bedeutet, dass ein bestehender Rechtsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Es wäre unvereinbar mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes, wenn die Durchsetzung eines bestehenden Rechtsanspruchs daran scheitern könnte, dass eine gerichtliche Anordnung nicht zugestellt werden kann. Folglich kann weder die Anordnung noch die Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen gemäß Artikel 62 EPGÜ dadurch vereitelt werden, dass ein Antrag auf einstweilige Verfügung oder eine gerichtliche Anordnung, die gemäß einem solchen Antrag erteilt wurde, nicht zugestellt werden kann. Die Vorschriften über die Zustellung in der EPGVO müssen im Einklang mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes ausgelegt werden. Es muss daher immer möglich sein, eine ordnungsgemäße Zustellung zumindest gemäß Regel 275.2 der EPGVO festzustellen..3)

Wenn es nicht möglich war, den Antrag auf eine vorläufige Maßnahme gemäß Regel 274 der EPGVO zuzustellen und es auch keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die daraufhin erlassene Versäumnisentscheidung im gleichen Verfahren gemäß Regel 274 der EPGVO zugestellt werden kann, ist es nicht erforderlich, zu versuchen, die Versäumnisentscheidung gemäß Regel 274 der EPGVO zuzustellen, bevor eine Anordnung gemäß Regel 275.2 der EPGVO getroffen wird.4)

siehe auch

Regel 275 → Zustellung der Klageschrift nach einem alternativen Verfahren oder an einem anderen Ort
Regelt die Zustellung der Klageschrift nach einem alternativen Verfahren oder an einem anderen Ort, wenn die Zustellung nach den üblichen Verfahren nicht möglich war.

1)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 27.September 2023 – UPC_CFI_5/2023
2)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 9. Dezember 2024 – UPC_CFI_509/2023
3) , 4)
EPG, Lokalkammer München, Beschl. v. 21. Januar 2025 – UPC_CFI_509/2023
upc/rechtsgueltige_zustellung_durch_alternative_schritte.txt · Zuletzt geändert: 2025/01/22 21:06 von mfreund