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Die Bestimmungen im Steuerberatungsgesetz, die die zulässige Hilfeleistung in Steuersachen festlegten, bezwecken den Schutz der Unabhängigkeit des Steuerberaters und stellten Marktverhaltensregelungen zum Schutze der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer dar.
Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland befugt. § 3a StBerG dient der Umsetzung von Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255, S. 22).
Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG können die Mitgliedstaaten unbeschadet spezifischer Vorschriften des Unionsrechts die Dienstleistungsfreiheit nicht aufgrund der Berufsqualifikationen einschränken, wenn der Dienstleister zur Ausübung desselben Berufs rechtmäßig in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und für den Fall, dass sich der Dienstleister in einen anderen Mitgliedstaat begibt, wenn er diesen Beruf in einem oder mehreren Mitgliedstaaten mindestens ein Jahr während der vorhergehenden zehn Jahre ausgeübt hat, sofern der Beruf im Niederlassungsstaat nicht reglementiert ist; die Bedingung einjähriger Tätigkeit gilt nicht, wenn der Beruf oder die Ausbildung zu diesem Beruf reglementiert ist.1)
Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2005/36/EG gelten die Bestimmungen des Titels II „Dienstleistungsfreiheit“ dieser Richtlinie nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufs in den Aufnahmemitgliedstaat begibt.2)
Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG sieht vor, dass der vorübergehende und gelegentliche Charakter der Erbringung von Dienstleistungen im Einzelfall beurteilt wird, insbesondere anhand der Dauer, der Häufigkeit, der regelmäßigen Wiederkehr und der Kontinuität der Dienstleistung.3)
Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG als unionsrechtliche Grundlage des § 3a StBerG dient der Sicherstellung der in Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit. Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen der Art. 57 ff. AEUV verboten. Die Dienstleistungsfreiheit ist gegenüber der in Art. 49 AEUV geregelten Niederlassungsfreiheit subsidiär, so dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, in dem er eine Dienstleistung anbietet, dem Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV und nicht demjenigen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV unterliegt.4)
Ist deshalb ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Berater auch in Deutschland niedergelassen, ist auf ihn die Niederlassungsfreiheit mit der sich aus Art. 49 Abs. 2 AEUV ergebenden Folge anwendbar, dass der Berater mit der Niederlassung den inländischen Vorschriften über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen unterliegt und sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 3a StBerG berufen kann.5)
Die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes über die Beschränkung der Steuerberatungstätigkeit auf bestimmte Personen und Gesellschaften, die nicht aufgrund der Staatsangehörigkeit diskriminieren, dienen dem zwingenden öffentlichen Interesse an der Einhaltung steuerlicher Regelungen, der Verhinderung von Steuerhinterziehung und dem Schutz der Verbraucher vor unqualifizierter Hilfeleistung.6)
Die Verfolgung dieser Zwecke kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Einschränkung von Grundfreiheiten rechtfertigen.7)
§ 4 StBerG sieht vor, dass eine Reihe von Personen, die nicht zu den nach § 3 StBerG zu unbeschränkter Hilfeleistung in Steuersachen befugten, besonderen Anforderungen an ihre Berufsqualifikation sowie einer berufsrechtlichen Kontrolle unterliegenden Personen zählen, unter den in der Vorschrift näher beschriebenen Voraussetzungen zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind.8)
Die Beschränkung ergibt sich aus den in der Vorschrift genannten persönlichen und sachlichen Grenzen.9)
