Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört.
§ 3 (1) S. 2 PatG → Stand der Technik
§ 3 (2) PatG → Nachveröffentlichte Patentanmeldungen
§ 3 (3) PatG → Sonderregelung für Stoffe und Stoffgemische
§ 3 (4) PatG → Zweckgebundener Stoffschutz
§ 3 (5) Satz 1 Nr. 1 PatG → Neuheitsschonfrist bei offensichtlichem Mißbrauch
§ 3 (5) Satz 2 und 3 PatG → Neuheitsschonfrist für Ausstellungen
→ Abgrenzung der Neuheitsprüfung von Prüpfung der erfinderischen Tätigkeit
→ Offenbarungsgehalt einer Vorveröffentlichung
→ Implizite Offenbarung
Die Neuheit des Erfindungsgegenstands ist Patentierungsvoraussetzung (§ 1 (1) PatG)
Patentschutz kann nur für eine insgesamt neue Erfindung beansprucht werden. Wird ihr Gegenstand im Stand der Technik auch nur mit einer erfassten Ausführungsform vorweggenommen, fehlt es an dieser Voraussetzung. Andernfalls würde ein Exklusivrecht für schon im Stand der Technik Bekanntes verliehen.1)
Die Neuheit kann nur verneint werden, wenn einer einzigen Entgegenhaltung sämtliche Merkmale des Patentanspruchs zu entnehmen sind.2)
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Erzeugnis mit bestimmten Eigenschaften nicht schon dann offenbart, wenn eine Entgegenhaltung für eine solche Ausgestaltung Patentschutz beansprucht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig eine konkrete technische Lehre entnehmen lässt, mit der sich die beanspruchten Eigenschaften verwirklichen lassen.3)
Für eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, gilt nichts anderes. Auch eine solche Vorrichtung ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass die beschriebene Lehre vor dem Prioritätstag bereits praktisch umgesetzt worden ist. Sie muss aber ausführbar offenbart [→ Ausführbarkeit einer technischen Lehre] gewesen sein.4)
Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung in diesem Sinn ist nicht gegeben, wenn die Entgegenhaltung lediglich einen Weg für die Verwirklichung einer Ausführungsform mit anderen Eigenschaften aufzeigt. Der Grundsatz, wonach es für die ausführbare Offenbarung einer technischen Lehre nicht erforderlich ist, für jede denkbare Ausführungsform einen gangbaren Weg zu deren Verwirklichung aufzuzeigen, ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar.5)
Eine für die Ausführbarkeit [→ Ausführbarkeit einer technischen Lehre] hinreichende Offenbarung setzt auch in diesem Zusammenhang voraus, dass der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird.6)
Maßgeblich für die Prüfung der Neuheit ist der Sinngehalt der Veröffentlichung, d.h. diejenige technische Information, die der fachkundige Leser der jeweiligen Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt.7)
Grundlage der Prüfung der Neuheit ist das Wissen, das der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann vermittelt.8)
Grundsätzlich ist nur das vorweggenommen, was in der jeweiligen Entgegenhaltung eindeutig und unmittelbar offenbart ist.9)
Sollte die Lehre des Patents oder einzelner seiner Ansprüche sich nicht unmittelbar und eindeutig aus einer einzelnen zum Stand der Technik zählenden Schrift oder einer offenkundigen Vorbenutzung ergeben, ist zu beurteilen, ob die Lehre für den angesprochenen Fachmann durch den vom Beklagten vorgetragenen und gegebenenfalls bewiesenen Stand der Technik nahegelegt war [§ 1 (1) PatG→ Erfinderische Tätigkeit].
Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert dabei die Ermittlung von deren Gesamtinhalt.10)
Eine Vorveröffentlichung kann dem Fachmann auch solche Informationen über einen technischen Sachverhalt vermitteln, die nicht ausdrücklich dargestellt werden, die sich aber bei der Befolgung der in ihr enthaltenen Anweisungen zwangsläufig ergeben. So werden etwa durch die Beschreibung eines Verfahrens der Fachwelt auch die Kenntnisse zugänglich gemacht, die bei der Nacharbeitung zwangsläufig offenbar werden.11)
Die Ausrichtung auf ein bisher nicht bekanntes Ergebnis führt nicht zu einem neuen Verfahren, wenn sich das erstrebte Ergebnis bei der unveränderten Ausführung eines vorbeschriebenen Verfahrens von selbst einstellt 12). b) Die zuletzt genannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn sich das angestrebte Ergebnis bei der Nacharbeitung des bekannten Verfahrens nur zufällig einstellt 13). c) Zufällig in diesem Sinne ist ein Ergebnis auch dann, wenn es sich nur unter bestimmten Rahmenbedingungen einstellt und deren Verwirklichung durch den Stand der Technik weder offenbart noch nahegelegt war. 14)
Der Offenbarungsbegriff ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird.15)
Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt.16)
Beim Neuheitstest kommt es darauf an, ob der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik einen solchen Gegenstand als zur angemeldeten Erfindung gehörend entnehmen kann [→Offenbarungsgehalt einer Vorveröffentlichung].
Für die Annahme mangelnder Neuheit eines Gerätesatzes, dessen Bestandteile in ihren technischen Merkmalen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks aufeinander abgestimmt sind, reicht es nicht aus, dass im Stand der Technik eine Mehrzahl von Einzelteilen eines solchen Satzes ohne funktionale Abstimmung bekannt ist.17)
Eine Entgegenhaltung, in der vorgeschlagen wird, die darin offenbarte Vorrichtung zur Steigerung des Wirkungsgrades mit bestimmten zusätzlichen Elementen zu versehen, nimmt eine Ausgestaltung, bei der der Wirkungsgrad ohne diese Elemente gesteigert wird, nicht neuheitsschädlich vorweg.18)
Anders als für die Frage, ob der Gegenstand eines Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht [§ 38 Satz 2 PatG → Unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung], ist für die Beurteilung der Neuheitsfrage nicht erheblich, ob ein bestimmter Gegenstand als zur Erfindung gehörend offenbart ist. Ausreichend ist vielmehr, dass der Gegenstand in der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig offenbart ist.19)
Für die Neuheitsprüfung eines Patents kommt es auf das geschützte Erzeugnis [→ Erzeugnisanspruch] an, nicht auf die zugrunde liegende Konstruktionsregel. Eine Merkmalsgruppe, die die Konstruktionsregel einer Vorrichtung beschreibt, stellt kein eigenständiges technisches Merkmal dar, wenn sie nicht in der Ausgestaltung des Erzeugnisses selbst zum Ausdruck kommt.20)
Ein Stand der Technik, der eine Vorrichtung mit einer bestimmten Funktion oder Struktur offenbart, kann auch dann die Neuheit eines Patentanspruchs ausschließen, wenn sich die zugrunde liegende Konstruktionsregel von der im Patent beanspruchten Regel unterscheidet.21)
PatG, Erster Abschnitt → Das Patent
Definiert die Anforderungen für die Patentierbarkeit von Erfindungen, legt Einschränkungen fest, regelt die Rechte der Erfinder und Patentanmelder, und beschreibt die Verwaltung von Patenten, einschließlich ihrer Laufzeit, Übertragung, und Bedingungen unter denen Patente widerrufen oder für nichtig erklärt werden können.