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ep:aufrechterhaltung_des_europaeischen_patents_in_geaendertem_umfang

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Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang

Regel 82 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) beschreibt die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang.

Regel 82 (1) EPÜ → Mitteilung der beabsichtigten Fassung
Die Einspruchsabteilung teilt den Beteiligten die Fassung mit, in der sie das Patent aufrechtzuerhalten beabsichtigt, und fordert sie zur Stellungnahme auf.

Regel 82 (2) EPÜ → Fortsetzung des Einspruchsverfahrens
Das Einspruchsverfahren kann fortgesetzt werden, wenn ein Beteiligter mit der mitgeteilten Fassung nicht einverstanden ist.

Die neue Bestimmung gilt für alle europäischen Patente, für die in der mündlichen Verhandlung am oder nach dem Tag ihres Inkrafttretens eine Entscheidung nach Artikel 106 Absatz 2 oder Artikel 111 Absatz 2 EPÜ erlassen wird.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2015[ 1 ] hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Regel 82 (2) EPÜ dahin gehend geändert, dass in der mündlichen Verhandlung eine Zwischenentscheidung einer Einspruchsabteilung nach Artikel 101 (3) a) in Verbindung mit Artikel 106 (2) EPÜ oder eine Entscheidung einer Beschwerdekammer nach Artikel 111 (2) EPÜ auf der Grundlage von geänderten Unterlagen erlassen werden kann, die nicht die formalen Erfordernisse der Regel 49 (8) EPÜ erfüllen. Nach der geänderten Regel muss das Erfordernis der Einreichung von Unterlagen, die der Regel 49 (8) EPÜ entsprechen, erst zeitgleich mit den anderen in Regel 82 (2) EPÜ genannten Formerfordernissen erfüllt werden.1)

Diese Änderung tritt am 1. Mai 2016 in Kraft. Sie gilt für alle europäischen Patente, für die an oder nach diesem Tag in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung nach Artikel 101 (3) a) in Verbindung mit Artikel 106 (2) EPÜ oder nach Artikel 111 (2) EPÜ erlassen wird. Eingaben in mündlichen Verhandlungen im Einspruchsverfahren.2)

Die geänderte Vorschrift gilt nur für Eingaben in mündlichen Verhandlungen im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren. Im schriftlichen Einspruchs(beschwerde)verfahren gilt weiterhin der allgemeine Grundsatz, wonach Entscheidungen über die Fassung des Patents nur auf Unterlagen gestützt werden können, die die Formerfordernisse erfüllen, einschließlich derer der Regel 49 (8) EPÜ. Es wird darauf hingewiesen, dass Streichungen als maschinenschriftliche Änderungen gelten.3)

Das EPA wird Patentinhaber weiterhin dazu ermuntern, in mündlichen Verhandlungen im Einspruchsverfahren der Regel 49 (8) EPÜ entsprechende Unterlagen einzureichen. Zudem wird es weiterhin technische Mittel und Unterstützung zur Verfügung stellen, die die Einhaltung dieser Formerfordernisse ermöglichen, so z. B. einen Online-Zugriff auf die Patentschrift (B-Veröffentlichung), die als Ausgangspunkt für Änderungen der Beschreibung dienen sollte.4)

Nach der geänderten Regel 82 (2) EPÜ muss der Patentinhaber jedoch nicht mehr in der mündlichen Verhandlung vor der Entscheidung über die Fassung des Patents, das in geändertem Umfang aufrechterhalten werden soll, der Regel 49 (8) EPÜ entsprechende Unterlagen einreichen. Er kann eine formal korrekte Fassung des geänderten Wortlauts auch erst in Vorbereitung der Veröffentlichung des in geändertem Umfang aufrechterhaltenen Patents einreichen, d. h. innerhalb der Frist nach Regel 82 (2) EPÜ.5)

Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang (Art. 101 (3) a) EPÜ) bezieht sich auf die geänderten Unterlagen, auf die die Zwischenentscheidung nach Artikel 101 (3) a) in Verbindung mit Artikel 106 (2) EPÜ oder die Entscheidung der Beschwerdekammer nach Artikel 111 (2) EPÜ gestützt ist.6)

In der in Regel 82 (2) Satz 3 EPÜ[ 2 ] genannten Verfahrenssituation enthalten somit die in der mündlichen Verhandlung eingereichten, formal mangelhaften Unterlagen die verbindliche Fassung des in geändertem Umfang aufrechterhaltenen Patents. Die Einreichung von formal korrekten Unterlagen ist eine reine Formalität, die keine Auswirkungen auf den Inhalt des in geändertem Umfang aufrechterhaltenen Patents hat.7)

