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Der Grundsatz des Doppelschutzverbots basiert darauf, dass der Anmelder kein legitimes Interesse an einem Verfahren hat, das zur Erteilung eines zweiten Patents für denselben Gegenstand führt, für den er bereits ein Patent besitzt.1)
Anders als manche nationalen Gesetze enthält weder das Europäische Patentübereinkommen selbst noch seine Ausführungsordnung eine spezifische Bestimmung zur Doppelpatentierung.2)
Der Grundsatz des Doppelschutzverbots, d. h. der Erfinder (oder sein Rechtsnachfolger) hat nur darauf Rechtsanspruch, dass das Europäische Patentamt ihm für eine gegebene in einem gegebenen Anspruch definierte Erfindung ein – einziges – Patent erteilt, ist nach dem EPÜ anwendbar und kann aus Artikel 60 EPÜ abgeleitet werden, wonach „das Recht auf das europäische Patent … dem Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger [zusteht]“.3)
Wurde dem Erfinder (oder seinem Rechtsnachfolger) schon ein Patent erteilt, so ist dieser Rechtsanspruch auf ein Patent erschöpft, und das Europäische Patentamt kann es ablehnen, dem Erfinder (oder seinem Rechtsnachfolger) für den Gegenstand, auf den bereits ein Patent erteilt wurde, ein weiteres Patent zu erteilen.4)
Es entspricht ständiger Praxis des EPA, Änderungen in Teilanmeldungen zu beanstanden und zurückzuweisen, wenn in der geänderten Teilanmeldung derselbe Gegenstand beansprucht wird wie in einer anhängigen Stammanmeldung oder einem erteilten Stammpatent.5)
Ein Einwand wegen Doppelpatentierung kann auch dann erhoben werden, wenn der Gegenstand des erteilten Anspruchs im Gegenstand des später eingereichten Anspruchs enthalten ist, d. h. wenn der Anmelder den Gegenstand des bereits erteilten Patentanspruchs erneut patentieren lassen will und zusätzlich Patentschutz für einen anderen Gegenstand begehrt, der im bereits erteilten Patent nicht beansprucht wird. Ist insbesondere der Gegenstand, der zweimal patentiert würde, sowohl im schon erteilten Patent als auch in der vorliegenden anhängigen Anmeldung die bevorzugte Ausführungsart der Erfindung, kann das Ausmaß der Doppelpatentierung nicht als geringfügig vernachlässigt werden. Um den Einwand der Doppelpatentierung auszuräumen, müssten die Ansprüche der anhängigen Anmeldung auf den anderen, noch nicht patentierten Gegenstand beschränkt sein, sodass man sich im Prüfungsverfahren auf die Frage konzentrieren kann, ob ein auf diesen anderen Gegenstand gerichteter Anspruch den Erfordernissen des EPÜ entspricht.6)
Dieser Grundsatz kann jedoch nicht geltend gemacht werden, um die Einreichung identischer Anmeldungen zu verhindern, denn das würde gegen den vorrangigen Grundsatz verstoßen, wonach erst anhand der endgültigen Fassung einer Anmeldung zu beurteilen ist, ob sie die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.7)
Im EPÜ wird nicht eigens auf den Fall gleichzeitiger europäischer Patentanmeldungen gleichen wirksamen Datums eingegangen. Es ist jedoch ein anerkanntes Prinzip in den meisten Patentsystemen, dass ein und demselben Anmelder für eine Erfindung nicht zwei Patente erteilt werden. Ein Anmelder kann zwar zwei Anmeldungen mit derselben Beschreibung prüfen lassen, wenn die Patentansprüche einen völlig unterschiedlichen Umfang haben und auf verschiedene Erfindungen gerichtet sind. In dem seltenen Fall, in dem in zwei oder mehreren europäischen Patentanmeldungen des gleichen Anmelders derselbe Staat bzw. dieselben Staaten endgültig benannt werden, indem die Benennung durch Zahlung der vorgeschriebenen Benennungsgebühren bestätigt wird, und die Patentansprüche dieser Anmeldungen denselben Anmelde- oder Prioritätstag haben und dieselbe Erfindung betreffen (wobei die Patentansprüche in der in VI, 9.1.6 dargelegten Weise kollidieren), ist dem Anmelder jedoch mitzuteilen, dass er entweder eine oder mehrere Anmeldungen so ändern muss, dass sie nicht länger die gleiche Erfindung beanspruchen, oder unter diesen Anmeldungen eine auswählen muss, die im Hinblick auf die Patenterteilung bearbeitet werden soll. Sollten zwei derartige Anmeldungen mit demselben wirksamen Datum von zwei verschiedenen Anmeldern eingereicht werden, dann ist jedem zu gestatten, so zu verfahren, als würde es die andere Anmeldung nicht geben.8)
In der Stammanmeldung und den Teilanmeldungen darf nicht der gleiche Gegenstand beansprucht werden (siehe IV, 7.4). Dies bedeutet nicht nur, dass sie keine Patentansprüche von im Wesentlichen gleichem Umfang enthalten dürfen, sondern auch, dass in einer Anmeldung nicht der Gegenstand beansprucht werden darf, auf den in der anderen Anmeldung - auch wenn dies mit anderen Worten geschieht - Patentansprüche gerichtet sind. Der Unterschied zwischen den Gegenständen der beiden Anmeldungen muss deutlich erkennbar sein. In der Regel kann jedoch in der einen Anmeldung deren eigener Gegenstand in Verbindung mit demjenigen der anderen Anmeldung beansprucht werden. Mit anderen Worten: Wenn die Stammanmeldung und die Teilanmeldung jeweils einen eigenen, vom anderen verschiedenen Bestandteil A bzw. B beanspruchen, die in Verbindung miteinander funktionieren, kann eine der beiden Anmeldungen auch einen Patentanspruch für A plus B enthalten.9)
T 307/03
G 1/05 and G 1/06, ABl. EPA 2008, 271 and 307
T 1391/07, T 118/91, point 2.4.1 of the reasons, T 80/98, point 9, T 587/98 (OJ EPO 2000, 497), point 3.3, T 475/02, point 8.6, T 411/03, point 4.2, T 425/03, point 4.2, T 467/03, point 4.2, T 468/03, point 4.2 and T 579/05, point 2.2
Die nationalen Patentgesetze einiger Vertragsstaaten enthalten ausdrückliche Bestimmungen zum Verbot der Doppelpatentierung; so heißt es beispielsweise in § 18 (5) des Patentgesetzes des Vereinigten Königreichs von 1977 (in geänderter Fassung):
„Sind zwei oder mehr Patentanmeldungen für die gleiche Erfindung mit dem gleichen Prioritätsdatum vom gleichen Anmelder oder seinem Rechtsnachfolger eingereicht worden, dann kann der Comptroller die Erteilung eines Patents auf mehr als eine der Anmeldungen aus diesem Grund ablehnen.“
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