Aussetzung des Verfahrens vor Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten

Artikel 91 (1) GGV

Ist vor einem Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht eine Klage im Sinne des Artikels 81 - mit Ausnahme einer Klage auf Feststellung der Nichtverletzung - erhoben worden, so setzt es das Verfahren, soweit keine besonderen Gründe für dessen Fortsetzung bestehen, von Amts wegen nach Anhörung der Parteien oder auf Antrag einer Partei nach Anhörung der anderen Parteien aus, wenn die Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters bereits aufgrund einer Widerklage vor einem anderen Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht angegriffen worden ist oder wenn beim Amt bereits ein Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters gestellt worden ist.

Eine Aussetzung nach Art. 91 Abs. 1 der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) kommt nur in Betracht, wenn ein Nichtigkeitsantrag gegen das Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor der Erhebung der Verletzungsklage gestellt worden ist.1)

Bei Geschmacksmusterverletzungen ist § 148 Abs. 1 ZPO ergänzend anwendbar. Eine Verfahrensaussetzung nach dieser Norm erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers an einer zeitnahen Entscheidung und dem Interesse des Beklagten, nicht aufgrund eines löschungsreifen Designs verurteilt zu werden.2)

Eine Verfahrensaussetzung kommt in Betracht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Löschung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters im registerrechtlichen Verfahren besteht. Eine Aussetzung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn sie zu einer unzumutbaren Verfahrensverzögerung führt und die Erfolgsaussichten des Nichtigkeitsverfahrens gering sind.3)

Eine Aussetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens kommt nicht in Betracht, wenn die Nichtigkeitsanträge erst nach Erhebung der Verletzungsklage gestellt wurden, wie es hier der Fall ist.4)

Das Interesse des Klägers an der Fortführung des Verfahrens überwiegt das Interesse des Beklagten an einer Aussetzung, wenn die Erfolgsaussichten der anhängigen Nichtigkeitsverfahren gering sind und das Verletzungsverfahren bereits über eine längere Zeit anhängig ist.5)

siehe auch

Artikel 91 GGV → Besondere Vorschriften über im Zusammenhang stehende Verfahren
Regelt die Aussetzung von Verfahren bei Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten und beim Amt, wenn die Rechtsgültigkeit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters bereits angegriffen worden ist oder wenn ein Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit gestellt wurde.

1) , 2)
BGH, Urteil vom 16. August 2024 - I ZR 122/22
3)
BGH, Urteil vom 16. August 2024 - I ZR 122/22, Rn. 10
4)
BGH, Urteil vom 16. August 2024 - I ZR 122/22, Rnn. 7, 12
5)
BGH, Urteil vom 16. August 2024 - I ZR 122/22, Rn. 19, 24