Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Die Prüfung ist nicht durch § 576 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen; für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt nichts anderes als für das Revisionsverfahren, in dem § 545 Abs. 2 ZPO der Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht entgegensteht.1)
Die deutschen Gerichte sind international zur Sachentscheidung berufen.2)
Unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO ist in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte3) zu prüfen.4)
Die Frage, ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO wegen behaupteter Rechtsverletzun-gen im Internet erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsge-mäß auch auf das Inland richtet, wird nicht einheitlich beantwortet.5)
Das Luganer Übereinkommen ist anwendbar. Nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO sind die Vorschriften dieser Verordnung nur auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben wurden, nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist; für die mit Wirkung zum 1. Mai 2004 der Gemeinschaft beigetretenen Mitgliedstaaten ist insoweit der Beitrittstag maßgeblich. 6)
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.7)
Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung fallen auch Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen.8)
Erfolgsort i.S. von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist jeder Ort, an dem die behauptete Verletzung des geschützten Rechtsgutes eingetreten ist. Der Gerichtsstand hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.9)
Ist die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ durch den Ort des schädigenden Ereignisses begründet, erstreckt sie sich auch auf Unterlassungsansprüche, die aus der behaupteten Verletzung hergeleitet werden.10)
Bei einer Kennzeichenverletzung im Internet liegt der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ in dem Land, in dem die (behauptete) Verletzung des geschützten Rechtsguts eingetreten ist.
Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll.11)
Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, dass durch die Benutzung eines Kennzeichens im Internet tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt. Es reicht vielmehr aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.12)
Ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO auf Grund einer Kennzeichenverletzung im Internet erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet, ist umstritten.13) Nach Auffassung des BGH14), der darüber noch nicht abschließend entschieden hat, spricht viel für eine Begrenzung einer ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann. Maßgeblich sollte demnach sein, ob die unter der Internet-Domain abrufbare Homepage sich auch inhaltlich bestimmungsgemäß an die Verkehrskreise im Inland richtet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar die internationale Zuständigkeit nicht aus § 39 ZPO hergeleitet werden, wenn der Beklagte, der im ersten Rechtszug die Zuständigkeitsrüge erhoben hatte, in der Rechtsmittelinstanz zur Hauptsache verhandelt, ohne die Rüge nochmals zu erheben.15)
Auf Grund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt.16)
Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 II Nr. 2, V MarkenG oder § 15 II, IV MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Diese ist regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden.17)
Nicht jede Kennzeichenbenutzung im Internet ist jedoch dem Schutz von Kennzeichen gegen Verwechslungen nach der nationalen Rechtsordnung unterworfen. Ansonsten würde dies zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und - im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG 18) - zu einer unangemessenen Beschränkung der Selbstdarstellung ausländischer Unternehmen führen.19) Damit einhergehen würde eine erhebliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten von Kennzeichenrechten im Internet, weil die Inhaber verwechslungsfähiger Kennzeichenrechte, die in verschiedenen Ländern geschützt sind, unabhängig von der Prioritätslage wechselseitig beanspruchen könnten, dass die Benutzung des Kollisionszeichens unterbleibt. Die Anwendung des Kennzeichenrechts in solchen Fällen darf nicht dazu führen, dass jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im Internet bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslöst. Erforderlich ist vielmehr, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (von der WIPO als „commercial effect“ bezeichnet) aufweist.20)
Selbst bei einem auch die inländischen Verkehrskreise ansprechenden Angebot haben die Interessen der Markeninhaberin hinter denjenigen einer Werbetreibenden zurückzutreten, wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen der Werbung und des Angebots der Leistungen auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Markeninhaberin im Inland nur geringfügig sind. Ist die Beeinträchtigung der Markeninhaberin auf Grund des Angebots der ausländischen Dienstleistungen der Werbetreibenden im Inland aber nur unwesentlich und ist deshalb von einem Fehlen wirtschaftlicher Auswirkungen auf den Schutz der Kennzeichenrechte der Markeninhaberin auszugehen, haben ihre Interessen im Rahmen einer Gesamtabwägung zurückzutreten.21)
Nach deutschem Wettbewerbsrecht ist ein Internet-Auftritt zu beurteilen, wenn sich dieser bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat.22)
Ein sogenannter Disclaimer, mit dem der Werbende ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern, kann ein Indiz für eine Einschränkung des Verbreitungsgebiets sein23).
Ein wirksamer Disclaimer setzt aber voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet und nicht entgegen seiner Ankündigung gleichwohl in das vom Vertrieb ausgenommene Absatzge-biet liefert.24)
§ 39 ZPO wird im Anwendungsbereich des Luganer Übereinkommens durch Art. 18 LugÜ (der Art. 24 EuGVVO entspricht) verdrängt.25)
Nach Art. 18 LugÜ wird ein Gericht eines Vertragsstaates, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt.26)
Eine Beschränkung auf das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszuges enthält Art. 18 LugÜ nicht; die Zuständigkeit wird daher auch durch rügelose Einlassung in der Berufungsinstanz begründet.27)
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte kann gemäß Art. 18 LugÜ dadurch begründet werden, dass die Beklagte sich in der Berufungsinstanz auf das Verfahren eingelassen hat, ohne die Rüge der internationalen Zuständigkeit weiterzuverfolgen.28)