§ 8 (2) Nr. 10 MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung
→ Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens
Bösgläubigkeit eines Anmelders i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist.1)
Gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag gelöscht, wenn sie bösgläubig angemeldet [→ Bösgläubigkeit des Anmelders] worden ist.2)
Das Markengesetz knüpft an die unter der Geltung des Warenzeichengesetzes ergangene Rechtsprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus § 1 UWG aF oder § 826 BGB an. Die dazu entwickelten Grundsätze sind auch zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders unter Geltung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG aF heranzuziehen.3) Sie gelten nach der Novellierung des § 50 Abs. 1 MarkenG und der Einführung des Eintragungshindernisses der böswilligen Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG weiter, weil hierdurch die für die böswillige Markenanmeldung bestehenden Maßstäbe nicht geändert werden sollten, sondern das Entstehen ungerechtfertigter Markenrechte im Interesse der Rechtssicherheit bereits im Eintragungsverfahren verhindert werden sollte.4)
Eine böswillige Markenanmeldung kommt danach in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt.5)
Als bösgläubig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen.6)
Der Eingriff in einen eigenen Besitzstand des Antragstellers ist nicht Voraussetzung für die Begründetheit eines Löschungsantrags, entscheidend ist die Störung eines fremden Besitzstandes.7)
Für die Beurteilung einer etwaigen Bösgläubigkeit kommt es vor allem darauf an, ob die Markenanmeldung bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs des Anmelders bezogen oder auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist.8)
Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke durch den Dritten nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein; es reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt.9)
Daher ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen; vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich.10)
Auch wenn auf Seiten des Vorbenutzers ein schutzwürdiger Besitzstand im Inland noch nicht oder nicht mehr besteht, ist eine bösgläubige Markenanmeldung nicht ausgeschlossen. Eine Bösgläubigkeit der Markenanmeldung kann sich daraus ergeben, dass der Anmelder ein Zeichen ohne eigene Benutzungsabsicht als Marke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern.11)
Davon kann auch bei einer Markenanmeldung zu Spekulationszwecken auszugehen sein.12)
Eine bösgläubige Anmeldung setzt zwingend voraus, dass die fragliche Marke mit dem Zeichen, für das ein schutzwürdiger Besitzstand geltend gemacht wird, gleich oder jedenfalls zum Verwechseln ähnlich ist. Anderenfalls kann eine Sperrwirkung von vornherein nicht eintreten. Übereinstimmungen in funktionsbedingten und damit schutzunfähigen Gestaltungselementen von Formmarken können eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit nicht begründen.13)
Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beruht auf Art. 3 Abs. 2 lit. d MarkenRL. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit der Antragsteller die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat. Nach Art. 4 Abs. 4 lit. g MarkenRL kann jeder Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit die Marke mit einer Marke verwechselt werden kann, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung im Ausland benutzt wurde und weiterhin dort benutzt wird, wenn der Anmelder die Anmeldung bösgläubig eingereicht hat.14)
Das Markengesetz knüpft an die Rechtsprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus § 1 UWG a.F. oder § 826 BGB unter Geltung des Warenzeichengesetzes an. Die zu diesem Anspruch entwickelten Grundsätze sind auch zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders unter Geltung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a.F. heranzuziehen.15) Sie gelten auch nach Novellierung des § 50 Abs. 1 MarkenG und der Einführung des Eintragungshindernisses der bösgläubigen Markenanmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG weiter, weil hierdurch die für die bösgläubige Markenanmeldung bestehenden Maßstäbe nicht geändert werden sollten, sondern das Entstehen ungerechtfertigter Markenrechte im Interesse der Rechtssicherheit bereits im Eintragungsverfahren verhindert werden sollte.16)
Die Feststellung, ob der Anmelder die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat, erfordert eine Beurteilung unter Berücksichtigung aller sich aus den relevanten Umständen des Einzelfalls ergebenden Anhaltspunkte.17)
Soweit der - einheitliche nationale und gemeinschaftsrechtliche - Begriff der Bösglaubigkeit der Anmeldung eine subjektive Einstellung des Anmelders im Sinne einer unredlichen Absicht oder eines sonstigen unlauteren Motivs voraussetzt, ist darauf aus den relevanten objektiven Umständen zu schließen.18).
Mit dem Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung hat der deutsche Gesetzgeber den in der Markenrechtsrichtlinie verwendeten Begriff übernommen19). Dieser Begriff ist allerdings weder im Markengesetz noch in der Markenrechtsrichtlinie definiert20).21)
Das Fehlen eines ernsthaften Benutzungswillens des Anmelders kann die Annahme nahelegen, er wolle die Marke zu dem Zweck verwenden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, in rechtsmissbräuchlicher Weise mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.22)
Ein Markenanmelder setzt die mit der Eintragung entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes ein.23) Dieser Tatbestand erfordert die objektive Eignung des Zeichens, eine Sperrwirkung zu entfalten und als Mittel des Wettberbskampfes eingesetzt zu werden; und eine entsprechende Absicht des Anmelders als zumindest wesentliches Motiv für die Anmeldung;
Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen braucht nicht der einzige Beweggrund zu sein. Es reicht aus, wenn die Absicht das wesentliche Motiv war.24)
Bösgläubigkeit ist immer dann anzunehmen sei, wenn ersichtlich Nichtberechtigte Namen oder Abbildungen bekannter lebender oder verstorbener Personen anmelden.25) → Namen oder Bilder berühmter Personen
Bösgläubigkeit kann erst dann angenommen werden, wenn sich aus dem späteren Verhalten des Markeninhabers bei der Ausübung des Monopolrechts dessen geplanter zweckfremder Einsatz ergäbe. Dass sich aufgrund des Geschäftsbetriebs der Markeninhaberin kein unmittelbarer Zusammenhang zu den Waren und Dienstleistungen ergibt, genügt nicht.26)
Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes ist es grundsätzlich rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein anderer dasselbe Zeichen im benachbarten Ausland als Marke für gleiche oder sogar identische Waren benutzt.27) Nur wenn zur Kenntnis von der Benutzung im Ausland besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, steht der markenrechtliche Territorialitätsgrundsatz der Anwendung des inländischen Wettbewerbsrechts nicht entgegen.28)
Die Anmeldung einer Marke kann als wettbewerbswidrig zu beurteilen sein, wenn der Anmelder den Inhaber eines wertvollen ausländischen Zeichens, der dieses demnächst auch auf dem inländischen Markt benutzen will, daran durch die mit der Eintragung der angemeldeten Marke verbundene zeichenrechtliche Sperre hindern will.29)
Einer Markeninhaberin kann nicht zur Last gelegt werden, die Monopolisierung allgemein gebräuchlicher Begriffe beabsichtigt zu haben. Sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer böswilligen Anmeldung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG.30)
Die Ausschlusswirkung einer Marke, hinsichtlich derer nicht die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG bestehen, ist gerade rechtmäßiger Zweck ihrer Eintragung.31)
Der Umstand, dass die Markeninhaberin eine Vielzahl von Marken angemeldet hat, kann den Unlauterkeitsvorwurf nicht begründen, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten.32)
§ 8 (2) Nr. 10 MarkenG → Bösgläubige Markenanmeldung