Materielle Rechtskonflikte

Zur Beseitigung eines Konflikts zwischen materieller Berechtigung des Erfinders oder seines Rechtsnachfolgers (§ 6 PatG) und dem formalem Recht des Anmelders bzw. des Patentinhabers sieht das Gesetz folgende Mittel vor:

Die widerrechtliche Entnahme stellt wesentlich auf den Erfindungsbesitz des Klägers ab. Gegenüber Ansprüchen aus widerrechtlicher Entnahme kann der Beklagte die mangelnde materielle Berechtigung des Klägers als Einwand vorbringen, muß dies dann aber auch beweisen. Bei der Anmeldung durch den Nichtberechtigten ist dagegen auf die materielle Berechtigung (§ 6 PatG) abzustellen, Erfindungsbesitz ist hier nicht relevant (beispielsweise kann der Erbe, der die Erfindung nicht kennt, einen Vindikationsanspruch geltend machen). Der für die widerrechtliche Entnahme relevante Erfindungsbesitz ist aber in der Regel einfacher zu beweisen als die materielle Berechtigung.

Dem wegen widerrechtlicher Entnahme Verletzten stehen grundsätzlich Vindikationsklage und Einspruch nebeneinander zu. Ziel der Vindikationsklage ist die Übertragung des Patents in seiner erteilten Fassung. Im Gegensatz dazu zielt der Einspruchsgrund der widerrechtlichen Entnahme auf die rückwirkende Beseitigung des Patents und der Anmeldung, sowie die Ausübung des Nachanmelderechts ab.

Die Übertragung des Patents auf den sachlich Berechtigten macht den Einspruch nicht nachträglich gegenstandslos.1)

Der Vindikationsanspruch ist dinglicher Natur und dem Herausgabeanspruch des § 985 ähnlich (aA Bernhard/Kraßer: eher bereicherungsrechtliche Eingriffskondiktion). 2)

Vorsicht ist bei der Sicherung der Ansprüche bei widerrechtlicher Entnahme angeraten, da der widerrechtliche Entnehmer Verfügungsgewalt über die Patentanmeldung bzw. das Patent hat.

Neben dem Vindikationsanspruch kannn der widerrechtlich Entnommene eventuell Schadensersatzansprüche gegen den Nichtberechtigten geltend machen.

Im Fall einer Kombinationserfindung sind der von dem Nichtberechtigten zugefügte und der unberechtigt entnommene Anteil zu werten im Hinblick darauf, inwieweit beide ursächlich für den Enderfolg sind. Diese Würdigung kann unter Umständen zu einer Alleininhaberschaft des Berechtigten führen, wenn dem beigefügten Teil eine nur unwesentliche und untergeordnete Bedeutung zukommt. Andererseits wird eine Alleininhaberschaft des (nicht berechtigten) Anmelders bzw. Schutzrechtsinhabers in der Regel nur dann in Frage kommen, wenn der entnommene Teil keinen beachtenswerten Beitrag zum Gegenstand der Anmeldung oder des Schutzrechts geliefert hat.3)

siehe auch

1)
BGH, Beschl. v. 16.12.1993 - X ZB 12/92 - Lichtfleck
2)
Siehe dazu GRUR 1982, S. 95 - Pneumatische Einrichtung: „Danach hat der Erfinder, der nach den Feststellungen des BerG der Kl. ist, das Recht auf das Patent, worunter mit Benkard (Patentgesetz, 7. Aufl. § 15 PatG Rdn. 2) alle Rechte aus der Erfindung zu verstehen sind. Diese gesetzliche Verknüpfung dieser Rechte mit der Erfinderschaft soll dem Erfinder nicht nur Beweiserleichterungen verschaffen, sondern vor allem seine sachliche Berechtigung an allen aus seiner Erfindung fließenden Rechten festschreiben. Dem Erfinder ist damit eine Rechtsstellung gegeben, die mit der des Eigentümers vergleichbar ist. Daher kann auch der Vindikationsanspruch des § 5 PatG 1961 (jetzt § 8) mit dem Herausgabeanspruch des Eigentümers nach § 985 BGB verglichen werden, zumal bereits die zur Patenterteilung angemeldete Erfindung ein dem Eigentum gleichzuachtendes Recht ist, das auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießt (BVerfGE 36, 281, 290). An dieser Berechtigung des Erfinders ändert die Eintragung eines Dritten in der Patentrolle und dessen Benennung als Patentinhaber in der Patentschrift nichts, denn dies sind nur deklaratorische Angaben, die, wie auch § 4 Abs. 1 PatG 1961 (jetzt § 7 Abs. 1) zeigt, über die sachliche Berechtigung der als Patentinhaber genannten Person nichts aussagen. Der Kl. als Alleinerfinder ist daher sachlich Berechtigter im Sinne der §§ 3, 5 PatG 1961 (jetzt §§ 6, 8) am herausverlangten Patent geblieben, sofern er nicht sein Erfinderrecht als Ganzes oder sein Recht auf das Patent oder das Recht am Patent auf einen Dritten übertragen hat.“
3)
BGH Mittl. 1996, 16 'Gummielastische Masse'