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eu:gerichtliche_anordnungen

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Unterlassungsanordnungen gegen Verletzer

Art. 11 der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ermöglicht den Gerichten, Unterlassungsanordnungen gegen Verletzer zu erlassen, um weitere Verletzungen zu verhindern.

Art. 11 Richtlinie 2004/48/EG

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte bei Feststellung einer Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums eine Anordnung gegen den Verletzer erlassen können, die ihm die weitere Verletzung des betreffenden Rechts untersagt. Sofern dies nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgesehen ist, werden im Falle einer Missachtung dieser Anordnung in geeigneten Fällen Zwangsgelder verhängt, um die Einhaltung der Anordnung zu gewährleisten. Unbeschadet des Artikels 8 Absatz 3 der Richtlinie 2001/29/EG stellen die Mitgliedstaaten ferner sicher, dass die Rechtsinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden.

Falls das Verhalten der Beklagten zu 3 weder eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt noch in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt, die Beklagte zu 3 aber gleichwohl als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen ist, weil sie bei der Verletzung von Rechten des Klägers durch die Nutzer ihrer Plattform eine aktive Rolle gespielt hat, stellt sich die Frage, ob die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG (§ 97 Abs. 2 UrhG) davon abhängig gemacht werden darf, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat und dass er wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass Nutzer die Plattform für konkrete Rechtsverletzungen nutzen (Vorlagefrage 6).1)

Falls das Verhalten der Beklagten zu 3 weder eine Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt noch in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt, die Beklagte zu 3 gleichwohl aber als Verletzer im Sinne von Art. 11 Satz 1 und Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG anzusehen ist, weil sie bei der Verletzung von Rechten des Klägers durch die Nutzer ihrer Plattform eine aktive Rolle gespielt hat, kommt nach diesen Grundsätzen eine Haftung der Beklagten zu 3 als Gehilfe in Betracht.2)

Dann stellt sich die Frage, ob die Verpflichtung eines solchen Verletzers zur Leistung von Schadensersatz nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG davon abhängig gemacht werden darf, dass der Verletzer sowohl in Bezug auf seine eigene Verletzungshandlung als auch in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten vorsätzlich gehandelt hat.3)

Möglicherweise muss es auch bei solchen Fallgestaltungen für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG ausreichen, wenn der Verletzer vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm. Dann käme eine Haftung des Gehilfen auf Schadensersatz bereits beim Vorliegen von Fahrlässigkeit in Betracht. Die Haftung des Diensteanbieters, der eine aktive Rolle spielt, wäre damit strenger als die des Diensteanbieters, der eine neutrale Rolle einnimmt und damit in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt; dessen Haftung setzt nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG eine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information voraus.4)

Ferner stellt sich dann die Frage, welche Anforderungen an den Vorsatz oder - falls dies genügt - die Fahrlässigkeit des Verletzers in Bezug auf die Verletzungshandlung des Dritten zu stellen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Teilnehmer in Bezug auf die Haupttat des Dritten einen zumindest bedingten Vorsatz haben, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss. Dabei müssen sich der Vorsatz und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auf eine konkrete Haupttat beziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es für die Annahme der Haftung des Betreibers einer Internetplattform als Teilnehmer auf Schadensersatz deshalb nicht, dass der Betreiber wusste, dass Nutzer die Plattform zur Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums nutzen, wenn sich dieses Wissen nicht auf konkrete Rechtsverletzungen bezieht (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 17 - Alone in the Dark; BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst; BGH, GRUR 2015, 485 Rn. 37 - Kinderhochstühle im Internet III).5)

Es ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union fraglich, ob nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG für eine Haftung des Betreibers einer Internetplattform auf Schadensersatz verlangt werden kann, dass er von konkreten Rechtsverletzungen durch die Nutzer der Plattform wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat es bei der Bereitstellung eines Medienabspielgeräts, das den Zugriff auf ohne Zustimmung des Rechtsinhabers im Internet zur Verfügung gestellte Werke ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2017, 610 Rn. 50 - Stichting Brein/Wullems [Filmspeler]), und der Bereitstellung und dem Betrieb einer Filesharing-Plattform im Internet, die durch die Indexierung von geschützten Werken und das Anbieten einer Suchmaschine den Nutzern den Zugriff auf ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bereitgestellte Werke ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2017, 790 Rn. 45 - Stichting Brein/XS 4ALL [The Pirate Bay]), ausreichen lassen, dass die jeweiligen Beklagten bewusst eine gefährliche Handlung vornahmen und allgemein mit rechtswidrigen Nutzungen rechneten. Würde es für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Diensteanbieter, der eine aktive Rolle spielt, genügen, dass er nur allgemein wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass es zu Rechtsverletzungen auf der Plattform kommt, wäre seine Haftung auch insoweit strenger als die des Diensteanbieters, der eine neutrale Rolle einnimmt und damit in den Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG fällt; dessen Haftung auf Schadensersatz setzt nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG das Bewusstsein von Tatsachen oder Umständen voraus, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird (siehe oben Rn. 44 ff.).6)

siehe auch

Richtlinie 2004/48/EG, Kapitel II, Abschnitt 5 → Maßnahmen aufgrund einer Sachentscheidung
Regelt die Maßnahmen, die bei der Feststellung einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ergriffen werden können.

1) , 2) , 3) , 4) , 5) , 6)
BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15 - YouTube
eu/gerichtliche_anordnungen.txt · Zuletzt geändert: 2024/12/10 09:33 von mfreund