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Die Akteneinsicht nach den Absätzen 1 bis 3a ist ausgeschlossen, soweit
1. ihr eine Rechtsvorschrift entgegensteht,
2. das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 679/2016 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung offensichtlich überwiegt oder
3. in den Akten Angaben oder Zeichnungen enthalten sind, die offensichtlich gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen.
§ 45 UrhG → Rechtspflege und öffentliche Sicherheit
Akteneinsicht in der Form der Übersendung von Kopien der patentamtlichen Akte nach § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV ist auch für solche Aktenteile nicht ausgeschlossen, an denen als sog. Nichtpatentliteratur (NPL) Urheberrecht Dritter bestehen können.1)
Nach § 5 Abs. 1 UrhG sind zwar gerichtliche und behördliche Entscheidungen als (gemeinfreie) amtliche Werke zu beurteilen, nicht jedoch die Akten selbst mit ihrem gesamten Inhalt.2)
Ein mit der patentamtlichen Herstellung und Übersendung von Kopien der streitgegenständlichen Aktenteile möglicherweise verbundener Eingriff in das ausschließlich dem Urheber zustehende Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung nach §§ 16, 17 UrhG ist von der Schrankenregelung des § 45 Abs. 1 UrhG gedeckt [→ Rechtspflege und öffentliche Sicherheit].3)
Soweit die Präsidentin des Patentamts im Rahmen des § 31 PatG eine enge Auslegung von § 45 UrhG vertritt4), wonach die Schrankenregelung des § 45 UrhG nicht für das Akteneinsichtsverfahren eines (am Erteilungs- oder Einspruchsverfahren) nicht beteiligten Dritten gilt, kann ihr nicht gefolgt werden. Begründet wird dies damit, dass der historische Gesetzgeber solche Nutzungshandlungen privilegieren wollte, bei denen ein Werk nicht um seiner selbst willen genutzt werde, sondern als Beweisoder Hilfsmittel für die zu treffende Entscheidung (siehe Bundestags-Drucksache IV/270, Seite 63 rechte Spalte); im Rahmen der Akteneinsicht diene aber die Nutzung des Werks nicht unmittelbar der behördlichen Entscheidungsfindung. Ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken im Rahmen des Akteneinsichtsverfahrens nach § 31 PatG „unmittelbar“ der behördlichen Entscheidungsfindung dient, mag fraglich sein, eine solche Einschränkung ist jedoch weder dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 UrhG noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Auf jeden Fall handelt es sich bei der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken im Rahmen des Akteneinsichtsverfahrens nach § 31 PatG um ein bloßes Hilfsmittel bei der Durchführung eines gesetzlich geregelten behördlichen Verfahrens, bei dem es nicht um die Vervielfältigung oder Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken an sich geht. Es geht vielmehr um die Herstellung und Übersendung von Ablichtungen bzw. Ausdrucken des Inhalts einer patentamtlichen Akte. Die in der patentamtlichen Akte befindlichen Kopien urheberrechtlich geschützter Werke oder Teile davon sind regelmäßig als schriftliche Belege für den bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu berücksichtigenden Stand der Technik eingereicht worden und in ihrer Bedeutung als Tatsachen- und Entscheidungsgrundlage essentieller Aktenbestandteil. An dieser Bedeutung ändert sich nichts, wenn einem Akteneinsichtsantragsteller der Inhalt einer patentamtlichen Akte in der Form des § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV zugänglich gemacht werden soll.5)
Es ist davon auszugehen, dass die Ausschlusstatbestände des § 31 Abs. 3b PatG nicht nur die Frage betreffen, ob überhaupt Akteneinsicht zu gewähren ist, sondern auch die weitere Frage, ob eine bestimmte Form bzw. Durchführung der Akteneinsicht auszuschließen ist. Denn auch letzteres ist als eine - wenn auch nur partielle - Ausschließung der Akteneinsicht zu verstehen und damit vom Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung, wonach die Akteneinsicht ausgeschlossen ist, „soweit“ eine Rechtsvorschrift entgegensteht, was auch die Möglichkeit einer Einschränkung der Akteneinsicht auf bestimmte Formen der Einsichtnahme impliziert. Auch in der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, dass die Einsichtssperre einer entgegenstehenden Rechtsvorschrift deutlich mache, dass das Patentamt „auch Normen aus anderen Rechtsbereichen wie etwa dem Urheberrecht beachten muss, insoweit diese einer öffentlichen Verbreitung der Akteninhalte oder gegebenenfalls speziell ihrer Bekanntgabe über das Internet entgegenstehen“ (siehe BlPMZ 2013, 366 ff., 370 linke Spalte oben). Damit werden aber nur bestimmte Durchführungsformen der Akteneinsicht genannt.6)
§ 31 PatG → Akteneinsicht
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