Wenn in der mündlichen Verhandlung die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung auf Unterlagen gestützt wurde, die nicht der Regel 49 (8) EPÜ entsprechen, weil sie handschriftliche Änderungen enthalten, fordert die Einspruchsabteilung den Patentinhaber in der Mitteilung nach Regel 82 (2) EPÜ auf, eine formal korrekte Fassung des geänderten Wortlauts einzureichen. In der Aufforderung werden die formal mangelhaften, geänderten Absätze und/oder Ansprüche aufgeführt, für die Austauschabsätze und/oder -ansprüche einzureichen sind.8)

Dasselbe gilt, wenn eine Beschwerdekammerentscheidung die Angelegenheit an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverweist, das Patent auf der Grundlage von Unterlagen mit handschriftlichen Änderungen aufrechtzuerhalten.9)

Auf die Aufforderung der Einspruchsabteilung nach Regel 82 (2) EPÜ hin muss der Patentinhaber Austauschabsätze und/oder -ansprüche einreichen, die eine formal korrekte, wörtliche Reproduktion der Fassung enthalten, die durch die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung bzw. durch die Entscheidung der Beschwerdekammer festgelegt wurde.10)

Der zuständige Formalsachbearbeiter vergleicht die Austauschabsätze und/oder -ansprüche mit den formal mangelhaften Absätzen und/oder Ansprüchen der Fassung, die durch die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung bzw. durch die Entscheidung der Beschwerdekammer festgelegt wurde. Ist die eingereichte Fassung mit der handschriftlich geänderten Fassung identisch, formal korrekt und vollständig (d. h. enthält sie alle geforderten Absätze und/oder Ansprüche), so wird das Druckexemplar anhand der B-Veröffentlichung und der Austauschabsätze und/oder -ansprüche erstellt.11)

Die Erfordernisse der Regeln 82 (2) Satz 3 und 49 (8) EPÜ sind nicht erfüllt, i) wenn innerhalb der maßgeblichen Frist keine Erwiderung eingereicht wird, ii) wenn die Austauschabsätze/-ansprüche unvollständig sind, iii) wenn die Austauschabsätze/-ansprüche formal mangelhaft sind oder iv) wenn die Fassung der formal mangelhaften Absätze und/oder Ansprüche, die in der Aufforderung nach Regel 82 (2) EPÜ aufgeführt waren, und die Fassung der Austauschabsätze und/oder -ansprüche voneinander abweichen.12)

Bei jedem der unter i) bis iv) genannten Mängel ergeht eine Mitteilung nach Regel 82 (3) EPÜ, in der festgestellt wird, dass das Erfordernis, eine formal korrekte, wörtliche Reproduktion der aufgeführten geänderten Textpassagen einzureichen, nicht erfüllt ist, und in der dem Patentinhaber mitgeteilt wird, dass die fehlende Handlung noch innerhalb von zwei Monaten vorgenommen werden kann, sofern eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird.13)

Wird innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung der Mitteilung nach Regel 82 (3) EPÜ keine vollständige und formal korrekte, wörtliche Reproduktion aller aufgeführten geänderten Absätze und/oder Ansprüche eingereicht, so treten die in Regel 82 (3) EPÜ vorgesehenen Rechtsfolgen ein und das Patent wird widerrufen.14)

Regel 82 (3) EPÜ → Einreichung der Übersetzung geänderter Patentansprüche
Der Patentinhaber wird aufgefordert, eine Übersetzung der geänderten Patentansprüche einzureichen.

Regel 82 (4) EPÜ → Angabe der Fassung in der Entscheidung
In der Entscheidung, durch die das europäische Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten wird, ist die ihr zugrunde liegende Fassung des Patents anzugeben.

