Beteiligung Dritter an einem patentamtlichen Verfahren

§ 44 Abs. 2 Satz 1 PatG → Berechtigung zur Stellung des Prüfungsantrags
§ 59 Abs. 2 PatG → Beitritt zum Einspruchsverfahren
§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 66 ZPO → Nebenintervention im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren
Beteiligung am Wiedereinsetzungsverfahren

§ 66 ZPO → Nebenintervention

§ 65 VwGO, § 75 SGG und § 60 FGO → Anspruch auf Beiladung nach den Verfahrensordnungen der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten

Eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, die generell die Beteiligung Dritter an einem patentamtlichen Verfahren oder speziell am patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren regelt, gibt es im Patentgesetz nicht.1)

Zur Verfahrensbeteiligung Dritter gibt es für das patentamtliche Verfahren ausdrückliche Regelungen nur vereinzelt, z. B. in § 44 Abs. 2 Satz 1 PatG (Prüfungsantrag durch Dritten, der aber dadurch nicht zum Beteiligten des Prüfungsverfahrens wird, wie ausdrücklich bestimmt wird) oder in § 59 Abs. 2 PatG (Beitritt eines Dritten zum Einspruchsverfahren nur unter engen Voraussetzungen eines anhängigen bzw. drohenden Verletzungsverfahrens).2)

Ein wegen Patentverletzung verklagter Dritter kann gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 PatG nach Ablauf der Einspruchsfrist einem in Bezug auf das Klagepatent bereits anhängigen Einspruchsverfahren beitreten, weil er anders die Ungültigkeit des Klagepatents nicht geltend machen könnte, da die Erhebung einer Nichtigkeitsklage ausgeschlossen ist, solange ein Einspruchsverfahren anhängig ist (§ 81 Abs. 2 Satz 1 PatG).3)

Im Prüfungsverfahren ist dagegen eine Beteiligung Dritter am Verfahren ausdrücklich ausgeschlossen. So kann zwar außer dem Anmelder auch jeder Dritte Antrag auf Prüfung stellen. Der Dritte wird hierdurch aber nicht Beteiligter des Prüfungsverfahrens. Vielmehr wird es auch in diesem Fall beim Patentamt als einseitiges Verfahren mit dem Anmelder als alleinigem Verfahrensbeteiligten geführt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 PatG).4)

Eine gesetzliche Regelung der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit ergibt sich aus den ZPO-Vorschriften über die Nebenintervention (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 66 ZPO), die im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren nach neuerer Rechtsprechung als anwendbar angesehen werden [→ Nebenintervention im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren].5)

Der Verletzungsbeklagte oder Nichtigkeitskläger hat kein Recht auf Beteiligung am patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren des Patentinhabers.6)

Eine gesetzliche Regelung der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit ergibt sich zwar aus den ZPO-Vorschriften über die Nebenintervention7), die im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren nach neuerer Rechtsprechung als anwendbar angesehen werden8). Die Voraussetzungen einer Nebenintervention liegen im Fall des Beitritts zum Wiedereinsetzungsverfahren aber nicht vor.9)

Eine darüber hinausgehende Heranziehung von Vorschriften aus anderen Verfahrensordnungen scheidet aus, da eine im Patentgesetz etwa vorhandene Regelungslücke über die Beteiligung Dritter am Verfahren bereits durch Rückgriff auf die ZPO-Vorschriften zu lösen ist.

Ein Anspruch auf Beiladung nach den Verfahrensordnungen der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten (§ 65 VwGO, § 75 SGG und § 60 FGO) besteht nur, wenn die Entscheidung eigene Rechte des Beiladungspetenten berühren kann. Dies ist bei der Entscheidung darüber, ob dem Inhaber eines mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents, der die Frist zur Einreichung der deutschen Übersetzung nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜbkG und zur Zahlung der Veröffentlichungsgebühr versäumt hat, Wiedereinsetzung zu gewähren ist, nicht der Fall. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Art. II § 3 IntPatÜbkG10) dient die Übersetzung der europäischen Patentschrift dazu, im Interesse der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft die Nutzbarmachung und Verbreitung der Patentinformation in deutscher Sprache zu fördern und zugleich Wettbewerbsnachteile der deutschen Unternehmen gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz beseitigen. Sie hat damit lediglich informatorischen Charakter und berührt nicht die schutzwürdigen Interessen eines Einzelnen11).12)

Das Verwaltungsverfahrensgesetz nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gilt für Verfahren vor dem Patentamt nicht.13)

siehe auch

Beteiligte

1) , 2) , 6)
BPatG, Beschl. v. 12.Dezember 2013 - 7 W (pat) 1/14 - Verdickungszusammensetzung
3) , 4) , 12) , 13)
BGH, Beschluss vom 7. Juli 2015 - X ZB 4/14 - Verdickerpolymer II
5)
BPatG, Beschl. v. 12.Dezember 2013 - 7 W (pat) 1/14 - Verdickungszusammensetzung; m.V.a. BGH GRUR 2008, 87 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren
7)
§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 66 ZPO
8)
vgl. BGH GRUR 2008, 87 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren
9)
BPatG, Beschl. v. 12.Dezember 2013 - 7 W (pat) 1/14 - Verdickungszusammensetzung Die Nebenintervention setzt nach § 66 Abs. 1 ZPO einen zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit voraus, dem der Nebenintervenient zur Unterstützung einer Partei beitritt. Vorliegend ist das Wiedereinsetzungsverfahren aber nur ein einseitiges Verfahren - die Antragsgegnerin als Patentinhaberin ist einzige Beteiligte -, dem die Antragstellerin gerade nicht zur Unterstützung der Antragsgegnerin beitreten, sondern im Gegenteil dem von der Antragsgegnerin begehrten Rechtsschutzziel entgegen treten möchte. Selbst wenn man die Vorschriften über die Nebenintervention auch in einseitigen patentamtlichen Verfahren für anwendbar hält (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., Einleitung Rdn. 201), ist kein Raum für die Annahme, ein Beitretender könne in einseitigen Verfahren nicht zur Unterstützung des einzigen Beteiligten beitreten, sondern den sonst nicht vorhandenen Gegenpart bilden.((BPatG, Beschl. v. 12.Dezember 2013 - 7 W (pat) 1/14 - Verdickungszusammensetzung
10)
BT-Drucks. 12/632 = BlPMZ 1982, 46 ff.
11)
BGH, Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 74/09, GRUR 2010, 708 Rn. 14 - Nabenschaltung II