Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
§ 17 (1) 1. Alt. UrhG → Anbieten des Originals oder von Vervielfältigungsstücken
§ 17 (1) 2. Alt. UrhG → Inverkehrbringen des Originals oder von Vervielfältigungsstücken
§ 17 (2) UrhG → Erschöpfung des ausschliesslichen Verbreitungsrechts
§ 17 (3) UrhG → Vermietung
→ Einstellen eines urheberrechtlich geschützten Werks auf eine Lernplattform
→ Präsentation eines Produkts auf einer Messe
Das Verbreitungsrecht im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.1)
Da es sich bei dem Verbreitungsrecht um nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmung des § 17 Abs. 1 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2001/29/EG das Verbreitungsrecht vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das dadurch begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen.2)
Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.3)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten kann, wenn nicht erwiesen ist, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen ist, sofern die Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt sei, zu seinem Erwerb anregt.4)
Von einer Verbreitung kann nicht ausgegangen werden, wenn der Öffentlichkeit nur der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werkes überlassen wird oder Werkstücke öffentlich gezeigt werden.5)
Eine Verbreitung des Originals eines Werkes oder eines Vervielfältigungsstücks davon an die Öffentlichkeit auf andere Weise als durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG liegt nur bei einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand vor und folglich stellt weder der bloße Umstand, dass der Öffentlichkeit der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werks ermöglicht wird, noch der Umstand, dass diese Werkstücke öffentlich gezeigt werden, ohne dass die Möglichkeit zur Benutzung der Werkstücke eingeräumt wird, eine solche Verbreitungsform dar.6)
Diese Entscheidung des Gerichtshofs steht nach Ansicht des Senats nicht der Annahme entgegen, dass das Verbreitungsrecht des Urhebers das der Öffentlichkeit unterbreitete Angebot zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken des Werkes umfasst. Eine Verbreitung durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG setzt allerdings - per definitionem - ebenso wie eine Verbreitung in sonstiger Weise im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG eine Eigentumsübertragung voraus. Den Ausführungen des Gerichtshofs ist jedoch nicht zu entnehmen, dass das Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG keine Handlungen umfasst, die eine Eigentumsübertragung vorbereiten. Unter den Begriff der Verbreitung des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Werkes an die Öffentlichkeit auf andere Weise als durch Verkauf im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG fallen zwar allein Handlungen, die mit einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand verbunden sind (EuGH, GRUR 2008, 604 Rn. 36 - Peek & Cloppenburg/Cassina). Das Angebot zum Erwerb des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Werkes ist jedoch insoweit mit einer Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand verbunden, als es - anders als die Gebrauchsüberlassung oder Ausstellung von Werkstü-cken ohne Übereignungsabsicht - auf eine Eigentumsübertragung abzielt.7)
Der Tatbestand des § 17 Abs. 1 UrhG wird verwirklicht, wenn im Inland zum Erwerb im Ausland aufgefordert.8)
Das Ausschließlichkeitsrecht des inländischen Schutzrechtsinhabers wird durch das an Inländer gerichtete Angebot beeinträchtigt, da es ihm Kunden entziehen und sich dadurch auf die wirtschaftliche Verwertung des Urheberrechts im Schutzland auswirken kann. Der Rechtsinhaber braucht es nicht hinzunehmen, dass durch das Anbieten im Schutzland an Inländer ein die Verwertung seines Rechts im Schutzland beeinträchtigender Geschäftsverkehr gefördert wird. Ein an Inländer gerichtetes Angebot von Vervielfältigungsstücken eines Werks ist, wie auch die Werbung der Beklagten zeigt, auf die Befriedigung eines im Inland bestehenden Bedarfs gerichtet. Die bereits im Angebot liegende Beeinträchtigung des Verwertungsinteresses des Rechtsinhabers besteht unabhängig davon, ob die Veräußerung des Vervielfältigungsstücks vor oder nach dem Import in das Schutzland erfolgt.9)
Ein Verbreiten i.S. von Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie liegt nach Ansicht des Senats regelmäßig vor, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt werden. Dabei kann die Überlassung des Besitzes für einen nur vorübergehenden Zeitraum genügen10).
Eine Verbreitung auf andere Weise als durch Verkauf i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie liegt nur vor, wenn eine Übertragung des Eigentums an dem Gegenstand erfolgt.11)
Ein Dritter greift daher nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht ein, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit zum Gebrauch zugänglich macht.12)
Von einer Verbreitung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch nicht auszugehen, wenn einem Dritten der Besitz des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks übertragen wird.13)
siehe hierzu Vorlagefrage des BGH, Beschl. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - Le Corbusier-Möbel und BGH, Urt. v. 22. Januar 2009 - I ZR 148/06 - Le Corbusier-Möbel II