Für den Fall der Aufrechterhaltung eines Patents in beschränkter Form schreibt Regel 82 AusfEPÜ zwingend ein formalisiertes Verfahren vor. Nach diesem Verfahren darf die endgültige Entscheidung der Einspruchsabteilung, welche die der beschränkten Aufrechterhaltung zugrunde liegende Fassung des Patents anzugeben hat (Regel 82 Abs. 4 AusfEPÜ), erst nach Erlass einer vorangehenden Zwischenentscheidung (Regel 82 Abs. 1 AusfEPÜ) ergehen, wenn gegen diese keine Einwendungen erhoben wurden (Regel 82 Abs. 2 AusfEPÜ) oder gegen sie für den Fall, dass sie aufgrund ausdrücklicher Zulassung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde für anfechtbar erklärt wird (Art. 106 Abs. 2 zweiter Hs. EPÜ), eine solche nicht eingelegt oder rechtskräftig zurückgewiesen wurde, die erforderliche Gebühr zur Veröffentlichung der geänderten Patentschrift (Regel 82 Abs. 2 Satz 2 AusfEPÜ i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 8 der Gebührenordnung des EPA) gezahlt und eine Übersetzung der geänderten Patentansprüche in die Amtssprachen eingereicht worden ist. Für die Gebührenzahlung und die Einreichung der Übersetzung besteht dabei eine Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Patentinhaberin eine entsprechende Anforderung durch die Einspruchsabteilung zugegangen ist (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 AusfEPÜ), wobei diese Frist gegen Zahlung einer Zuschlagsgebühr nochmals um zwei weitere Monate verlängert werden kann (Regel 82 Abs. 3 Satz 1 AusfEPÜ). Werden die Gebühren nicht gezahlt oder die Übersetzung nicht eingereicht, ist das Patent – ungeachtet der im Verfahren zuvor festgestellten grundsätzlichen Schutzfähigkeit des Patents – zu widerrufen (Regel 82 Abs. 3 Satz 2 AusfEPÜ). Aus der Formulierung, dass im Fall des Fehlens von Einwendungen gegen die in der Zwischenentscheidung mitgeteilte beschränkte Fassung, die dazu führen würden, dass das Einspruchsverfahren „fortgesetzt“ wird, die Einspruchsabteilung „andernfalls“ zur Zahlung der Veröffentlichungsgebühr und zur Einreichung der Übersetzungen in die anderen Sprachen auffordert, kann dabei nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass im Fall fehlender Einwendungen gegen die Zwischenverfügung das Einspruchsverfahren bereits beendet sei. Denn Regel 82 Abs. 2 Satz 2 AusfEPÜ ordnet für den mit dem Begriff „andernfalls“ bezeichneten Fall des Fehlens von Einwendungen lediglich an, dass die für den Fall von Einwendungen angeordnete Fortsetzung des Einspruchsverfahrens erforderliche (erneute) Prüfung des Einspruchs nach Art. 101 EPÜ im Fall, dass keine Einwendungen erhoben wurden („andernfalls“), entfällt. Zudem kann eine Beendigung des Einspruchsverfahrens schon deshalb nicht eintreten, weil zum einen die Entscheidung nach Regel 82 Abs. 4 AusfEPÜ noch nicht ergangen ist, mit der erst die Fassung, in welcher das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten wird, wirksam festgestellt wird, und zum anderen ein Widerruf des Patents bei Nichterfüllung der Auflagen nach Regel 82 Abs. 2 Satz 2 AusfEPÜ weiterhin möglich ist (Regel 82 Abs. 3 Satz 2 AusfEPÜ). Das in Regel 82 AusfEPÜ vorgeschriebene Verfahren ist dabei auch für den Fall einzuhalten, dass - wie hier - die erste Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in der die Schutzfähigkeit in beschränktem Umfang festgestellt worden war, von der Beschwerdekammer aufgehoben und die Beschwerdekammer – wie in der Praxis des EPA üblich - statt einer eigenen Entscheidung über den Einspruch das Verfahren an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung über den Einspruch zurückverweist; denn bei einer Zurückverweisung ergeht gerade keine Sachentscheidung der Beschwerdekammer, vielmehr beschränkt sich die Wirkung der Entscheidung der Beschwerdekammer lediglich auf eine Bindung der Einspruchsabteilung an die rechtliche Beurteilung der Beschwerdekammer (Art. 111 Abs. 2 EPÜ).15))

siehe auch

AO EPÜ, Teil 5, Kapitel I → Einspruchsverfahren
Dieses Kapitel regelt das Einspruchsverfahren gegen erteilte europäische Patente. Es umfasst die Form und den Inhalt des Einspruchs, die Vorbereitung und Prüfung des Einspruchs sowie die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang. Zudem werden die Kostenverteilung und der Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers behandelt.

1) , 2) , 3) , 4) , 5) , 6) , 7) , 8) , 9) , 10) , 11) , 12) , 13) , 14)
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 9. März 2016 über die geänderte Regel 82 EPÜ
15)
BPatG, Urteil v. 26. April 2022 - 3 Ni 22/20 (EP
ep/aufrechterhaltung_des_europaeischen_patents_in_geaendertem_umfang.txt · Zuletzt geändert: 2024/11/18 14:14 von areichelt