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internetrecht:altersverifikation

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Altersverifikation

Nach § 4 Abs. 2 JMStV sind Angebote pornographischer Inhalte in Telemedien unzulässig, wenn der Anbieter nicht sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.1)

Die Beschränkung des Zugangs zu Telemedien pornographischen Inhalts dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen, bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Zugangsbeschränkungen.2)

Wettbewerbsrechtliche Relevanz

Die Bereitstellung und Betreuung ihrer Altersverifikationssysteme sind Wettbewerbshandlungen i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.3)

Verstöße gegen das aus § 4 Abs. 2 JMStV folgende Verbot, pornographische Inhalte in Telemedien ohne verlässliche Altersverifikation anzubieten, beeinträchtigen wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Verbraucher i.S. des § 3 UWG ebenso wie Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien.4)

Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige, der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt.5)

Die Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzrechts für Waren und Dienstleistungen sind zudem Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.6)

Zuverlässigkeitsgrad

Welcher Grad an Zuverlässigkeit für die Altersverifikation geboten ist und welche Mittel zur Sicherstellung einzusetzen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 4 Abs. 2 JMStV. Nach der Gesetzesbegründung muss sichergestellt sein, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang haben, so dass die einschlägigen Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung stehen; ein verlässliches Altersverifikationssystem muss die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern.7)

Dafür, wie ein verlässliches System beschaffen sein muss, ist der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags maßgeblich. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, für den Jugendmedienschutz im Internet wie in den traditionellen Medien ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten.8)

Es ist daher geboten, die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV an den Maßstäben auszurichten, die für die Zugänglichkeit pornographischer Inhalte in anderen Medien entwickelt worden sind.9)

Die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems setzt danach voraus, dass es einfache, naheliegende und offensichtliche Umgehungsmöglichkeiten ausschließt.10)

Insbesondere sind die aufgrund der Anonymität des Mediums dem Internet immanenten Missbrauchsgefahren zu berücksichtigen.11)

Einem Altersverifikationssystem kann nicht deshalb die Effektivität abgesprochen werden, weil es von Jugendlichen aufgrund nicht vorhersehbarer besonderer Kenntnisse, Fertigkeiten oder Anstrengungen ausnahmsweise umgangen werden kann.12)

Wie § 1 Abs. 4 JuSchG beim Versandhandel mit pornographischen Trä-germedien lässt auch § 4 Abs. 2 JMStV eine rein technische Altersverifikation zu, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht.13)

Interessensabwägung

Erwachsenen ist es zuzumuten, sich im Interesse des Jugendschutzes einer den dargelegten Anforderungen genügenden Altersverifikation zu unterziehen, bevor ihnen Zugang zu pornographischen Telemedien gewährt wird. Dafür spricht bereits entscheidend, dass nach der bis zum 31. März 2003 gel-tenden Rechtslage der Vertrieb indizierter jugendgefährdender Medien im Versandhandel gemäß § 4 Abs. 1 GjSM generell verboten und nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GjSM unter Strafe gestellt war. Demgegenüber stellt die nunmehr - ebenso wie der Fernabsatz pornographischer Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 4 JuSchG) - nach Altersverifikation zulässige Nutzung entsprechender Telemedien bereits eine erhebliche Zugangserleichterung für Erwachsene dar.14)

Der mit diesem Konzept verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit ist nach Art. 5 Abs. 2 GG aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt.15)

Das Erfordernis einer verlässlichen Altersverifikation ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornographische Inhalte zu verhindern. Das reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Eignung einer gesetzgeberischen Maßnahme zu begründen.16)

Situation im Ausland

Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, den deutschen Jugendschutzstandard im Hinblick auf großzügigere Regelungen im Ausland zu lockern. Für die Forderung, von Altersverifikationssystemen deutscher Anbieter dürften nur Voraussetzungen verlangt werden, die keinen größeren Umgehungsaufwand erforderten als der Zugriff auf ausländische Angebote pornographischen Inhalts, gibt es daher keine Grundlage.17)

Erziehungsprivileg der Eltern

Es wird auch nicht unverhältnismäßig in das durch Art. 6 Abs. 2 GG verbürgte Erziehungsprivileg der Eltern eingegriffen, wenn ein verlässliches Altersverifikationssystem gefordert wird.18)

Durch verlässliche Altersverifikationssysteme wird gerade das Erziehungsprivileg gewahrt, weil ein unkontrollierter Zugang Jugendlicher zu pornographischen Inhalten ohne Kenntnis der Eltern verhindert wird.19)

siehe auch

1) , 2) , 3) , 6) , 9) , 11) , 13) , 14) , 15) , 19)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de
4)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V.a. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 34 - Jugend-gefährdende Medien bei eBay
5) , 7)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.w.N.
8)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V:a. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 232
10)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V.a. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR 2004, 409, 412
12)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V.a. Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 a.E.
16)
((BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V.a. BVerfGE 30, 292, 316; 90, 145, 172; 110, 141 Tz. 81
17)
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de; m.V.a. Berger, MMR 2003, 773, 775
18)
vgl. BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - ueber18.de
internetrecht/altersverifikation.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:23 von 127.0.0.1