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ep:definition_der_erfinderischen_taetigkeit

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Definition der erfinderischen Tätigkeit

Artikel 56 (1) EPÜ des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) erklärt, dass eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Artikel 56 (1) EPÜ

Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Europäische Patente werden nach Artikel 52 (1) EPÜ [→ Patentierbare Erfindungen] für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.

Neuheit und erfinderische Tätigkeit können nur anhand der technischen Merkmale der Erfindung festgestellt werden.1)

Bei der Beurteilung, ob ein Gegenstand erfinderisch ist, kommt es darauf an, welchen technischen Beitrag er zum Stand der Technik leistet.2)

Rein nicht technische Aspekte, die nichts zum technischen Charakter beitragen, sind für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant.3) Nichttechnische Merkmale können beispielsweise nur zur Lösung einer nicht technischen Aufgabe beitragen, etwa im Bereich der Betriebswirtschaft.4)

Aus der Unterscheidung zwischen technischen und nichttechnischen Merkmalen folgt, dass die nichttechnischen Merkmale insoweit, als sie mit den technischen Merkmalen nicht so zusammenwirken, dass eine technische Wirkung entsteht, weder Neuheit noch erfinderische Tätigkeit begründen können.5)

In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann be-achtlich. Vielmehr können auch Eigenarten des in Rede stehenden techni-schen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleu-ten, die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwen-dung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben und auch nicht-technische Vorgaben eine Rolle spielen.6)

Es ist zwar unzulässig, nicht zueinander in Beziehung stehende oder einander widersprechende Dokumente mosaikartig zu kombinieren, um die erfinderische Tätigkeit zu verneinen; es ist jedoch erlaubt, verschiedene Veröffentlichungen und Kenntnisse zusammen zu betrachten, um ein Vorurteil oder eine von der Erfindung wegweisende allgemeine Tendenz in der Technik zu belegen.7))

Gibt es mehrere Dokumente des Stands der Technik, von denen jede als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit infrage kommt, so ist die erfinderische Tätigkeit nach ständiger Rechtsprechung gegenüber all diesen Dokumenten zu prüfen, bevor eine die erfinderische Tätigkeit bestätigende Entscheidung getroffen wird.8)

Ob für das Beschreiten eines Lösungswegs eine angemessene Erfolgserwartung besteht, ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Fachgebiets, der Größe des Anreizes für den Fachmann, des erforderlichen Aufwands für das Beschreiten und Verfolgen eines bestimmten Ansatzes und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Alternativen sowie ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu bestimmen.9)

Siehe hierzu Entscheidungen/Stellungnahmen der Großen Beschwerdekammer G 3/98, G 2/98, G 2/99, G 1/03, G 2/03

Artikel 52-57 EPÜ → Patentierbarkeit

Ausgehend von einer Entgegenhaltung, bei der mehrere funktionell zusammenwirkende Elemente einer Vorrichtung so ausgestaltet sind, dass sie allenfalls mit hohem Aufwand einstückig ausgeführt werden können, liegt eine einstückige Ausgestaltung nicht schon deshalb nahe, weil es dem Fachmann möglich ist, Form und Ausrichtung dieser Elemente so zu ändern, dass sie problemlos als in einem Zug spritzgegossenes Bauteil hergestellt werden können.10)

siehe auch

Artikel 56 EPÜ → Erfinderische Tätigkeit
Beschreibt die Anforderungen an die erfinderische Tätigkeit einer Erfindung.

1)
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.5.01 vom 15. November 2006 T 154/04
2)
T 931/95, ABl. EPA 2001, 441
3)
siehe T 37/82, ABl. EPA 1984, 71; T 294/89, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, und T 641/00, ABl. EPA 2003, 352
4)
ABl EPA 2007, 599
5)
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.5.01 vom 15. November 2006 T 154/04: m.V.a. die Entscheidungen unter I.D.8.4 in „Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts“, 5. Auflage Dezember 2006, Europäisches Patentamt 2006
6)
BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10 - Farbversorgungssystem; m.V.a. BGH, Beschluss vom 20. De-zember 2011 - X ZB 6/10, GRUR 2012, 378 = BlPMZ 2012, 260 Instal-liereinrichtung II
7)
T 0002/81 of 1.7.1982 - Methylene-bis-(phenylisocyanat
8)
siehe T 967/97, Nr. 3.2 der Gründe; T 308/09, Nr. 1.4.1 der Gründe
9)
BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18 - Pemetrexed II; Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. April 2019 - X ZR 59/17, GRUR 2019, 1032 - Fulvestrant
10)
BGH, Urteil vom 31. Januar 2023 - X ZR 19/21 - Staubsauger
ep/definition_der_erfinderischen_taetigkeit.txt · Zuletzt geändert: 2024/10/09 11:17 von areichelt