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Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen oder Anschrift zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
§ 23 Nr. 2 MarkenG → Recht zur Benutzung beschreibender Angaben
§ 23 Nr. 3 MarkenG → Recht zur Benutzung von notwendigen Bestimmungsangaben
Der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung kann Dritte, die die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen, auf Unterlassung (§ 15 Abs. 2 Mar-kenG) und bei Verschulden auf Schadensersatz (§ 15 Abs. 5 MarkenG) in Anspruch nehmen. Ist der Dritte gleichfalls Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung, die ihm die Nutzung des Zeichens erlaubt, ist für die Bestimmung des Vorrangs der zusammentreffenden Unternehmenskennzeichenrechte zwar grundsätzlich ihr Zeitrang maßgeblich (§ 6 Abs. 1 MarkenG), der nach dem Zeitpunkt des Rechtserwerbs (§ 6 Abs. 3 MarkenG), also der Aufnahme der Benutzung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG) zu bestimmen ist. Nach § 23 Nr. 1 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung jedoch nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.1)
Zur Beurteilung der Fälle von Gleichnamigkeit, in denen eine geschützte Bezeichnung mit einer aus einem bürgerlichen Namen gebildeten Bezeichnung zusammentrifft, hat der Bundesgerichtshof Grundsätze entwickelt, die im Rahmen des § 23 Nr. 1 MarkenG unverändert anwendbar sind.2)
Danach muss der Inhaber des prioritätsälteren Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr hinnehmen, die der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts dadurch hervorruft, dass er seinen Namen im Geschäftsverkehr führt, wenn der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu vermindern.3)
Die Vorschrift des § 23 Nr. 1 MarkenG ist im Hinblick darauf, dass sie Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/95/EG (MarkenRL) in deutsches Recht umsetzt, richtlinienkonform auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gilt die Schutzschranke des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a MarkenRL nicht nur für die Namen natürlicher Personen, sondern auch für Handelsnamen4). Dementsprechend gilt die Schutzschranke des § 23 Nr. 1 MarkenG auch für Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG.5)
Eine Prüfung der Schutzschranke des § 23 Nr. 1 MarkenG ist nicht wegen des Inkrafttretens der Richtlinie (EU) 2015/2436, die die Richtlinie 2008/95/EG (MarkenRL) in einigen Punkten ändert und insgesamt neu fasst, entbehrlich. Zwar sieht Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2015/2436 anders als Art. 6 der Richtlinie 2008/95/EG vor, dass sich nur noch natürliche Personen auf die Schutzschranke berufen können. Die neue Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber jedoch noch nicht umgesetzt, die Umsetzungsfrist läuft nach ihrem Art. 54 Abs. 1 Satz 1 noch bis zum 14. Januar 2019.6)
Die für die Fälle der Gleichnamigkeit entwickelten Grundsätze gelten entsprechend bei Gleichgewichtslagen, die dadurch entstanden sind, dass die Rechte an verwechslungsfähigen Unternehmensbezeichnungen jahrelang unbeanstandet nebeneinander bestanden haben. Auch in derartigen Fällen kann der Inhaber des prioritätsälteren Kennzeichenrechts dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand einbrechen, sondern muss die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden.7)
Der Inhaber eines Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken.8)
Die hinsichtlich der Berechtigung zur Nutzung eines verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichens bestehende Gleichgewichtslage wird durch eine Erhöhung der Verwechslungsgefahr gestört.9)
Eine Erhöhung der Verwechslungsgefahr kann sich insbesondere aus einer Verstärkung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen oder aus einer Verringerung des Abstands des wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs der Parteien, also aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einen Partei zu Lasten der anderen Partei, ergeben.10)
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