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markenrecht:eg:beschreibung_des_verfahrens_zur_gewinnung_des_geschuetzten_erzeugnisses

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Beschreibung des Verfahrens zur Gewinnung des geschützten Erzeugnisses

Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 [→ Mindestangaben bezüglich der geschützten geografischen Angabe] muss eine geschützte geografische Angabe einer Produktspezifikation entsprechen, die bestimmte Mindestangaben enthält.

Zu diesen Mindestangaben gehören gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 die Angaben über die Aufmachung des Erzeugnisses, wenn die antragstellende Vereinigung dies so festlegt und eine hinreichende produktspezifische Rechtfertigung dafür liefert, warum die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualität zu wahren, den Ursprung oder die Kontrolle zu gewährleisten; dabei ist dem Unionsrecht, insbesondere den Vorschriften über den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, Rechnung zu tragen.

Die drei Rechtfertigungsgründe des Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 - Qualitätswahrung oder Ursprungsgewährleistung oder Kontrollgewährleistung - müssen nicht kumulativ vorliegen. Das zeigt die doppelte Verwendung des Wortes „oder“ bei der Auslegung dieser Bestimmung durch den Gerichtshof der Europäischen Union. 1) Das Erfordernis der Aufmachung des Erzeugnisses im Herkunftsgebiet ist danach gerechtfertigt, wenn einer der drei Rechtfertigungsgründe vorliegt.2)

Dass eine „produktspezifische Rechtfertigung“ erforderlich ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012. Danach muss die geschützte geografische Angabe einer Produktspezifikation entsprechen, die Angaben über die Aufmachung des Erzeugnisses enthält, wenn die antragstellende Vereinigung dies so festlegt und eine hinreichende „produktspezifische Rechtfertigung“ dafür liefert, warum die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualität zu wahren, den Ursprung oder die Kontrolle zu gewährleisten.3)

Dass eine „produktspezifische Rechtfertigung“ voraussetzt, dass bei einer Aufmachung des Erzeugnisses außerhalb des Herstellungsgebiets im Vergleich zu einer Aufmachung des Erzeugnisses innerhalb des Herstellungsgebiets erhöhte Risiken bestehen, die zudem bei einer Aufmachung von vergleichbaren Erzeugnissen außerhalb des Herstellungsgebiets nicht bestehen, geht aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Vorabentscheidungsverfahren hervor. Der Gerichtshof hat ausgeführt, da mit dem Erfordernis der Aufmachung eines Erzeugnisses mit geschützter geografischer Angabe in einem abgegrenzten geografischen Gebiet unter anderem die Wahrung der Qualität dieses Erzeugnisses bezweckt werde, sei dieses Erfordernis insoweit nur triftig, wenn die Aufmachung außerhalb des geografischen Herkunftsgebiets des betreffenden Erzeugnisses erhöhte Risiken für dessen Qualität mit sich bringe, nicht aber, wenn die gleichen Risiken auch bei vergleichbaren anderen Erzeugnissen bestünden.4)

Dass mit „vergleichbaren Erzeugnissen“ lediglich Erzeugnisse gemeint sind, die nicht unter die eingetragene geografische Angabe fallen, ergibt sich aus der Terminologie der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012. Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 werden eingetragene Namen gegen jede direkte oder indirekte Verwendung eines eingetragenen Namens für Erzeugnisse geschützt, die nicht unter die Eintragung fallen, wenn diese Erzeugnisse mit den unter diesen Namen eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind. Danach sind nur solche Erzeugnisse mit einem unter einer geografischen Angabe eingetragenen Erzeugnis „vergleichbar“, die selbst nicht unter die Eintragung fallen. Dass es nicht darauf ankommt, ob die Erzeugnisse unter eine andere geschützte geografische Angabe fallen, ergibt sich daraus, dass sich die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Rechtfertigung des Erfordernisses der Aufmachung des Erzeugnisses im Herkunftsgebiet durch Transportgefahren auf die von ihm zitierten Feststellungen des vorlegenden Bundespatentgerichts beziehen, das Risiko einer Beeinträchtigung der Qualität des Erzeugnisses aufgrund eines unsachgemäßen Transports betreffe jedes Erzeugnis, „ob unter einer geschützten geografischen Angabe vermarktet oder nicht“.5)

Das Erfordernis der Aufmachung eines von einer geschützten geografischen Angabe erfassten Erzeugnisses in einem abgegrenzten geografischen Gebiet kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 1151/2012 gerechtfertigt sein, wenn sie dem Ziel dient, eine wirksame Kontrolle der Spezifikation für diese geschützte geografische Angabe zu gewährleisten.6)

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in der Entscheidung „Schwarzwälder Schinken“ unter Bezugnahme auf seine Entscheidung „Prosciutto di Parma“ ausgeführt, dass es sich dabei um Kontrollen handeln muss, die außerhalb des Erzeugungsgebiets weniger Garantien für die Qualität und Echtheit des besagten Erzeugnisses gäben als Kontrollen, die im Erzeugungsgebiet unter Einhaltung der in der Spezifikation vorgesehenen Verfahren durchgeführt werden.7)

So verhalte es sich insbesondere, wenn die Spezifikation Fachleute, die über spezielle Kenntnisse der Eigenschaften des betreffenden Erzeugnisses verfügten, mit der Vornahme eingehender und systematischer Kontrollen betraue und es somit kaum vorstellbar sei, solche Kontrollen in den anderen Mitgliedstaaten wirksam einzurichten.8)

Diese Voraussetzungen hat der Gerichtshof im Falle der geschützten Ursprungsbezeichnung „Prosciutto di Parma“ vor dem Hintergrund als erfüllt angesehen, dass mit der Spezifikation für die geschützte Ursprungsbezeichnung des in Rede stehenden Erzeugnisses die einzelnen Schritte des Schneidens und Verpackens eingerichtet worden seien, bei denen es zu sehr genauen technischen Maßnahmen und Kontrollen in Bezug auf die Echtheit, Qualität, Hygiene und Etikettierung komme, von denen einige fachmännischer Beurteilungen bedürften.9)

Eine Änderung der Spezifikation, die die Zuerkennung einer geschützten geografischen Angabe an die Aufmachung im Erzeugungsgebiet knüpft, ist nur gerechtfertigt, wenn einer der drei in Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 genannten Rechtfertigungsgründe - Qualitätswahrung oder Ursprungsgewährleistung oder Kontrollgewährleistung - vorliegt.10)

siehe auch

Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 → Mindestangaben bezüglich der geschützten geografischen Angabe

1)
EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 36 - Shchwarzwälder Schinken]
2) , 3) , 10)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II
4)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 28 - Schwarzwälder Schinken
5)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 27 - Schwarzwälder Schinken
6)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 26 und 32 - S[chwarzwälder Schinken]
7)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 33 - S[chwarzwälder Schinken]
8)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 34 - S[chwarzwälder Schinken]
9)
BGH, Beschluss vom 3. September 2020 - I ZB 72/19 - Schwarzwälder Schinken II; m.V.a. EuGH, GRUR 2019, 183 Rn. 33 - Schwarzwälder Schinken unter Hinweis auf EuGH, GRUR 2003, 616 Rn. 69, 74, 75 - Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S. Rita [Prosciutto di Parma]
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