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Eine Klageerweiterung muß sachdienlich sein (§ 533 Nr. 1 ZPO).
Die Sachdienlichkeit setzt zunächst voraus, dass durch die Mitbehandlung der Klageerweiterung im anhängigen Verfahren ein ansonsten drohender neuer Rechtsstreit zwischen den Parteien vermieden wird.1)
Für die Anerkennung der Sachdienlichkeit bedarf es darüber hinaus der Feststellung, dass für die Beurteilung der erweiterten Klage der bisherige Streitstoff verwendet werden kann.2)
In Patentverletzungsstreitigkeiten fehlt es hieran in aller Regel, wenn der Verletzungsgegenstand zwar derselbe ist, die von Anfang an angegriffene Ausführungsform jedoch aus einem weiteren Patent oder Gebrauchsmuster bekämpft wird, ohne dass der Schutzrechtsinhaber hierzu nach § 145 PatG gezwungen ist.3)
Die Sachdienlichkeit ist nicht nur dann zu bejahen, wenn tatsächlich ein Fall des § 145 PatG vorliegt, d.h. objektiv ein Sachverhalt gegeben ist, bei dem mehrere Patente durch „dieselbe oder eine gleichartige Handlung“ verletzt sind. Bei einer derartigen, allein auf die objektive Rechtslage abstellenden Betrachtung würde der Kläger in unzumutbarer Weise der Gefahr ausgesetzt, die Rechtslage entschuldbar falsch zu beurteilen und deswegen erhebliche Nachteile (in Form eines Verlustes der Einklagbarkeit des weiteren Patents) hinnehmen zu müssen. Solches wäre umso weniger akzeptabel, als die Frage, wann „dieselbe oder eine gleichartige Handlung“ vorliegt, im Einzelfall ganz beträchtliche Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich bringen kann, weswegen dem Kläger eine etwaige Fehlbeurteilung im Einzelfall nicht wirklich vorwerfbar sein kann. Entscheidend und ausreichend für die Sachdienlichkeit muss vor diesem Hintergrund sein, dass der Kläger in dem Zeitpunkt, in dem das weitere Patent für ihn verfügbar wird und er darüber zu befinden hat, ob er die bereits anhängige Klage erweitert oder aber neu klagt, ernsthaft damit rechnen muss, dass ihm im Falle einer separaten Klageerhebung aus dem weiteren Schutzrecht mit gewichtigen Argumenten § 145 PatG entgegen gehalten werden kann.4)
Aus denselben Erwägungen heraus kann dem Kläger nicht das Risiko für eine möglicherweise gegebene Verfassungswidrigkeit des § 145 PatG aufgebürdet werden. Sie wird zwar von einem Teil der Literatur vertreten; letztlich ist jedoch nicht absehbar, ob das Bundesverfassungsgericht die geäußerten Bedenken an einer Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Grundgesetz teilen wird. Es ist schlechterdings unakzeptabel, dem Verletzungskläger anzusinnen, unter Berufung auf die mangelnde Verfassungsmäßigkeit des § 145 PatG von einer Erweiterung der bereits anhängigen Klage abzusehen und damit sehenden Auges in Kauf zu nehmen, dass die Vorschrift letztendlich doch Bestand hat und der Kläger – mangels Klageerweiterung im laufenden Verletzungsprozess – seine gerichtlich verfolgbaren Rechte aus dem weiteren Patent einbüßt. Für sein prozessuales Verhalten darf sich der Verletzungskläger, solange keine anderslautende Verfassungsgerichtsentscheidung vorliegt, vielmehr auf den Standpunkt stellen, dass § 145 PatG geltendes Recht ist und diese Vorschrift ihn bei vernünftiger Argumentation dazu anhält, das weitere Schutzrecht in den laufenden Verletzungsprozess einzuführen.5)
Ein Patent kann im Wege der Klageerweiterung auch in einem nach § 148 ZPO ausgesetzten Rechtsstreit geltend gemacht werden.6)
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