So sind nach § 4 StBerG etwa Notare im Rahmen ihrer Befugnisse nach der Bundesnotarordnung (Nr. 1), Patentanwälte und Patentanwaltsgesellschaften im Rahmen ihrer Befugnisse nach der Patentanwaltsordnung (Nr. 2), Verwahrer und Verwalter fremden Vermögens hinsichtlich dieses Vermögens (Nr. 4), ein Handelsgeschäft betreibende Unternehmer im unmittelbaren Zusammenhang mit einem zu ihrem Handelsgewerbe gehörenden Geschäft (Nr. 5), Berufsvertretungen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs (Nr. 7 und 8), Arbeitgeber hinsichtlich der Hilfeleistung für ihre Arbeitnehmer bei lohnsteuerlichen Sachverhalten oder bei Sachverhalten des Familienlastenausgleichs (Nr. 10), Lohnsteuerhilfevereine hinsichtlich ihrer Mitglieder (Nr. 11), inländische Kapitalanlagegesellschaften oder ausländische Kreditinstitute hinsichtlich der Anträge auf Erstattung von Kapitalertragssteuer (Nr. 12 und 12a) sowie öffentlich bestellte versicherungsmathematische Sachverständige hinsichtlich im unmittelbaren Zusammenhang mit Berechnungen von Pensionsrückstellungen, versicherungstechnischen Rückstellungen und Zuführungen zu Pensions- und Unterstützungskassen zugunsten ihrer Auftraggeber erbrachter Hilfe (Nr. 13) im jeweilig bezeichneten Umfang, mithin beschränkt, zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt.10)
Den in § 4 StBerG genannten Ausnahmen ist gemeinsam, dass die mit der Reglementierung des Steuerberatungsrechts verfolgten Zwecke des Allgemeinwohls durch den personellen und inhaltlichen Zuschnitt auf bestimmte Aspekte steuerlicher Hilfeleistung gewahrt werden, weil die Befugnis zur steuerlichen Hilfeleistung auf ein spezialisiertes Berufsfeld beschränkt ist (etwa Nr. 1 und 2), die der Sache nach eng umgrenzte Hilfeleistung sich als Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit erweist (etwa Nr. 10, 12, 13) oder die beschränkte Hilfeleistung in Steuersachen satzungsmäßige Aufgabe der Vereinstätigkeit für Mitglieder darstellt (etwa Nr. 7, 8 und 11).11)
Stellen die in § 4 StBerG genannten Ausnahmen notwendige Hilfstätigkeiten im Rahmen oder im Zusammenhang mit einer anders gearteten Hauptaufgabe dar, ist davon auszugehen, dass die zur Wahrung der Schutzzwecke des Steuerberatungsrechts erforderliche Qualität der Hilfeleistung durch die wiederkehrende Befassung mit steuerrechtlichen Fragestellungen in mit der Hauptaufgabe verbundenen Ausschnittsbereichen des Steuerrechts gewährleistet ist.12)
Wird die Hilfeleistung als satzungsmäßige Aufgabe im Rahmen einer Vereinstätigkeit erbracht, ist ebenfalls davon auszugehen, dass eine hinreichende Sachkunde des Hilfeleistenden vorhanden ist. Die in § 4 StBerG vorgesehenen Ausnahmen gefährden danach nicht die systematische und kohärente Verfolgung der der Beschränkung der Befugnis zu Hilfeleistung in Steuersachen nach dem Steuerberatungsgesetz zugrundeliegenden Gemeinwohlzwecke.13)
Nach § 8 Abs. 1 StBerG darf auf eigene Dienste oder Dienste Dritter zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen hingewiesen werden, soweit über die Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet wird.14)
Nach § 8 Abs. 3 StBerG dürfen die in § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG bezeichneten Personen und Gesellschaften - hierbei handelt es sich um die zu unbeschränkter Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen und Gesellschaften - auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen nach den für sie geltenden berufsrechtlichen Vorschriften hinweisen.15)
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 StBerG dürfen die in § 6 Nr. 4 StBerG bezeichneten Personen - sie sind für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen vom in § 5 Abs. 1 StBerG für andere als die in §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen vorgesehenen Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen ausgenommen - auf ihre Befugnisse zur Hilfeleistung in Steuersachen hinweisen und sich als Buchhalter bezeichnen.16)
Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 StBerG dürfen Personen, die den anerkannten Abschluss „Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin“ oder „Steuerfachwirt/Steuerfachwirtin“ erworben haben, unter dieser Bezeichnung werben.17)
Im Umkehrschluss ergibt sich aus dem vorgenannten Inhalt des § 8 StBerG, dass natürliche und juristische Personen, denen mangels Zugehörigkeit zum in den §§ 3, 3a, 4 und 6 Nr. 4 StBerG genannten Personenkreis eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nicht gestattet ist, für die Erbringung solcher Dienstleistungen nicht werben dürfen.18)
Das § 8 StBerG danach zu entnehmende Werbeverbot für Personen und Vereinigungen, die nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, stellt eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG dar.19)
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