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Nimmt der Kläger die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents durch die beanstandete Ausführungsform mit einer Abmahnung (→ Schutzrechtsverwarnung) in Anspruch nahm, greift sie in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten ein, wenn tatsächlich keine Patentverletzung vorliegt.1)
Solch ein Eingriff ist rechtswidrig und schuldhaft im Sinne des § 276 BGB, wenn die Klägerin nach rechtskundiger Beratung hätte erkennen können, dass die angegriffene Ausführungsform nicht dem Schutzbereich des Klagepatents unterliegt.2)
Ist die Beklagte nach Erhalt der Abmahnung gehalten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um sich sachgerecht gegen den erhobenen Verletzungsvorwurf verteidigen zu können, so sind die hierdurch entstehenden Kosten in Form von Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit kausal durch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung hervorgerufen und damit als Schaden im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen.3)
Der Lieferant kann den Schaden, der ihm durch Inanspruchnahme seines Abnehmers aus einem später für nichtig erklärten Patent entstanden ist, unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eigenen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von demjenigen ersetzt verlangen, der in schuldhafter Weise unberechtigt aus dem Patent vorgegangen ist.4))
Die nachträgliche Nichtigerklärung eines Patents kann, soweit aus diesem einstweiliger Rechtsschutz erwirkt worden ist, einen Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO [→ Vollziehungsschaden begründen.5)
Was Schäden anbelangt, die durch die gerichtliche Inanspruchnahme der Klägerin selbst entstanden sind, kann der Auffassung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, bei Nichtigerklärung eines Patents kämen Ansprüche nach § 945 ZPO nicht in Betracht6). Vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents wirken gegenüber jedermann auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Erfindung zum Patent zurück 7). Sie haben zur Folge, dass Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in dem Umfang, in dem das Patent widerrufen oder für nichtig erklärt worden ist, von Anfang an nicht bestehen. Daraus ergibt sich, dass die Rechtsstellung, die durch ein Patent erlangt wird, das in dem für nichtig erklärten Umfang nicht hätte erteilt werden dürfen, dem Patentinhaber von Gesetzes wegen bereits anfänglich nicht zusteht. Dem Patentinhaber erwächst durch den Bestand eines zu Unrecht erteilten Patents auch keine geschützte Rechtsstellung (Senat, Versäumnisurt. v. 05.07.2005 - X ZR 167/03 - Vergleichsempfehlung II). Im Ergebnis ist die Rechtslage daher nicht anders als in dem Fall, dass sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Das ist aber gerade einer der in § 945 ZPO geregelten Fälle.8)
Dass ein auf den Bestand des Patents gestütztes Verhalten nicht schuldhaft sein könne .. trifft … in dieser Allgemeinheit nicht zu. Ein dahin gehender Rechtssatz besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Patentinhaber weitergehende Kenntnisse als die Erteilungsbehörden über den Stand der Technik hat, diese Kenntnisse aber entgegen seiner nunmehr in § 34 Abs. 7 PatG normierten Wahrheitspflicht zurückhält, aber auch dann nicht, wenn ihm möglicherweise der Schutzfähigkeit entgegenstehendes Material nachträglich bekannt geworden ist und er wusste, dass dieses Material der Schutzfähigkeit des Streitpatents entgegensteht, oder er sich dieser Erkenntnis in vorwerfbarer Weise verschlossen hat.9)
BGB → Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung
BGB → Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
UWG → Abnehmerverwarnung
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