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Ist die Beklagte nach Erhalt der Abmahnung gehalten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um sich sachgerecht gegen den erhobenen Verletzungsvorwurf verteidigen zu können, so sind die hierdurch entstehenden Kosten in Form von Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit kausal durch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung hervorgerufen und damit als Schaden im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen.1)
Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und hierbei wiederum nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. dem Vergütungsverzeichnis zum RVG. Die den Anwälten zustehenden Gebühren für ihre im Rahmen des Abmahnverfahrens entstandenen Kosten bestimmen sich nach dem Streitwert der Angelegenheit.2)
Ist der von der Klägerin vorgerichtlich ein Streitwert von 250.000,00 € angesetzt worden, so kann auf der Grundlage dieses Gegenstandswertes der anwaltliche Vertreter für die außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Beklagten nach §§ 13, 14 i.V.m. Abschnitt 4 der Anlage 1 zum RVG (Ziffer 2400 ff.) eine 1,5-Gebühr zugrunde legen.3)
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG hat der Rechts- und entsprechend auch der Patentanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen.4)
Das Gericht hat im Rahmen des Anspruchs des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten auf Ersatz- der bzw. Freistellung von den angefallenen Rechtsanwaltsgebühren allein darüber zu entscheiden, ob der Ansatz der von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten geltend gemachten 1,5-Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist.5)
Bei der hiernach vorzunehmenden Überprüfung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG dem Anwalt bei der Bestimmung der Gebühren ein Ermessen einräumt, so dass diese verbindlich ist, wenn die von dem Rechtsanwalt bestimmte Gebühr eine gewisse Toleranzgrenze nicht überschreitet. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung an, dass dem Rechtsanwalt, der seine Vergütung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen bestimmt, ein 20-prozentiger Toleranzbereich zusteht, innerhalb dessen die Vergütungsbestimmung noch nicht als unbillig anzusehen ist.6)
Welche Gebühr der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Einzelfall verdient hat, ist gemäß § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände zu bestimmen. Einen Anhalt dafür, welche Rahmengebühr der Gesetzgeber für einen normal gelagerten Fall als angemessen erachtet hat, liefert der Zusatz zu Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG), nach dem eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Aus dieser alternativen Formulierung folgt, dass eine Überschreitung der 1,3 Gebühr bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben ist. Für Fälle der vorliegenden Art, in denen es um die Verletzung von Patenten geht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese sowohl für Rechtsanwälte wie auch Patentanwälte zunächst unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits als schwierig zu gelten haben, da es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere des Patentrechts nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es einer besonderen Spezialisierung, die von den Rechtsanwälten gefordert wird, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts, da dieser trotz der Unterstützung durch den Patentanwalt mit der Klärung technischer Sachverhalt genauso befasst ist wie mit der Überprüfung von rechtlichen Fragestellungen.7)
Der Ansatz einer 1,5-Gebühr ist angemessen, wenn es sich um keine leicht überschaubare Technik handelt.8)
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